Freie Märkte und Respekt der Subsidiarität

Freie Märkte und Respekt der Subsidiarität

Dokument des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden fordert Reform des internationalen Finanzsystems

ROM, 26. Oktober 2011 (ZENIT.org). - Der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden hat an diesem Montag ein Dokument «Für eine Reform des internationalen Finanz- und Währungssystems aus der Sicht einer öffentlichen Autorität mit universaler Kompetenz» veröffentlicht, in dem die Schaffung eines unparteiischen, internationalen Gremiums mit einer für alle annehmbaren Verfassung vorgeschlagen wird. Dieses soll befugt sein, die internationalen Finanzmärkte zu regulieren und im Dienst der realen Wirtschaft, nicht der Spekulation, sowie der menschlichen Person unter Wahrung des Grundsatzes der Subsidiarität stehen.
Die Präsentation des Dokuments erfolgte im vatikanischen Pressebüro durch Kardinal Peter Kodwo Appiah Turkson, Präsident des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, Msgr. Mario Toso, Sekretär des Päpstlichen Rates, Prof. Leonardo Becchetti, Professor für Volkswirtschaftslehre an der römischen Universität «Tor Vergata».
Msgr. Toso erklärte, das Dokument sei «eine Neuinterpretation der derzeitigen schweren Wirtschafts-und Finanzkrise, die nicht nur ethische, sondern speziell ideologische Ursachen hat».
«Die alten Ideologien sind vergangen», erklärte der Sekretär für Gerechtigkeit und Frieden, «aber es gibt viele neue, die nicht weniger gefährlich für die ganzheitliche Entwicklung der Menschheitsfamilie sind. Sie haben einen negativen Einfluss auf das internationale und globale Finanz- und Währungssystem, bewirken Ungleichheiten in bezug auf eine nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung sowie schwerwiegende Probleme bei der sozialen Gerechtigkeit, was eine Belastung besonders für die schwächeren Menschen bedeutet.»
«Es handelt sich um neoliberale, neu-utilitaristische und technokratische Ideologien, die mit einer Abflachung des Gemeinwohls auf die wirtschaftliche, finanzielle und technische Dimension die Zukunft der demokratischen Institutionen selber gefährden», fuhr er fort.
Kardinal Turkson erklärte, dass dieses Dokument bei dem G-20-Gipfel, der vom 3. bis 4. November im französischen Cannes stattfand, vorliegen wird. Angeregt wird «eine Reform des internationalen Finanz- und Währungssystems durch die Schaffung einer globalen Aufsichtsbehörde».
Es handelt sich um einen Vorschlag, der keine «Erweiterung des aktuellen G 7 in G 20 bedeutet», erklärte Kardinal Turkson, weil «das eine unbefriedigende und unzureichende Lösung darstellen würde».
Laut dem Dokument des Päpstlichen Rates «entspricht die G 20 nicht vollständig der Logik der Vereinten Nationen, weil ihr die Legitimität und das politische Mandat seitens der internationalen Gemeinschaft fehlt».
Das Dokument schlägt ein neues System vor, in dem es eine unparteiische Autorität gibt mit der Befugnis, auf demokratische Weise Entscheidungen zu treffen und Sanktionen in Übereinstimmung mit dem Gesetz durchzuführen.
Eine derartige Verschiebung könne nicht ohne «einen Multilateralismus sowohl auf diplomatischer Ebene als auch auf Ebene einer nachhaltigen Entwicklung und des Friedens» geschehen.
In diesem Zusammenhang bekräftigte Msgr. Toso, dass das Dokument die Finanzmärkte als öffentliches Gut hervorhebe, die nicht zu verteufeln seien, auch wenn sie reformiert werden müssten.
Als Reaktion auf einige Auffälligkeiten bei den Untersuchungen der «indignados» distanzierte sich der Präsident von einigen Ergebnissen und erinnerte daran, dass «die Basis die Soziallehre der Kirche und das Zentrale die Würde der menschlichen Person ist».
Im Rahmen der Fragen und Antworten erklärte Msgr. Toso, dass es nicht darum gehe, «einen Moloch zu schaffen», sondern um eine Leitung, die von allen akzeptiert würde, weil «unser Problem heute in einer Flucht vor der Tatsache besteht, dass einige wenige für andere entscheiden».
Das Ziel sei die Förderung «freier und stabiler Märkte, geordnet durch einen angemessenen Rechtsrahmen, ausgerichtet auf eine nachhaltige Entwicklung und einen sozialen Fortschritt aller, inspiriert von den Werten der Liebe in der Wahrheit».
Auf die Schwierigkeit der Übersetzung des Wortes «Governance» hin angesprochen, erklärte Kardinal Turkson, dass nicht an eine «Weltregierung» gedacht sei, sondern an eine Institution «die eine gute Leitungsfunktion besitzt und die Souveränität eines jeden Volkes respektiert».
Der Präsident des Päpstlichen Rates erinnerte an die Übereinstimmung dieses Dokuments mit «Pacem in Terris», «Populorum Progressio» und «Caritas in veritate» und schloss mit Worten von Papst Benedikt XVI.: «Die Krise zwingt uns dazu, unseren Weg zu ändern, um neue Regeln und neue Formen des Engagements zu entdecken, sich auf ­positive Erfahrungen zu konzentrieren und negative hinter sich zu lassen.»     •

(ZENIT-Übersetzung des italienischen Originals)
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