«Der Eugenismus darf nicht Einzug halten»

«Der Eugenismus darf nicht Einzug halten»

Interview mit Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach, CVP Fribourg

Zeit-Fragen: Warum sind Sie gegen die Verfassungsänderung? Was würde bei einer Annahme des Artikels geschehen?

Nationalrätin Bulliard-Marbach: Ich spreche mich ganz deutlich dagegen aus, weil ich gegen eine Selektion bin. Ich bin dagegen, dass die Medizin entscheidet, ob ein Leben lebenswert ist oder nicht. Da ist meine Überzeugung so stark, dass ich nicht möchte, dass so etwas geschehen darf. Der Eugenismus darf nicht Einzug halten. Es kann nicht sein, dass wir Menschen auswählen können, wie ein Kind aussehen soll. Denn auf das läuft es letztlich hinaus.

Was für Ziele verfolgt die Eugenik?

Hier bestimme ich, wie die Gene der werdenden Menschen aussehen sollen, das ist unethisch. Wir kennen Beispiele aus der Geschichte über solche Denkweisen; das dürfen wir auf keinen Fall fördern.

Was wären die Folgen dieses Verfassungsartikels?

Er öffnet die Türen zur Selektion. Wenn die Verfassung das zulässt, kann man davon ausgehen, dass solche Dinge auch umgesetzt werden, und davor möchte ich dringend warnen. Wir dürfen nicht vergessen, wie sich das auf junge Paare auswirkt, die diese Untersuchungen nicht machen möchten. Sie wären einem ungeheuren Druck ausgesetzt. Das betrifft vor allem Frauen, die natürlich schwanger werden und all diese Methoden nicht anwenden und es der natürlichen Entwicklung überlassen möchten. Aus diesem Grund finde ich das sehr gefährlich, denn jedes Leben hat ein Recht, dass es gelebt werden darf.

Woran denken Sie dabei?

Wir kennen Beispiele von behinderten Menschen, die zum Beispiel unter Trisomie 21 leiden. Das sind glückliche Menschen, das sind Menschen, die Gefühle haben und auch zeigen, die lustig oder auch traurig sein können, genau wie alle anderen Menschen auch. In dem Sinn bin ich der festen Überzeugung und ganz klar.

Wie ist das bei Eltern mit erblicher Vorbelastung?

Wenn die Eltern Erbkrankheiten haben, dann ist die PID sicher etwas, was man anwenden darf. Dagegen sperre ich mich nicht. Hier soll der medizinische Fortschritt zur Anwendung kommen. Aber man darf nicht um jeden Preis Embryonen selektionieren. Wir haben dann mehrere dieser Embryonen. Wenn der erste nicht passt, nehmen wir den zweiten oder den dritten usw. Am Schluss bleibt die Frage, was mit den überzähligen Embryonen geschieht.

Wer soll das entscheiden?

Ja, hier kommen die Eltern dann in eine sehr schwierige Situation, wenn sie entscheiden müssen, was sie damit machen wollen. Wir müssen gewisse Entwicklungen der Natur überlassen und dürfen nicht eingreifen. Aus diesem Grund bin ich ganz klar gegen die PID in jedem Falle. PID bei schweren Erbkrankheiten, wo eine Weitervererbung wahrscheinlich ist, da habe ich nichts dagegen.

Inwieweit besteht bei der Pharmaindustrie ein Interesse an dieser Entwicklung?

Das kann man sicher annehmen, dass hier ein Interesse besteht. Es geht ums Geschäft, und darum geht es hier natürlich auch. Wenn es sinnvoll ist, dann kann das Geschäft auch stattfinden. Aber für mich ist die ethische Frage wichtiger, und die Wirtschaft muss in diesem Fall in den Hintergrund treten. Dass die Pharmaindustrie ein direktes Interesse daran hat, das ist sicher so. Aber das ist nicht nur negativ. Wir brauchen auch die Pharmaindustrie für den wissenschaftlichen Fortschritt. Es kommt aber immer darauf an, für wen und wofür.

Frau Nationalrätin Bulliard-Marbach, vielen Dank für das Gespräch.    •

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