Auszug aus der Rede* von Botschafter Martin Dahinden, Direktor der Deza
«[…] Auf welchem Fundament steht die Humanitäre Hilfe? Der erste Pfeiler, unser operationeller Arm, ist das Korps für Humanitäre Hilfe. 700 Korps-Angehörige stehen für direkte Einsätze und für Einsätze in Partnerorganisationen zur Verfügung. Sie geben der Humanitären Hilfe das einprägsame Gesicht. Die Korps-Angehörigen vermitteln die internationale Zusammenarbeit der Schweiz. Bundesrat Furgler hat nach dem Mattmark-Unglück mit seiner Motion im Jahre 1967 den Anstoss gegeben. Auf einen ersten Aufruf – das war Anfang der Siebzigerjahre – meldeten sich sage und schreibe 4000 Interessierte. Darunter auch Toni Frisch. Mit der ihm zugeteilten Personalnummer «007» kam er zweifelsohne zur Pflicht. Als Toni Frisch zum Delegierten für Humanitäre Hilfe und Chef des SKH ernannt wurde, hat ihn Bundesrat Deiss als «007 der Humanitären Hilfe» vorgestellt. Mitte der 70er Jahre kamen erstmals rund 100 ausgebildete Freiwillige in der Dürrekatastrophe im Tschad zum Einsatz. Sie haben im Tschad, im Niger und in Kamerun Lager- und Krankenhäuser saniert oder gebaut. Sie halfen Flugplätze für die Versorgung errichten und Brunnen bohren. Der damalige Delegierte für Katastrophenhilfe, Arthur Bill, hält im Rückblick folgendes fest: «Die meisten Freiwilligen haben mit ihrer Motivation ein hoch einzuschätzendes Kapital eingebracht: den Willen und die Kraft, einer guten Sache […] auch dann zu dienen, wenn die Einsatzpraxis mit besonderen Entbehrungen und Belastungen psychischer und physischer Art verbunden war.» Das Korps für Humanitäre Hilfe verankert die Arbeit der Deza in der schweizerischen Bevölkerung: Das Korps verfügt über unterschiedliche Spezialisten, Medizin, Bau, Logistik und weitere, die ihr Know-how – und ebenso wichtig: ihr Do-how – zur Bewältigung humanitärer Aufgaben in Katastrophen- und Krisengebieten einbringen. Das Korps ist eine durch und durch schweizerische Institution. Möglich sind die kurzfristigen Einsätze nur dank der Flexibilität der Arbeitgeber und der Familien. Eine Bereitschaft, die Leben retten und Leiden weltweit lindern hilft. Der zweite Pfeiler ist die Rettungskette, 1981 gegründet. Auch sie gibt der Humanitären Hilfe ein prägnantes Gesicht. Die eingespielte Zusammenarbeit von zivilen und militärischen Institutionen ist besonders wertvoll. Wenn nach einem Erdbeben der Ruf nach Taten laut wird, ist die Rettungskette oft rasch vor Ort. Wenn ihr Einsatz aus Sicherheits- oder logistischen Gründen nicht möglich ist, ist die mediale Entrüstung vorprogrammiert. 1981 legte Arthur Bill die Fundamente. Erdbeben in verschiedenen Ländern erschüttern auch die Menschen in der Schweiz. Die Intervention war klar: Es braucht eine nahtlose Zusammenarbeit beim Orten, Retten, Transportieren und Versorgen der Verschütteten. Nach dem Erdbeben in Nordjemen im Dezember 1982 kam die Rettungskette zum ersten Mal zum Einsatz. Ob in Europa, Amerika, Afrika oder Asien: Sie wurde bis heute 22 Mal eingesetzt. Längst gehört sie zu den weltweit führenden Such- und Rettungsteams. Mit der Zertifizierung setzt sie klare Standards. Die wirkungsvolle Zusammenarbeit von Militär und Humanitärer Hilfe gilt international als Vorbild. Der Einsatz der Rettungskette ist übrigens vielfach ein Impuls für den Aufbau von lokalen Rettungskapazitäten. Der dritte Pfeiler sind die Sofort-Einsatz-Teams, vor 10 Jahren von Toni Frisch geschaffen. Sie sind die flexible Antwort auf unterschiedliche Bedürfnisse bei Krisen und Katastrophen. Die Teams sind je nach Art der Katastrophe aus Angehörigen des Korps und Mitarbeitenden der Zentrale zusammengestellt. Sie können innerhalb von wenigen Stunden für Abklärungen, erste Soforthilfemassnahmen und Koordinationsaufgaben eingesetzt werden. In Haiti spielten solche Teams eine wichtige Rolle.
Glücklicherweise zeigen unsere Aktivitäten auch gewisse Konstanten auf:
Zunächst zum Einsatz: Denn es ist vor allem der persönliche Einsatz der Mitarbeiter und der Angehörigen des Korps, der den Erfolg unserer Hilfseinsätze ermöglicht. Für viele von ihnen ist diese Tätigkeit viel mehr als ein Broterwerb, es ist eine Berufung.
Die Angehörigen des Korps bleiben ihrer humanitären Aufgabe treu, oft während vieler Jahre. Dank ihrer Weitsicht und ihres unermüdlichen Einsatzes haben sie dazu beigetragen, die Humanitäre Hilfe so zu gestalten, wie sie sich heute präsentiert, um daraus eine leistungsfähige und koordinierte Organisation zu machen, die bereit ist, schnell und mit klarem Ziel einzugreifen, um Leiden zu lindern und neue Katastrophen zu verhindern.
Wenn wir die Einsätze des Korps betrachten, war 2010 ein Rekordjahr: Es begann mit der – in bezug auf den Personaleinsatz – grössten Nothilfe-Intervention. In den ersten Wochen nach dem schrecklichen Erdbeben, das Haiti verwüstet hat, waren 115 Personen für die Humanitäre Hilfe im Einsatz. Bis zum Ende des Jahres hat die Zahl der Interventionen weltweit 447 erreicht, das ist deutlich mehr als im Vorjahr. Tausende von Menschen haben davon profitiert, vor allem in Pakistan, wo sie, dank der Humanitären Hilfe der Schweiz, Zugang zu Trinkwasser, medizinische Betreuung und Notunterkünfte erhielten.
Ebenso wichtig ist die Verfügbarkeit: Unsere Hilfe ist rasch, präzis und gut koordiniert. Die Angehörigen des Korps sind darauf vorbereitet, in sehr kurzer Zeit Hilfeleistungen in Katastrophengebieten zu erbringen. Sie sind bereit, unter extrem schwierigen Bedingungen Einsätze zu leisten, wie die Interventionen in Pakistan und Haiti belegen.
Vergessen wir nicht die praktischen Erfahrungen: Die Deza ist weit mehr als eine banale finanzielle Institution. Das schweizerische Korps für Humanitäre Hilfe vereinigt die verschiedensten beruflichen Fähigkeiten. […]» •
*Rede gehalten an der Jahrestagung der Himanitären Hilfe des Bundes in Bern am 25. März 2011
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