Atomare Sicherheit ist unser gemeinsames Ziel, unsere gemeinsame Verantwortung

Atomare Sicherheit ist unser gemeinsames Ziel, unsere gemeinsame Verantwortung

von Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon am Gipfeltreffen zur sicheren und innovativen Nutzung von Kernenergie in Kiew (Ukraine) am 19. April 2011

Eure Exzellenz,
Präsident Viktor Janukowitsch
Verehrte Staats- und Regierungschefs
Verehrte Minister
Exzellenzen
Meine Damen und Herren

Ich danke Präsident Janukowitsch für seinen Weitblick, diese Konferenz organisiert zu haben, lange bevor Fragen der Atomsicherheit wieder weltweit für Schlagzeilen gesorgt haben.

Verehrte Teilnehmer
Meine Damen und Herren

Vor 25 Jahren verbreitete die Explosion von Tschernobyl eine radioaktive Wolke über Europa und einen Schatten rund um die Welt.Während ich hier spreche, ist die Tragödie im japanischen Kernkraftwerk Fukushima dabei, sich auszuweiten.
Diese Unfälle zusammen wecken weitverbreitete Befürchtungen und werfen beunruhigende Fragen auf. Die Katastrophe von Tschernobyl bietet eine Reihe von Lehren.
Die Katastrophe in Japan bietet eine weitere – eine erheblich komplexere. Wie wir einmal mehr schmerzvoll erfahren, kennen Atom­unfälle keine Grenzen.
Sie stellen direkte Gefahren für die menschliche Gesundheit und die Umwelt dar. Sie führen zu wirtschaftlichen Zusammenbrüchen, die alle betreffen – von der landwirtschaftlichen Produktion über den Handel bis zu den globalen Dienstleistungen.
Dies ist ein Zeitpunkt für eine tiefgehende Besinnung. Wie können wir beides sicherstellen: die friedliche Nutzung von Kernenergie und ein Höchstmass an Sicherheit?
Wir brauchen ein weltweites Umdenken in dieser grundsätzlichen Frage.
Weil die Konsequenzen katastrophal sind, muss die Sicherheit an erster Stelle stehen.
Weil die Konsequenzen länderübergreifend sind, müssen sie auf Weltebene diskutiert werden.
Heute möchte ich Ihnen fünf konkrete Schritte vorlegen, um die Atomsicherheit zu erhöhen.
Erstens ist es Zeit für eine allumfassende Reform der gegenwärtigen Sicherheitsstandards, und zwar sowohl auf nationaler wie auf internationaler Ebene.
Heute liegt die Hauptverantwortung für die Wahrung der Sicherheit atomarer Einrichtungen bei den Regierungen der einzelnen Staaten. Ich fordere die Staaten eindringlich auf, die Lehren zu berücksichtigen und geeignete Massnahmen zu ergreifen, um die höchstmöglichen Sicherheitsstandards umzusetzen.
Dazu gehören Sicherheitsvorkehrungen, Mitarbeiterschulung, ein verlässliches Qualitätssicherungssystem und unabhängige Aufsicht und Kontrolle. Es bedeutet auch grössere Transparenz, wenn die Öffentlichkeit Vertrauen haben soll.
Es ermutigt mich, dass viele Regierungen ihre staatlichen Grundsätze und Vorschriften überprüfen. Auch die Überprüfungskonferenz des Übereinkommens über nukleare Sicherheit von letzter Woche in Wien hat viele sinnvolle Vorschläge gebracht. Ich fordere die Staaten, die dem Übereinkommen über nukleare Sicherheit noch nicht beigetreten sind, eindringlich auf, das unverzüglich zu tun.
Das führt mich zu meinem zweiten Punkt: Wir müssen die Unterstützung für die Internationale Atomenergiebehörde angesichts der Herausforderung der Atomsicherheit ausbauen.
Einmal mehr möchte ich der IAEA und Generaldirektor Amano für die prompte Reaktion auf die Ereignisse in Japan mein Lob aussprechen. Der Joint Radiation Emergency Management Plan [Gemeinsamer Plan zur Bewältigung des Strahlungsnotfalls] trat nur wenige Stunden nach dem Erdbeben und Tsunami in Kraft. Ausserdem habe ich ein hochrangiges Treffen mit den Chefs der massgeblichen internationalen Organisationen einberufen, um die Auswirkungen der Atomkrise zu beurteilen. Wir haben Informationen und Fachwissen ausgetauscht, an einer globalen Kontrolle teilgenommen und dabei geholfen, eine besorgte Weltöffentlichkeit zu beruhigen.
Es ist an der Zeit, die Kapazitäten der IAEA bei der Weiterentwicklung und der universellen Anwendbarkeit der höchstmöglichen atomaren Sicherheitsstandards auszubauen. Die im Juni in Wien geplante hochrangige IAEA-Konferenz über Atomsicherheit wird diesbezüglich als wichtiges Forum dienen.
Als Nachfolgekonferenz werde ich die Einberufung eines hochrangigen Treffens über die Verstärkung des internationalen Atomsicherheitsregimes erwägen, wenn die Führungskräfte der Welt sich im September in New York versammeln.
Wir brauchen internationale Standards für den Bau, vereinbarte Garantien für die öffentliche Sicherheit, volle Transparenz und Informationsaustausch unter den Ländern.
Drittens müssen wir die neue Verknüpfung von Naturkatastrophen und Atomsicherheit stärker fokussieren. Das Problem des Klimawandels bringt grössere Extreme des Wetters mit sich. Atomkraftwerke müssen darauf vorbereitet sein, allem zu widerstehen – von Erdbebeben bis Tsunamis, von Bränden bis Hochwassern.
Laut IAEA sind 64 neue Reaktoren im Bau. Heute sind weltweit in 29 Ländern 443 in Betrieb, einige davon liegen in Gebieten mit hoher seismischer Aktivität.
Das verlangt von uns, der Katastrophenbereitschaft neue Bedeutung beizumessen – in reichen ebenso wie in armen Ländern.
Japan ist immerhin eine der am besten vorbereiteten und technisch am weitesten fortgeschrittenen Atomenergiemächte.
Was sind die Implikationen für Länder, die weniger gut auf das Schlimmste vorbereitet sind?
Das ist der Grund, warum ich dafür sorgen will, dass Katastrophenbereitschaft für Atom­unfälle zu den Themen der dritten Sitzung der Globalen Plattform zur Reduktion von Katastrophenrisiken von nächstem Monat [Mai] in Genf gehört.
Viertens müssen wir eine neue Kosten-Nutzen-Analyse für Atomenergie durchführen. Das Recht auf friedliche Nutzung der Kernenergie ist im Atomwaffensperrvertrag verankert.
Atomkraft wird voraussichtlich für viele Länder auch weiterhin eine wichtige Ressource darstellen und kann Teil eines Energie-Mixes mit tiefem CO2-Ausstoss sein, sie muss aber glaubwürdig sicher werden, und das weltweit.
Noch einmal: Es ist an der Zeit, eine Pause einzulegen und unsere Herangehensweise zu überdenken.
Aus diesem Grund werde ich eine Studie über die Implikationen des Unfalles in Fuku­shima im Bereich des ganzen Uno-Systems in Gang setzen. Ich werde die massgeblichen Uno-Behörden und die Spezialorganisationen ersuchen, diese Aufgabe zu übernehmen.
Fünftens und letztens müssen wir eine stärkere Verbindung zwischen atomarer Betriebssicherheit und Schutz vor Angriffen auf die Atomanlagen herstellen.
Obwohl das zwei unterschiedliche Aspekte sind, kann eine Verstärkung des einen auch eine Unterstützung des anderen sein. In einer Zeit, in der Terroristen auf atomares Material und Technologie aus sind, werden strikte Sicherheitssysteme in Atomkraftwerken die Bemühungen um den Schutz vor Angriffen auf Atomanlagen stärken. Ein Kernkraftwerk, das für seine Gemeinde gefahrloser ist, ist auch sicherer für unsere Welt.
Das Angehen dieser Herausforderung erfordert die aktive Kooperation der Atom­industrie.
Wie ich letztes Jahr am Gipfel zur Atom­sicherheit in Washington vorgeschlagen habe, ist eine breit abgestützte Partnerschaft wesentlich, um einen besseren Rahmen für die Betriebssicherheit und den Schutz vor Angriffen auf die Atomanlagen zu schaffen. Ein solcher Ansatz ist entscheidend im Vorfeld des Gipfels zur Atomsicherheit in Seoul im Jahr 2012.

Exzellenzen,
Meine Damen und Herren

Das sind fünf praktische Schritte, die wir machen können, um die Weltöffentlichkeit zu beruhigen und unsere Völker und unseren Planeten besser auf die Herausforderungen der Energiefrage des 21. Jahrhunderts vorzubereiten.
Indem wir unsere Kräfte zusammentun, können wir dafür sorgen, dass Tragödien wie Tschernobyl und Fukushima der Vergangenheit angehören und keine Vorboten der Zukunft sind.
Ich danke Ihnen für Ihr Zusammenkommen in dieser vornehmen Angelegenheit. Vielen Dank.     •

Quelle: <link http: www.un.org apps news infocus sgspeeches>www.un.org/apps/news/infocus/sgspeeches/statments_full.asp#
Übersetzung: Zeit-Fragen

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