Bundespräsident kam als Handelsvertreter deutscher EU-Machtpolitik

Bundespräsident kam als Handelsvertreter deutscher EU-Machtpolitik

km. Den folgenden Kommentar schreibt ein Deutscher, der Deutschland und die EU gut kennt und seit ein paar Jahren in der Schweiz lebt. Bei seinem Besuch in der Schweiz hat der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck am 1. April eine öffentliche Rede gehalten. Er wollte seinen Schweizer Zuhörern weismachen, die Schweiz, Deutschland und die EU seien sich doch sehr ähnlich, die Schweiz sei eigentlich das Modell für EU-Europa, und er, der Bundespräsident, wünsche sich eigentlich schon immer und noch immer die Schweiz als Mitglied der EU.
So wollte er vergessen machen, dass der Unterschied in der politischen Kultur zwischen der Schweiz und den Staaten EU-Europas noch immer beziehungsweise schon wieder grundsätzlich ist. Der Schweizer Historiker Adolf Gasser hat schon in den 1940er und 1950er Jahren diesen grundlegenden Unterschied herausgearbeitet. In seinem Buch «Gemeindefreiheit in Europa» beschrieb Gasser zwei Grundformen der Gemeinschaftsbildung und Staatsordnung: «das Prinzip der Subordination und das der Koordination – oder anders ausgedrückt: das Prinzip der Befehlsverwaltung und das der Selbstverwaltung. Entweder wird die staatliche Ordnung durch einen obrigkeitlichen Befehls- und Machtapparat gesichert, oder dann beruht sie auf dem freien gesellschaftlichen Willen einer Volkskollektivität. Im einen Fall erfolgt der Aufbau des Staates im wesentlichen von oben nach unten, im anderen Fall von unten nach oben. Dort verkörpert sich das ordnende Prinzip in einer Gewöhnung ans Befehlen und Gehorchen, hier in einem allseitigen Willen zur freien Zusammenarbeit.»
Adolf Gasser hat nach dem Zweiten Weltkrieg ganz Europa bereist und sich für eine neue politische Kultur in den Staaten Europas eingesetzt. Er tat dies nicht ohne Erfolg, auch in Deutschland, das ihn nach der nationalsozialistischen Diktatur ganz besonders beschäftigte. Er wollte mithelfen, einen Schutz aufzubauen.
Aber seit den 1950er Jahren wurden die Schritte in den Staaten Europas hin zu mehr Freiheit, Gleichberechtigung und Demokratie durch ein Gebilde konterkariert, das sich heute EU nennt. Heute ist aber nicht nur der Unterschied zwischen der Schweiz und der EU grundlegend. Auch im Vergleich mit den Mitgliedstaaten der EU sind die Unterschiede fundamental geworden; denn deren Demokratien werden durch die EU und eine politische Klasse innerhalb der Staaten, die stur auf die EU setzt, erstickt. Der Bundespräsident tritt seit seinem Amtsantritt als Sprachrohr dieser politischen Klasse und dieser Poli­tik auf.
Aber er tut dies nicht mit offenem Visier. Statt dessen arbeitet er mit Verdrehungen und Vertuschungen. Sein oberflächliches Lob für die direkte Demokratie der Schweiz kehrte er gleich wieder ins Gegenteil. Er setzt auf die abgehobene Macht des deutschen Parlaments, anstatt sich für mehr Volksrechte einzusetzen. Er tat so, als würde er die direkte Demokratie in der Schweiz wertschätzen, zugleich aber attackierte er diese; schon in seiner Rede und noch mehr während seiner Medienkonferenz, in der er seine Geringschätzung für den Bürger und sein Eintreten für eine «Eliten»-Herrschaft deutlich werden liess. So erweist er sich sich als Vertreter des Prinzips der Subordination und des obrigkeitlichen Befehls- und Machtapparats, als Vertreter der Gewöhnung ans Befehlen und Gehorchen.
Leider passt der Auftritt des deutschen Bundespräsidenten in der Schweiz zu seinen bisherigen Auftritten seit dem Amtsantritt. Seine Absichten sind nicht redlich. Er wählt schön klingende Worte und will damit nicht merken lassen, dass er einem kranken Wirtschafts- und Finanzsystem (Papst Franziskus), der politischen Herrschaft der wenigen und auch wieder dem Krieg das Wort redet.
Offensichtlich gehört Joachim Gauck zu der Sorte von Politikern, die aus eigener Hybris heraus die Menschen, denen sie begegnen, ständig unterschätzen. Solche Politiker unterschätzen die «Schweizer Bürger» auf jeden Fall. Die werden nicht auf Flötentöne wie die des Bundespräsidenten hereinfallen. Einen Beitrag zu besseren Beziehungen zwischen Deutschland und der Schweiz, zwischen der EU und der Schweiz hat er so nicht geleistet. •

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