Bilaterale Verträge/Personenfreizügigkeit mit der EU: eine sehr zwiespältige Bilanz!

Bilaterale Verträge/Personenfreizügigkeit mit der EU: eine sehr zwiespältige Bilanz!

von Patrick Schäfli*

Eines gilt es vorauszuschicken: Die bilateralen Verträge haben für die Schweiz eine langjährige Tradition. Und bei weitem nicht nur diejenigen mit der Europäischen Union. Über alle Jahrhunderte hat es die Schweiz verstanden, mit bilateralen Verträgen mit verschiedenen Ländern der Welt ihre Interessen zu sichern. Insbesondere möchte ich unterstreichen, dass auch bilaterale Verträge mit anderen, zukunftsträchtigeren Ländern der Welt vermehrt gefördert werden sollten. So sollen im Interesse unseres Landes insbesondere auch Freihandelsverträge mit aufstrebenden Märkten wie China, Indien, Malaysia und den Golfstaaten gefördert werden. Eine einseitige Ausrichtung auf die EU, wie häufig in der Vergangenheit, ist heute nicht mehr angezeigt. Unser Land muss sich Märkte der Zukunft sichern.

Häufig wird in der Öffentlichkeit behauptet, dass wer sich kritisch mit einzelnen bilateralen Verträgen mit der EU auseinandersetzt, gleich alle diese Verträge über Bord werfen möchte. Dem ist mitnichten so. Doch warne ich vor einer kritiklosen Übernahme sämtlicher neuer EU-Gesetze durch die Schweiz. Der quasi automatische Nachvollzug und die Überregulierung muss unterbunden werden. Es ist im übrigen auch keine Schande, wenn die Schweizer Politik wieder lernt, ihre eigenen Interessen vehement zu verteidigen, die EU macht schon lange dasselbe. Dabei lassen wir uns nicht als «Rosinenpicker» diffamieren. Etwas mehr Ehrlichkeit würde einigen Politikern auf Bundesebene gut anstehen. Vor der Einführung der Personenfreizügigkeit wurde von zahlreichen Politikern mit rosa Brille argumentiert. «Die Einführung sei problemlos, es würde kaum eine grosse Einwanderung in die Schweiz stattfinden und wenn, dann nur von bei uns gesuchten Fachkräften usw.», wurde behauptet. Heute wissen wir, dass diese optimistischen Prognosen nicht zutreffen. Wir stellen derzeit eine enorme Einwanderung, insbesondere aus Deutschland fest, die nur schwer aufzuhalten ist. Davon sind insbesondere auch heikle Bundeskaderstellen, Ärzte, Zahnärzte usw. betroffen. Die massive Zunahme der Ärzte führt zu höheren Krankenkassenprämien. Der Bundesrat muss dringend erkennen, dass eine Anpassung der Personenfreizügigkeit mit der EU notwendig ist. Ohne Zweifel brauchen wir auch Fachkräfte aus anderen Ländern, aber weit weniger als derzeit in der Schweiz Anstellungen suchen. Es kommen derzeit in grossem Masse auch Arbeitskräfte in die Schweiz für Bereiche, in denen kein Mangel an Schweizer Arbeitskräften herrscht. Wer dieses Problem einfach verneint, «weil nicht sein kann, was nicht sein darf», gefährdet das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung. Hier braucht es dringend eine Anpassung und Einschränkung der vollständigen Personenfreizügigkeit mit der EU, die entsprechenden Klauseln finden sich in den bilateralen Verträgen (Ventilklausel).

Auch bei den Schengen-Dublin-Verträgen wurde zum Teil ähnlich beschönigend argumentiert. Dabei war von deutlich mehr Sicherheit und weniger Asylgesuchen usw. die Rede. In Tat und Wahrheit ist es heute so, dass Asylgesuche, die bereits in einem Schengen-Staat geprüft wurden, bei einer Weiterreise in der Schweiz dann nochmals geprüft werden. Geändert hat sich kaum etwas zum Besseren. Die massive Zunahme der Dossiers zeigt dies eindrücklich. Sogar Kern-Schengen-Länder wie Dänemark stellen eine massive Zunahme des Drogenhandels und der illegalen Einwanderung fest und führen wieder Grenzkontrollen ein.

Die bisherige Bilanz der Personenfreizügigkeit ist also in der heutigen Form nicht als positiv zu bezeichnen. Selbstverständlich braucht unsere Wirtschaft auch qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland, aber nicht nur aus der EU, sondern auch aus Ländern wie Japan, Singapur und den USA.

Bei der Weiterentwicklung der bilateralen Verträge mit der EU braucht es deutlich mehr Durchsetzungsvermögen unserer Verhandlungsdelegationen. Ein Agrarfreihandel würde die Landwirtschaft in der Schweiz massiv gefährden. Die Regierung in Bern tut gut daran, endlich die berechtigten Sorgen unserer Bevölkerung ernst zu nehmen und gezielte Massnahmen zu ergreifen.        •

*  Patrick Schäfli ist FDP-Nationalratskandidat und Landrat und wohnt in Pratteln BL. Er ist 1971 geboren und von Beruf Betriebsökonom HWV.

 

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