Schulterschluss für eine starke Armee

Schulterschluss für eine starke Armee

von Andreas Widmer, Präsident der Arbeitsgemeinschaft für eine wirksame und friedenssichernde Milizarmee AWM sowie Stadtrat von Wil SG

zf. Die Unruhen, die England vor kurzem – wie aus dem Boden gestampft – heimgesucht und die  in London ganze Quartiere verwüstet haben, haben im Bewusstsein aller anderen Bürger europäischer Länder Spuren hinterlassen. Auch bei uns in der Schweiz überlegen sich Mütter und Väter, Grosseltern und Mitbürger ganz allgemein, ob und wie sie und unsere Kleinen  in einer schwierigen Situation innerer oder äusserer Bedrohung geschützt wären. Bei der jüngeren Generation kommen andere Überlegungen: «Wann können wir denn endlich anfangen, unsere Milizarmee wieder richtig aufzubauen? Wir wollen unser Land verteidigen können. Nebst Informatik-Einheiten wollen wir auch wieder Radfahrer-Kompanien!»

Die Überlegungen von Andreas Widmer, die er am 23. Mai in «Pro Militia» veröffentlicht hat, sind deshalb aktueller denn je.

Am 13. Februar 2011 wurde die Waffenverbotsinitiative über Erwarten deutlich von Volk und Ständen verworfen. Dieser klare Abstimmungssieg verlängert die lückenlose Reihe von Volksentscheiden zugunsten einer starken Landesverteidigung. Er wurde letztlich erzielt durch das aufklärende und mobilisierende Engagement unzähliger Einzelpersonen aus Schützen- und Milizorganisationen. Dieser Erfolg, der gegen eine erdrückende mediale Übermacht hart erkämpft wurde, muss uns anspornen, auch die zukünftigen Weichenstellungen im sicherheitspolitischen Bereich wirkungsvoll und rechtzeitig in unserem Sinn zu beeinflussen. Wir müssen vermehrt aktiv agieren – das Abwarten neuerlicher Angriffe der GSoA und ihrer Verbündeten im linken und grünen Lager oder auch das Vertrauen auf die müde (oder sorglos?) gewordenen Kräfte zur Mitte ist für die Zukunft untauglich.
Der Handlungsbedarf ist evident. Sowohl der sicherheitspolitische Bericht als auch der Armeebericht genügen aus Sicht der Milizorganisationen nicht und haben die hohen Erwartungen für derartig wichtige Grundlagendokumente nicht erfüllt. Der sicherheitspolitische Bericht lässt eine klare Strategie vermissen, weicht den Kernfragen, die politischen Zündstoff enthalten, aus und beschränkt die Weiterentwicklung der Armee a priori auf deren weitere, offensichtlich finanzpolitisch begründete Reduktion. Schliess­lich wird die Bedrohungsanalyse unter dem Diktat des Spardrucks auf jene kurzfristig möglichen Ereignisse fokussiert, zu deren Bewältigung eine in allen Bereichen reduzierte Armee möglicherweise noch knapp genügen könnte. Die Devise «Wahrscheinlichkeit vor Gefährlichkeit» ist keine vorausschauende und überzeugende Sicherheitspolitik, sondern der untaugliche Versuch, den bundesrätlichen Sparbeschluss vom 26. November 2008, welcher die Armee materiell, personell und finanziell massiv reduzieren will, zu rechtfertigen. Das Primat der Finanzpolitik muss im Sicherheitsbereich hinterfragt werden. Die Verunsicherung in der Bevölkerung sowie unter den Armeeangehörigen, welche wegen fehlender Ausrüstung und Betriebsmittel den Ernst der Lage kennen und ertragen müssen, wird sonst weiter zunehmen.
Die in den erwähnten Berichten definierten Eckwerte müssen zwingend nach oben verändert werden. Ansonsten droht die letzte Sicherheitsreserve unseres Landes, die Armee, auf dem Weg einer willkürlichen finanziellen und personellen Ausdünnung bald in die Bedeutungslosigkeit abzusinken!
Die Zeichen der Zeit müssen nun verstärkt auch bis ins Bundeshaus durchdringen. Dem sich mit der Ersatzbeschaffung von Kampfflugzeugen zierenden Bundesrat stehen erste sanfte Gegenströmungen aus den sicherheitspolitischen Kommissionen gegenüber. Die Vertreter dieser Bemühungen unter der Bundeskuppel gilt es persönlich und mit aller Kraft zu unterstützen. Zu diesem Zweck ist ein breiter Schulterschluss der Milizverbände dringend erforderlich. Auf Einladung der Arbeitsgemeinschaft für eine wirksame und friedenssichernde Milizarmee (AWM) haben sich die Vertreter der grössten Milizverbände im Herbst letzten Jahres zu einer Initialsitzung getroffen. Die gemeinsam erarbeitete Position, welche mittlerweile von allen Milizverbänden mitgetragen wird, lautet dabei insbesondere:
Basis allen Handelns bilden die drei verfassungsmässigen Aufgaben der Armee und die daraus abgeleiteten Aufträge. Darauf auszurichten sind die Grösse und Ausrüstung der Armee, wozu eine moderne und leistungsfähige Luftwaffe gehört.
Die Bedrohungsanalyse darf sich modernsten Bedrohungsformen, wie etwa Fernwaffenbeschuss oder Cyberwar, nicht verschliessen. Auf die Wertung der Eintretenswahrscheinlichkeiten ist dabei zu verzichten. Es sind auch langfristige Risiken zu berücksichtigen, die sich aus den noch immer weltweit steigenden Rüstungsausgaben und einer weiteren Radikalisierung gewisser Staaten, die gar nicht so weit entfernt liegen, ergeben könnten.
Vorauseilende Reduktionen bei Armeefinanzen oder Strukturen sind nicht opportun. Bevor die sicherheitspolitischen Grundlagen nicht festgelegt sind, dürfen durch das VBS und die Verwaltung keine Präjudizien geschaffen werden.
Inhaltlich erweist sich auch der Armeebericht in entscheidenden Punkten als ungenügend. Er listet zwar den jetzigen Zustand der Armee recht umfassend auf, weist jedoch bei der Zuteilung der Mittel zu den geforderten Leistungen einen Bruch auf. Das Leistungsprofil ist kaum mehr verfassungskonform, wie dies auch das Gutachten von Prof. Rainer Schweizer vom 23. August 2010 ausführlich belegt. Die vorgesehenen Bestände und Mittel reichen weder für den Verteidigungsfall noch für die Unterstützung der zivilen kantonalen Behörden aus. Dies hat auch die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats richtig erkannt und entsprechende Zusatzaufträge erteilt. Basierend auf den neu präsentierten Armeevarianten ist völlig klar, dass
–    ein aktiver Armeebestand (ohne Schulen und Basisleistungen) von mindestens 120  000 vollständig ausgerüsteten Armeeangehörigen sowie eine notwendige Reserve an inaktiven Angehörigen der Armee (AdA), basierend auf einem klar definierten Leistungsprofil in zeitlicher und räumlicher Hinsicht, das unterste Limit darstellen;
–    ein Budget für die militärische Landesverteidigung von jährlich mindestens 5 Milliarden Franken zwingend notwendig ist, wobei die nötige Finanzierung mittel- bis langfristig sichergestellt werden muss;
–    die Wiederaufnahme der Beschaffung des «Tiger»-Teilersatzes (TTE), die vom Bundesrat unverantwortlicherweise abgebrochen wurde, rasch angegangen werden muss, denn ohne TTE kann die Luftwaffe in absehbarer Zeit nicht einmal mehr den Luftpolizeidienst aufrechterhalten;
–    die überhastet eingeleiteten Massnahmen zur Ausserdienststellung von Ausrüstungsgütern und Infrastrukturen sistiert werden müssen;
–    die derzeit laufenden Planungen zur Weiterentwicklung der Armee sich nicht blindlings nur auf die vom Bundesrat auf­oktroyierte «Schmalspurvariante» eines Armeebestands von 80 000 AdA ausrichten dürfen, sondern auch ein kraftvolleres und vom Parlament hoffentlich bald ­bestätigtes Mengengerüst berücksichtigen müssen.
Die Ereignisse in Nordafrika und im arabischen Raum zeigen einmal mehr, wie instabil und vor allem unvorhersehbar die politische Lage ist. Auch die Schweiz kann sehr rasch die Auswirkungen der aktuellen Umwälzungen zu spüren bekommen – etwa in Form von humanitären Krisen, Flüchtlingsströmen, Energieknappheit oder der Evakuierung von Schweizer Bürgern. Natur- und Technologiekatastrophen wie in Chile, Haiti, Neuseeland und Japan zeigen, dass eine Armee innert Stunden eine sehr grosse Anzahl Soldaten mobilisieren können muss, um die zivilen Behörden bei der Schadensbewältigung zu unterstützen. Es sei beispielsweise daran erinnert, dass in zivilisierten Nationen wie Chile und Neuseeland innert Tagen das Eigentum der Bürger der betroffenen Gebiete von Infanterie-Einheiten vor Plünderung geschützt werden musste.
Die Armee ist die einzige Sicherheitsreserve in der Hand der Schweizer Regierung. Nur eine modern ausgerüstete und für die personalintensiven Aufgaben genügend grosse Armee ist in der Lage, die Schweiz und ihre Bevölkerung zu verteidigen und die kantonalen Behörden zu unterstützen. Die stete Reduktion der Armee(-Ausgaben) auf wahrscheinliche Einsätze ist von der Realität in den letzten Monaten diskreditiert worden. Von der Politik sind die gefährlichsten Bedrohungen zu berücksichtigen und die nötigen Mittel zu ihrer Abwehr sowie zur Bewältigung ihrer Folgen zu sprechen.
Die Milizverbände werden diese Anliegen gemeinsam und mit Bestimmtheit verfolgen. Eine gute Chance, diese Forderung bei der Politik zu plazieren, bilden dabei die bald anstehenden Wahlen in die eidgenössischen Räte. Sicherheit hat ihren Preis – daran müssen wir unsere (bürgerlichen) Vertreter in Bern, welche die Verantwortung für Leistungsprofil, Ausrüstung und das zugehörige Budget haben, mit Nachdruck erinnern!     •

aw. Der Schulterschluss der armeefreundlichen Organisationen hat in den letzten Monaten tatsächlich erste Wirkungen entfaltet. Die in der Arbeitsgemeinschaft für eine wirksame und friedenssichernde Milizarmee (AWM) zusammengeschlossenen rund 40 Milizverbände der Schweiz haben die Forderungen, wie sie im beiliegenden Artikel ausgeführt sind, in gemeinsamen Aufrufen und persönlichen Briefen an alle bürgerlichen National- und Ständeräte nachdrücklich bekräftigt. Nebst der Bestandesfrage ist auch die Sicherstellung einer ehrlichen Finanzierung der Armee ein sehr wichtiger Eckwert. Gerade hier haben Bundesrat und Parlament in den letzten Jahren massiv gesündigt, was zu einem bedeutenden Substanzverlust und auch zur Malaise in der Logistik führte.
Die Organisationen der AWM vertreten rund 250 000 Bürgerinnen und Bürger, welche treu zur Urne gehen – auch bei den kommenden Parlamentswahlen vom 23. Oktober 2011!
Weitere Informationen zur AWM finden sich auf ihrer Homepage unter: www.awm-cmep.ch

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