km. Eine grosse deutsche Tageszeitung hatte in ihrer Osterausgabe fast eine ganze Zeitungsseite vermeintlichen Tierfreunden gewidmet. «Veganismus ist Rock’n’Roll» war der Titel für ein Interview mit der Hollywood-Schauspielerin Alicia Silverstone. Frau Silverstone ist Veganerin, d.h. sie isst nicht nur kein Fleisch, sondern nutzt auch keine anderen Produkte, die von Tieren stammen: keine Milchprodukte, keine Eier, keine Felle usw.
Früher, sagt sie, habe sie wie die anderen Menschen gelebt, und es sei ihr dabei sehr schlecht gegangen. Heute, behauptet sie, gehe es ihr hingegen «phantastisch», es gehe ihr so, «als habe man übernatürliche Kräfte».
Frau Silverstone begnügt sich allerdings nicht damit, ihr eigenes Leben nach ihrem Gutdünken zu führen und die anderen Menschen in Frieden zu lassen. Vielmehr nennt sie sich selbst «Superheldin» mit weltpolitischen Zielen. Sie sei, sagt sie ganz im Ernst, «besessen davon, den Planeten zu retten». Sie habe «die Mission, die Welt zu retten».
Was beim ersten Lesen wie eine Hollywood-Spinnerei erscheint und allein als Spinnerei nicht dazu geeignet sein dürfte, fast eine ganze Seite einer renommierten Tageszeitung zu füllen, ist in Tat und Wahrheit Teil einer einflussreichen weltweiten Bewegung, die sich selbst «Tiefenökologie» nennt, nun auch Hollywood erfasst hat, von dort aus zur weltweiten Propaganda ansetzt, in der Denktradition von Thomas Robert Malthus steht und von Kritikern als Teil eines «Ökofaschismus» charakterisiert wird.
Auf der Internetseite einer solchen kritischen Organisation (www.antiveganer.org) ist zu lesen: «Ökofaschismus ist eine Ideologie, nach der zur Rettung der Natur die Menschheit dezimiert oder komplett ausgelöscht werden muss. Neben der angeblichen Überbevölkerung sehen Ökofaschisten vor allem im Gebrauch moderner Technologie eine Gefahr für das Überleben einer natürlichen Umwelt. Der Ökofaschismus geht mit den Begriffen der Tiefenökologie und des Biozentrismus einher und verfolgt ein naiv-romantisches Naturbild.»
Jean-Christophe Rufin hat in seinem Roman «100 Stunden»1 diese Bewegung, den Öko-Terrorismus, die Mitläufer und den harten Kern beschrieben.
Rufin war Vize-Präsident der französischen Sektion von «Ärzte ohne Grenzen», Berater im französischen Verteidigungsministerium und ist heute französischer Botschafter im Senegal. Im Nachwort zu seinem Roman «100 Stunden» weist Rufin auf den tatsächlichen Hintergrund der Romanhandlung hin. Dort schreibt er: «Viele unzusammenhängende Ideen – von der Tiefenökologie bis zu den Publikationen der amerikanischen Neokonservativen, vom Aufgeben des Entwicklungsideals bis zum spektakulären, aber lächerlichen Triumph der Katastrophenhilfe – tragen gemeinsam dazu bei, das Bild, das wir uns von den armen Ländern machen, tiefgreifend zu verändern und uns eine neue Haltung ihnen gegenüber aufzuzwingen. Der brutale Wettkampf, den sich heute die grossen ökonomischen Interessengruppen in der dritten Welt liefern, verschärft diese Tendenz. Und mit dem Einstieg neuer Akteure in diesen Wettkampf, die es mit sozialer Gerechtigkeit und Menschenrechten nicht allzu genau nehmen – China zum Beispiel –, wird die Schlacht noch mörderischer; für ethische Erwägungen zum Umgang der reichen Welt mit den unterentwickelten Ländern bzw. deren gefährdeten oder massakrierten Bewohnern ist da kein Platz mehr.» (S. 554)
Zuvor hatte er Alarm geschlagen: «Wir sind dabei, vom Kampf gegen die Armut zum Krieg gegen die Armen überzugehen.» (S. 551)
Die neu-grüne Bewegung in Deutschland wird sich verbindlich erklären müssen, wie sie hierzu steht. Die Kriegslüsternheit neu-grüner Spitzenpolitiker zum Beispiel hat schon seit Mitte der neunziger Jahre gezeigt, dass die Grünen nicht das tun, was sie in Wahlveranstaltungen reden.2 •
1 Jean-Christophe Rufin: 100 Stunden, 2008,
ISBN 978-3-596-17891-9
2 Jutta Ditfurth: Krieg, Atom, Armut.
Was sie reden, was sie tun: Die Grünen, 2011, ISBN 978-3-86789-125-7
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