Genscher kritisiert Sanktionen gegen Russland

Genscher kritisiert Sanktionen gegen Russland

Hans-Dietrich Genscher (FDP) kritisiert die aktuelle Sanktionspolitik der Europäischen Union und der USA gegenüber Russland. «Ich habe meine Zweifel, ob wir am Ende sagen werden, das war eine besonders erfolgreiche Unternehmung», sagte der ehemalige Bundesaussenminister in der phoenix-Sendung «Im Dialog» mit Alfred Schier. «Sanktionen sind wie eine Leiter, immer eine Stufe höher, und auf einmal ist sie zu Ende. Dann stehen sie vor der Frage, ob sie wieder runterklettern oder runterspringen. Das möchte ich uns lieber ersparen.»
Die Empörung von Putin über Stationierungen von Truppen und Waffensystemen an der russischen Westgrenze hält Genscher für berechtigt: «Russland hat natürlich auch akzeptiert, dass die unabhängig gewordenen Staaten Mitglied der Europäischen Union wurden. Wenn aber dann, zusätzlich zur Nato-Mitgliedschaft, etwas nicht mehr eingehalten wird, was man zugesagt hatte, wie in der Nato-Erklärung von 1997, die besagt, dass man nicht ständige Stationierungen in den neuen Mitgliedsländern vornehmen will, und dann dort Raketenabwehrstellungen gebaut werden sollen, dann bedeutet das eine Veränderung.» Dies habe in Russland auch Reaktionen hervorgerufen. «Es ist sicher nicht so, dass sie, wie vorgegeben wird, gegen Iran aufgebaut werden, sondern, dass sie natürlich auch wirksam sind in eine andere Richtung.» Das «gegenseitige Aufrechnen» würde nicht weiterführen, so Genscher. «Wir sind an einem Punkt angekommen, wo ein offenes Wort unter wenigen erforderlich ist, um herauszufinden, wie wir nicht zu einem Kräfteverschleiss kommen im Gegeneinander, sondern wie wir weiterkommen.»
Weiter fordert Genscher, die Idee einer gemeinsamen Freihandelszone unter Einbeziehung Russlands, die Putin 2001, in seiner Rede im Bundestag, positiv bewertete, weiter zu verfolgen. «Es wäre schön, wenn daraus etwas geworden wäre. Dann wäre die Frage der Assoziierung der Ukraine mit der EU möglicherweise anders eingeschätzt worden.»
Um Putin verstehen zu können, sei es wichtig, sich mit seinen Motivationen auseinander zu setzen: «Putin ist ein Mann, der eine klare Zielsetzung hat, eine Position zu schaffen, die nichts mehr zu tun hat mit der Schwächeposition eines Jelzins. Es lohnt sich, wenn man Politik mit diesem grossen Land macht. Es gibt in Europa keine Stabilität ohne Russland, und erst recht nicht gegen Russland. Dann lohnt es sich natürlich, auch das ernst zu nehmen, was die Repräsentanten an Auffassungen haben.»
Den gegenwärtigen Sprachgebrauch in der Auseinandersetzung mit Russland und Putin hält Genscher für gefährlich und mahnt zur Mässigung: «Ich bin der Meinung, dass wir zunächst in der Sprache insgesamt abrüsten sollten. […] Starke Worte haben uns noch nie weitergeführt. Ich kann nur immer wieder sagen, Aufrüstung hat oft mit der Aufrüstung der Worte begonnen. Jedes Volk erwartet Respekt von seinen Nachbarvölkern. Das gilt auch für das russische Volk.»    •

Quelle: <link http: presse.phoenix.de gespraeche>presse.phoenix.de/gespraeche/2014/09/20140919_Dialog_Genscher/20140919_Dialog_Genscher.phtml

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