Schulharmonisierung auf föderalistischem Weg: gut unterwegs

Schulharmonisierung auf föderalistischem Weg: gut unterwegs

von Staatsrätin Isabelle Chassot FR, Präsidentin der EDK, anlässlich der EDK-Medienkonferenz am 4. Juli 2011 in Bern

1.    Nationale Bildungsziele freigegeben
    Die EDK hat an ihrer Plenarversammlung vom 16. Juni 2011 die ersten nationalen Bildungsziele für die obligatorische Schule freigegeben. Diese beschreiben, welche Grundkompetenzen die Schüler­innen und Schüler in der Schulsprache, in den Fremdsprachen, in Mathematik und Naturwissenschaften erreichen sollen. Das ist der erfolgreiche Abschluss eines wichtigen EDK-Projektes. Fachleute aus allen Sprachregionen haben im Auftrag der EDK die Grundlagen dafür in mehrjähriger Projektarbeit entwickelt.
Fachwissenschafter, Fachdidaktiker und Leute aus der Schulpraxis waren daran beteiligt.
Die Grundkompetenzen sind ein Beitrag zur Harmonisierung der Bildungsziele, so wie es die Bundesverfassung seit 2006 verlangt. Sie werden zu mehr Transparenz führen, welche Ziele die obligatorische Schule erreichen soll. Die Erreichung dieser Ziele soll auch überprüft werden. Das wird auf gesamtschweizerischer Ebene im Rahmen des Bildungsmonitorings stattfinden und repräsentative Schülergruppen umfassen. Die Ergebnisse sollen uns helfen, das Schulsystem weiterzuentwickeln. Schulrankings sind damit weder geplant noch möglich.

2.    Ein Instrument für Fachleute
    Was nun als Instrument vorliegt, das richtet sich in erster Linie an die Entwickler von Lehrplänen, Lehrmitteln und Beurteilungsinstrumenten. Es ist also nicht die Meinung, dass die Lehrpersonen mit den vier Berichten arbeiten, die jetzt publiziert wurden. Die Lehrpersonen werden aber namentlich mit Lehrplänen arbeiten, die sich an diesen Grundkompetenzen ausrichten: mit dem Lehrplan 21 für die Deutschschweiz, mit dem Plan d’études romand und dem Lehrplan für den Kanton Tessin.

3.    Verfassungsauftrag umsetzen
    Im Mai 2006 hat das Schweizer Stimmvolk die revidierten Bildungsartikel in der Bundesverfassung mit 86% Ja-Stimmen angenommen. Seither haben die Kantone die Verfassungspflicht, die Ziele und wichtigsten Strukturen der obligatorischen Schule schweizweit anzugleichen. Zur Umsetzung dieses Verfassungsauftrages haben die Kantone das HarmoS-Konkordat erarbeitet. 2007 haben sie es zuhanden der kantonalen Beitrittsverfahren verabschiedet.

4.    Mehrheit für HarmoS-Lösungen gefunden
    Seither haben wir für die Lösungen des HarmoS-Konkordates auf demokratischem Weg eine klare Mehrheit gefunden. Das ging den föderalistischen Weg und bedingte kantonale Entscheide. Das Zwischenergebnis ist klar: 15 Kantone sind dem Konkordat durch Entscheid des kantonalen Parlaments oder durch Volksentscheid beigetreten. In diesen 15 Kantonen leben 76,4% der Wohnbevölkerung. Sieben Kantone haben einen Beitritt abgelehnt. Vier Kantone haben noch nicht darüber entschieden. Damit richtet sich die verfassungsmässige Harmonisierung der obligatorischen Schule grundsätzlich nach den Eckwerten des HarmoS-Konkordats.

5.    Eine Zwischenbilanz
    Aus heutiger Sicht ist zu sagen, dass auch in jenen Kantonen, welche dem Konkordat bisher nicht beigetreten sind oder einen Beitritt abgelehnt haben, die meisten der verfassungsmässigen Eckwerte bereits nach dem Modell des HarmoS-Konkordats harmonisiert wurden oder dahin unterwegs sind.
Harmonisierung der Strukturen
Was die strukturellen Eckwerte betrifft, wurden im Konkordat diejenigen Lösungen aufgenommen, die in den Kantonen bereits heute am meisten verbreitet sind.

•    Struktur 6/3
    Die Primarschule dauert nach zwei Jahren obligatorischem Kindergarten sechs Jahre, die Sekundarstufe I drei Jahre. Das ist eine der wichtigsten strukturellen Angleichungen und eine tiefgreifende Strukturreform für die betroffenen Kantone. Wie Sie sehen, kennen sechs Kantone (BL, BS, NE, TI, VD und AG) heute ein anderes Modell. In den vier HarmoS-Beitrittskantonen Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Neuenburg und Waadt wird die Strukturreform angegangen – im Kanton Neuenburg erfolgt die Umstellung beispielsweise ab Herbst 2011. Im Kanton Aargau wird die Frage auf kantonaler Ebene diskutiert. Der HarmoS-Beitrittskanton Tessin ist von dieser Strukturanpassung ausgenommen.

•    Kindergarten 2
    Zwei Jahre Kindergarten sind obligatorisch. Sie sehen, welches der effektive Besuch des Kindergartens ist. Insgesamt haben nach dieser Darstellung 86% der Kinder, die im Schuljahr 2010/11 in die erste Klasse gekommen sind, bereits während zweier Jahre den Kindergarten besucht. Und dies, obwohl der Kindergarten vielerorts (noch) nicht obligatorisch ist. Was auf dieser Darstellung nicht ersichtlich wird, ist beispielsweise, dass auch ein Nicht-Beitrittskanton wie der Thurgau das zweijährige Kindergarten-Obligatorium bereits kennt. Oder dass der Kanton Luzern kürzlich die Grundlagen für eine zweijährige Angebotspflicht geschaffen hat, d.h. die künftige Verpflichtung für die Gemeinden, zwei Jahre Kindergarten anzubieten.

Harmonisierung der Ziele

•    Die national entwickelten Grundkompetenzen fliessen als Zielvorgaben in die neuen sprachregionalen Lehrpläne ein. Der Plan d’études romand liegt vor und wird ab Herbst 2011 gestaffelt eingeführt. Der Lehrplan 21 ist in Erarbeitung. Alle deutschsprachigen Kantone sowie die zweisprachigen Kantone und der Kanton Graubünden beteiligen sich an der Erarbeitung und werden ab 2014 im Kanton über dessen Einführung entscheiden. Auch der Kanton Tessin wird die Überarbeitung seines Lehrplans angehen.

6.    Bilanz per 2015
    Bis 31. Juli 2015 läuft die Frist für die Umsetzung. Per 31. Juli 2015 wird die EDK beurteilen, wie es um die verfassungsmässige Harmonisierung der obligatorischen Schule steht. Dann wird zu beurteilen sein, ob das so genügt und der Verfassungsauftrag hinlänglich umgesetzt ist.
Nicht in diese Beurteilung einfliessen wird die Frage von Blockzeiten und Tagesstrukturen. In diesem Punkt geht das HarmoS-Konkordat über die Verfassung hinaus. HarmoS-Beitrittskantone sind verpflichtet, die Primarstufe vorzugsweise in Blockzeiten zu organisieren und bedarfsgerechte Tagesstrukturen anzubieten. Solche Bestrebungen laufen mittlerweile in allen Kantonen.

7.     Vorbehalte durch Nicht-Beitrittskantone
    Die EDK hat sich im März 2011 für folgendes Vorgehen ausgesprochen: sie lädt die Kantone, die bis 2014 dem Konkordat nicht beigetreten sind, ein, bis dahin ihre konkreten Vorbehalte anzumelden. Zum Beispiel: einen konkreten Vorbehalt betreffend zwei Jahre Kindergarten-Obligatorium, weil der obligatorische Kindergartenbesuch keine Mehrheit im Kanton fand.

8.    Zum Schluss
    Wir werden in vier Jahren beurteilen, ob der Verfassungsauftrag erfüllt ist. Wir sehen dieser Bilanz gelassen entgegen. Die Kantone werden die Harmonisierung über den föderalistischen Weg und kantonales Recht richten. Und zwar auf Basis der Lösungen, die sich in der Zwischenzeit durchgesetzt haben und die eine ganz klare Mehrheit gefunden haben.    •

Quelle: Medienmitteilung <link http: www.edk.ch>www.edk.ch vom 4.7.2011.

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