Die Bedeutung der direkten Demokratie als Sicherung des sozialen Friedens (Teil 4)

Die Bedeutung der direkten Demokratie als Sicherung des sozialen Friedens (Teil 4)

Das Friedensabkommen vom 19. Juli 1937 in der Maschinen- und Metallindustrie

von Dr. rer. publ. W. Wüthrich

Ein kurzes Résumé zu Beginn: In Teil 1 dieser Artikelfolge (Zeit-Fragen vom 26.5.2015) wurde aufgezeigt, wie sich in den letzten Jahren des Ersten Weltkriegs die Spannungen zwischen der Arbeiterschaft und ihren Organisationen und der politischen Führung der Schweiz immer mehr verschärften und schliess­lich im November 1918 der Generalstreik ausgerufen wurde. Nach dieser Staatskrise haben zahlreiche Volksabstimmungen beigetragen, den sozialen Frieden herzustellen.
Teil 2 (Zeit-Fragen vom 9.6.2015) ist zu den Wurzeln unserer Wirtschaftsverfassung vorgedrungen und hat die Bedeutung der direkten Demokratie für eine friedliche wirtschaftliche Entwicklung betont.
Teil 3 (Zeit-Fragen vom 23.6.2015) hat aufgezeigt, wie Bundesrat und Parlament nach dem Ersten Weltkrieg die Volksrechte im Bereich der Wirtschaft allzuoft über das Notrecht aushebelten und wie die Bevölkerung sich dagegen wehrte.
Teil 4 thematisiert nun das Friedensabkommen von 1937 zwischen den Verbänden der Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Metallindustrie und seine Bedeutung für die Schweiz. Aber auch für jedes andere Land wäre eine solche Entwicklung wünschenswert.

Vorgeschichte: Volksabstimmungen als Alternative zum Klassenkampf

In der Schweiz haben die Arbeiter in den Monaten und Jahren nach dem Generalstreik immer wieder erlebt, dass ihre Anliegen von der Gesamtbevölkerung ernst genommen wurden und sie in den Abstimmungen obsiegten. Die 48-Stunden-Woche und die Einführung des Proporzsystems (mit dem die Sozialdemokraten ihre Sitze im Nationalrat verdoppeln konnten) sind Beispiele dafür. Die Zahl der Streiks nahm ab und die Angelegenheiten der Arbeitswelt wurden mehr und mehr über Gesamtarbeitsverträge geregelt. Der Streik blieb aber bis weit in die Wirtschaftskrise der dreissiger Jahre die Hauptwaffe der Gewerkschaften.
Aber auch in dieser Zeit kam es zu zahlreichen Volksabstimmungen, in denen die Arbeiter erlebten, dass ihre Anliegen von der Gesamtbevölkerung ernst genommen wurden. Dazu zwei eindrückliche Beispiele: Der Bundesrat verfolgte damals die Politik des «guten Hausvaters», der es vermeidet, Schulden zu machen, und die Ausgaben auf die Einnahmen abstimmt. Weil die Steuern in der Krise eingebrochen waren, wollte er die Löhne beim Bundespersonal herabsetzen. Zudem würden tiefere Löhne ganz allgemein die Kosten senken und die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Produkte im Ausland stärken. Er begründete dies dem Personal gegenüber wie folgt: Die Preise seien ja in der Deflation gesunken, und die Kaufkraft des Geldes sei somit gestiegen, also könne man auch die Löhne senken. Die Gewerkschaften waren begreiflicherweise damit nicht einverstanden, ergriffen das Referendum, sammelten fast 300 000 Unterschriften (zehnmal mehr als verlangt). 80 Prozent der Stimmberechtigten gingen am 28.5.1933 an die Urne, und die Gewerkschaften bekamen recht. Man beachte: Selbst gegen die Lohn­politik der Regierung konnte in der Schweiz damals das Referendum ergriffen werden. Ein weiterer Erfolg kam hinzu. 1934 lancierten die Gewerkschaften und die Sozial­demokraten eine Volksinitiative, die sogenannte Kriseninitiative. Sie sammelten innert sechs Monaten achtmal so viele Unterschriften wie verlangt und erlebten, dass gar 85 Prozent der Stimmberechtigten an die Urne gingen. Ihre Volksinitiative wurde zwar abgelehnt, erreichte aber eine hohe Zustimmung und hatte eine Wirkung auf die spätere Reform der Wirtschaftsverfassung. Die Arbeiter erlebten auch in diesen Jahren immer wieder, dass sie dazugehörten und dass Klassenkampf und Klassendenken in der direktdemokratischen Schweiz nicht mehr nötig waren.

Friedensabkommen von 1937 – Vorgeschichte

Unmittelbar nachdem sich die Sozialdemokraten zur militärischen Landesverteidigung bekannt hatten, ging Konrad Ilg, der Präsident des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverbandes SMUV, auf Ernst Dübi, den Präsidenten des Arbeitgeberverbandes Schweizerische Maschinen- und Metallindustrieller ASM, zu und schlug vor, die Beziehung zwischen den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden auf einen neuen Boden zu stellen. Konrad Ilg, aufgewachsen im thurgauischen Salenstein, war ein Schlosser, der sich leidenschaftlich für die Interessen der Arbeiter einsetzte. Schon als junger Arbeiter organisierte er einen Streik für die Bauarbeiter und gründete in Lausanne die Gewerkschaft der Metallarbeiter. Er studierte mit Vorliebe die Schriften von Pierre Proudhon und des französischen Sozialisten Jaurès, dessen tiefe Menschlichkeit ihn beeindruckte. 1909 wurde er als 32jähriger Sekretär des Schweizerischen Metall- und Uhrenarbeiterverbandes SMUV, 1917 – 8 Jahre später – Präsident. 1918–1919 und 1922–1947 war er für die Sozialdemokraten im Nationalrat.
1918 war Konrad Ilg Vizepräsident im Oltener Aktionskomitee, das den Generalstreik organisierte. Seine späteren Stellungnahmen und Vorträge lassen darauf schliessen, dass er hier mässigend auf allzu revolutionär gesinnte Kollegen eingewirkt hat. Vor allem widersprach er marxistisch orientierten Kollegen, die die Auffassung vertraten, dass zwischen Arbeit und Kapital ein unüberbrückbarer Gegensatz bestehe. Das Gegenteil sei wahr, nämlich dass zwischen beiden Gruppen eine wechselseitige Interessengemeinschaft bestehe. In jedem Betrieb flössen die Mittel, die die Arbeiterschaft zum Leben brauche, und die Mittel, die der Betrieb für seine Existenz und für seinen Aufbau benötige, aus der gleichen Quelle – nämlich dem Verkauf der gemeinsam im Werk erzeugten Produkte. Beide Seiten seien gleichermassen an einem erfolgreichen Verkauf interessiert. Diese Einsicht sei um so wichtiger, weil die Schweiz die Rohstoffe für ihre Industrieprodukte zur Gänze im Ausland kaufen müsse und diesen Nachteil einzig mit einer höheren Qualität kompensieren könne. Alle – Unternehmer, Arbeiter, Kader – müssten zusammenarbeiten und die Leistungsfähigkeit des Betriebes sichern.
Mit dieser Einstellung ging Konrad Ilg in die Vertragsverhandlungen mit dem Arbeitgeberverband. Sein Gegenüber war Ernst Dübi, Direktor von Von Roll in Gerlafingen – in der Armee Oberst und Chef der Artillerie im 4. Armeekorps. Ernst Dübi wirkte seinerseits auf Veränderungen auf der Arbeitgeberseite hin. Ihm war es ein Anliegen, dass mancher Arbeitgeber vom «Herr im Haus»-Standpunkt abrückt. Diese sollten die typischen «Arbeitersorgen» wie Lohn, Arbeitszeit, Ferien, Versicherungen und anderes nicht mehr defensiv als überspannte Ansprüche einer Gegenpartei wahrnehmen, sondern in ihnen wichtige Faktoren erkennen, die die Qualität der Produkte verbessern und die Existenz des Unternehmens sichern.
Beide – Konrad Ilg und Ernst Dübi – leiteten einen Gesinnungswandel, mehr noch einen Kulturwandel in der Beziehung zwischen Arbeitgebern und -nehmern ein. Diese sollten sich nicht mehr als Über- und Untergeordnete in einer sozialen und beruflichen Hierarchie gegenübertreten, sondern als Gleichberechtigte begegnen und menschlich auf gleicher Stufe verkehren. Sie leiteten damit eine Entwicklung ein, die bis heute anhält. Heute spricht niemand mehr von Arbeitern und Angestellten – sondern von Mitarbeitern. Das Friedensabkommen von 1937 war ein erster und grosser Schritt in diese Richtung. Es erleichterte das Zusammenrücken in einer bedrohlichen Zeit. 1942 erhielten Konrad Ilg und Ernst Dübi gemeinsam die Ehrendoktorwürde der Universität Bern.
Das Friedenabkommen wurde in der Bevölkerung mehrheitlich begrüsst. Nur die Kommunisten hielten an ihrer Meinung fest, dass der Gegensatz zwischen Lohnarbeit und Kapital unüberbrückbar sei. Dieses Abkommen wurde zum Modell für zahlreiche Gesamtarbeitsverträge bis heute. In den folgenden 20 Jahren wurden in allen Industriezweigen des Landes nicht weniger als 1500 Gesamtarbeitsverträge abgeschlossen, die alle die Verbesserung der Lebensverhältnisse zum Inhalt hatten. Während in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg noch ungefähr 90 000 Arbeitstage pro Jahr wegen Streiks verlorengingen, sank diese Zahl in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg gegen null, obwohl es in der Hochkonjunktur (in der die Auftragsbücher voll sind) eigentlich leichter wäre, mit einem Streik Druck auf die Arbeitgeber auszuüben.

Bewährungsprobe für das Friedens­abkommen nach dem Zweiten Weltkrieg

Die Vertragspartner hatten in den Verhandlungen zum Friedensabkommen abgemacht, nicht nur auf Streiks zu verzichten, sondern die Fragen des Arbeitsverhältnisses vermehrt im Rahmen von Gesamtarbeitsverträgen zu regeln – auch Fragen, die zuvor gesetzlich geregelt waren. Gesamtarbeitsverträge waren flexibler als das Fabrikgesetz, man konnte dezentral vorgehen und auch betriebliche und regionale Unterschiede berücksichtigen – ganz nach dem Subsidiaritätsprinzip: Ins Gesetz gehören nur Fragen, die die Sozialpartner nicht selber lösen können.
Zahlreiche Abstimmungen und Volksinitiativen haben im Vorfeld des Friedensabkommens von 1937 die Annäherung zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden begünstigt. Nach dem Zweiten Weltkrieg muss­te das Abkommen jedoch eine ernste Bewährungsprobe bestehen. Ausgelöst wurde diese Krise ausgerechnet durch eine Volksinitiative. Die damalige Partei des Landesrings der Unabhängigen lancierte 1954 eine Initiative zur Einführung der 44-Stunden-Woche. Sie sollte den Einstieg in die 5-Tage-Woche ermöglichen. Die reguläre Arbeitszeit in der Industrie betrug damals 48 Stunden an 6 Tagen. Gottlieb Duttweiler, Gründer und Patron der Genossenschaft Migros, galt als Vater dieser Initiative, so dass diese in den kommenden Auseinandersetzungen als «Duttweiler-Initiative» bezeichnet wurde. Erstaunlich war, dass dieser Vorstoss zur Arbeitszeitverkürzung von Arbeitgeberseite kam. Die Migros ist heute der grösste Arbeitgeber in der Schweiz.
Duttweiler wollte die Bundesverfassung mit folgendem Satz ergänzen: «Die ordentliche Arbeitszeit in den Fabriken darf 44 Stunden nicht überschreiten. […] Die Vorschrift hat ein Jahr nach der Annahme durch die Volksabstimmung in Kraft zu treten.» Das Fabrikgesetz hätte nach einer Annahme entsprechend geändert werden müssen. Duttweiler knüpfte hier als Arbeitgeber an eine lange Tradition der Arbeiterbewegung an, die so oft am 1. Mai für den 8-Stunden-Tag demonstriert hatte. Nach dem Ersten Weltkrieg hatte das Volk zweimal über die 48-Stunden-Woche im Fabrikgesetz abgestimmt und beide Male mit Ja. Die Duttweiler-Initiative fügte sich scheinbar nahtlos in diese Tradition ein, stiess jedoch beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund SGB auf keine Gegenliebe. Walter Steiner, SGB-Präsident, wies sein Ansinnen zurück. Die Zeiten hätten sich seit Abschluss des Friedensabkommens geändert.
Walter Steiner war ein enger Mitarbeiter von Konrad Ilg und hatte mit ihm 1937 die Verhandlungen über das Friedensabkommen geführt. Nun sagte Steiner nein zur Einladung von Gottlieb Duttweiler, sich an der Unterschriftensammlung zu beteiligen, und präzisierte: Das sei kein Nein zur 44-Stunden-Woche, sondern ein Nein zu einer zentralistischen, einheitlichen Lösung. Die 44-Stunden-Woche könne nicht mehr von oben mit staatlichem Zwang über eine Gesetzesänderung herbeigeführt werden. Die Gewerkschaften würden in der Tradition des Friedensabkommens Verhandlungen führen, die das Ziel erreichen würden – auch wenn dies mehr Zeit beanspruche als eine Gesetzesänderung. Dieser Weg sei viel flexibler und würde die unterschiedlichen Verhältnisse in den verschiedenen Branchen und Betrieben berücksichtigen. Das sei der Weg, den die Gewerkschaften 1937 gemeinsam mit den Arbeitgebern beschlossen hätten und an dem sie festhalten würden.
Die Frage war nun: Würden die Stimmbürger, also auch die Gewerkschafter, in der Volksabstimmung dem Weg über die Gesamtarbeitsverträge zustimmen und die Verfassungs- und Gesetzesänderung ablehnen, die wahrscheinlich schneller zum Ziel führen würde? Die Arbeitgeber sprachen damals lieber über Lohnerhöhungen als über die Verkürzung der Arbeitszeit, waren doch die Auftragsbücher damals übervoll und die Zahl der zulässigen Überstunden ausgereizt. Der freie Samstag war aber für viele sehr verlockend. – Der Ausgang dieser Abstimmung würde Weichen stellen. Ein Ja hätte sofort neue Volksinitiativen zur Folge gehabt, die auf diesem Weg die Arbeitsbedingungen für die Arbeitnehmer hätten verbessern wollen.
SGB-Präsident Walter Steiner musste gegen einige Widerstände vor allem in den eigenen Reihen ankämpfen, bis die Delegiertenversammlung des Gewerkschaftsbundes die Nein-Parole für die Abstimmung beschloss. Das Volk gab Steiner jedoch recht – und lehnte am 26.10.1958 die Duttweiler-Initiative mit 65 % Nein-Stimmen klar ab. In diesem Ergebnis kam zum Ausdruck, dass die grosse Mehrheit der Bevölkerung den Weg des SGB-Präsidenten unterstützte und sich bewusst war, was das Friedensabkommen für die Schweiz bedeutet. Die Arbeitszeit wurde trotz des Volks-Neins in den Jahren nach 1958 in unterschiedlichem Tempo weiter verkürzt und die 5-Tage-Woche eingeführt – aber eben freiwillig und flexibel im Rahmen der Gesamtarbeitsverträge und nicht von oben mit staatlichem Zwang.

Weichenstellung für die Zukunft

Die Abstimmung vom 26.10.1958 hat die Tradition des Friedensabkommens gefestigt. Es kam und kommt zwar immer wieder vereinzelt zu Streiks und auch zu Volksinitiativen, die kürzere Arbeitszeiten, längere Ferien und auch andere gewerkschaftliche Forderungen wie Mitbestimmung oder Mindestlohn auf gesetzlichem Wege durchsetzen wollen – bis heute. Das Volk stimmte aber immer wieder nein. 1976 lehnte es die 40-Stunden-Woche mit 78 % Nein ab. Im gleichen Jahr fanden zwei Abstimmungen statt, die dem Bund die Kompetenz gegeben hätten, Vorschriften über die «Mitbestimmung der Arbeitnehmer und ihrer Organisationen in Betrieb, Unternehmung und Verwaltung» zu erlassen. Das Volk sagte nein zur Volksinitiative und auch nein zum Gegenvorschlag des Parlaments. 1985 sagte es mit 65 % nein zur Verlängerung der Ferien auf vier Wochen für jüngere und auf fünf für ältere Arbeitnehmer. 1988 sagte das Volk mit 64 % erneut nein zur 40-Stunden-Woche. 2002 stimmte das Volk mit 75 % nein zu einer flexiblen Reduktion der Arbeitszeit auf 1872 Stunden im Jahr – was im Durchschnitt einer 36-Stunden-Woche entsprochen hätte. 2012 – vor drei Jahren – sagten 67 % der Stimmenden nein zur Initiative «6 Wochen Ferien für alle», und 2015 sagte das Volk wiederum nein zu einem gesetzlich festgelegten Mindestlohn.
Die Abstimmungsergebnisse über die Arbeitszeit wurden vor allem im Ausland gelegentlich so interpretiert, dass die Schweizerinnen und Schweizer eben fleissig seien und lieber Arbeit und mehr Verdienst als mehr Freizeit oder Ferien hätten. – Das stimmt so nicht ganz. Das Nein war immer auch ein Ja zur Tradition des Friedensabkommens von 1937. Jede Abstimmung hat diese Tradition bestätigt und verfestigt – so dass sie heute zu einer festgefügten, im Volk verankerten Institution geworden ist. Eine Rückkehr zur Kultur vor 1937 – mit Streiks und einheitlichen, gesetzlichen Regelungen – erscheint heute fast unmöglich – (obwohl die Reden der heutigen Gewerkschaftsführer manchmal anders klingen). Dabei ist es nicht so, dass die Arbeitszeit und die Ferien gesetzlich gar nicht erfasst werden. Sie sind seit einigen Jahrzehnten im Arbeitsgesetz und im OR geregelt – aber nur als Minimalstandard, der Raum lässt für weitergehende Lösungen in den Gesamtarbeitsverträgen. Und dies ist auch geschehen auf vielfältige Art und Weise.
Die Tradition des Friedensabkommens entspricht dem Schweizer Modell: Die Bevölkerung bevorzugt dezentrale und freiheitliche Lösungen, die die vielfältigen regionalen und kulturellen Unterschiede berücksichtigen. Auch werden die Bürgerinnen und Bürger selber aktiv und suchen Lösungen und Wege, so dass eine gesetzliche Regelung gar nicht nötig ist.
Nach diesen Ausführungen über das Friedensabkommen von 1937 kehren wir im fünften Teil dieser Artikelfolge erneut zurück in die 1930er Jahre, wo es in der Krise um drängende Fragen der Ökonomie und um eine grundlegende Reform der Wirtschaftsverfassung von 1874 ging. Diskutiert wurden Fragen wie: Sollen wir an der liberalen Wirtschaftsverfassung festhalten? In welchem Ausmass muss die Wirtschaft stärker vom Staat geführt und gelenkt werden? In welchem Ausmass können sich die Bürgerinnen und Bürger in der Krise selber helfen, indem sie sich zusammenschliessen, Genossenschaften bilden und selber nach Wegen aus der Krise suchen? Alles Fragen, die auch heute aktuell sind. – Bei diesen Debatten ging es immer auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Sicherung des sozialen Friedens. Vier Volksinitiativen spielten damals eine ganz zentrale Rolle. Dazu mehr in Teil 5 dieser Artikelfolge.    •

Quellen:
Historisches Lexikon der Schweiz

David Lasserre. Schicksalsstunden des Föderalismus, 1963 (Originaltitel «Etapes du Fédéralisme»)

Werner Wüthrich. Ökonomische, rechtliche und verbands­politische Fragen der Arbeitszeitverkürzung in der Hochkonjunktur in der Schweiz und in Österreich (Diss. 1987)

Wolf Linder, Christian Bolliger, Yvan Rielle. Handbuch der eidgenössischen Volksabstimmungen 1848–2007, 2010

Diverse Schriften zum Genossenschaftswesen

Inhalt des Friedensabkommens

Die Einleitung des Vertrages lautete: «Im Bestreben, den im Interesse aller an der Erhaltung und Fortentwicklung der schweizerischen Maschinen- und Metallindustrie Beteiligten liegenden Arbeitsfrieden zu wahren, verpflichten sich (der Arbeitgeberverband und die Arbeitnehmerverbände), wichtige Meinungsverschiedenheiten und allfällige Streitigkeiten nach Treu und Glauben gegenseitig abzuklären, nach den Bestimmungen dieser Vereinbarung zu erledigen und für ihre ganze Dauer unbedingt den Frieden zu wahren. Infolgedessen gilt jegliche Kampfmassnahme wie Sperre, Streik oder Aussperrung als ausgeschlossen […].» Weitere Bestimmungen: Lohnverhandlungen sollten im Einzelbetrieb und nicht für eine ganze Branche geführt werden. Konflikte sollten in einem mehrstufigen Verfahren gelöst werden: zuerst im Betrieb, dann in den Verbänden und drittens in einer paritätisch zusammengesetzten Schlichtungsstelle von beidseitig akzeptierten Vertrauenspersonen – und zwar ohne Beizug der Politik und von staatlichen Stellen.

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