Naturpärke - schleichender Entzug von Staatsgebiet und Lebensgrundlagen

Naturpärke – schleichender Entzug von Staatsgebiet und Lebensgrundlagen

von Andreas Geiss

Die grösste ökologische Waldkatastrophe Europas hat im Nationalpark Bayerischer Wald seit einigen Jahren ihren Anfang genommen. Ein gewaltiger Baumfriedhof tritt an die Stelle unserer grünen Wälder. Es handelt sich um eine rein menschengemachte Katastrophe, die aus ideologischer Verblendung entstanden ist. Unsere alten Kulturwälder an Lusen und Rachel, im Nationalpark also, sind zur Brutstätte des Borkenkäfers geworden und werden unaufhaltsam samt ihrer Vogel- und Pflanzenwelt untergehen, und sie haben zum Teil schon oder werden noch den Käfertod übers ganze bayerische und böhmische Waldland bringen.

Ideologien sind Bilderwelten (griechisch: idon = Bild), die sich Menschen von der Wirklichkeit machen. Bilder sind immer eine Verkürzung der Wirklichkeit. Einfache Bilder und Vorstellungen treten an die Stelle der komplexen Wirklichkeit. Die Vertreter von Ideologien sind die Ideologen, und sie versprechen immer einen paradiesischen Endzustand, der sich in Zukunft einstellen wird, wenn ihre Bilderwelt an die Stelle der Wirklichkeit gesetzt wird. Die bestehenden, als nicht befriedigend erachteten Realitäten müssen beseitigt werden, um zum paradiesischen Endzustand zu gelangen.

Faschismus: Dieser Begriff hat in den letzten Jahrzehnten eine starke Bedeutungserweiterung erfahren. Ursprünglich stand er nur für die Form der Diktatur Mussolinis in Italien (1922–1945). Später belegte man damit alle nationalsozialistischen Versuche, den totalen Staat als Einparteienstaat zu errichten. Heute versteht man darunter jede Aufoktroyierung (Aufzwingung) einer Ideologie auf bestehende Realitäten. Die bestehenden Realitäten der menschlichen Gesellschaft, der Natur usw. werden als unbefriedigend erachtet und werden durch bewusst durchgeführte Massnahmen, sehr häufig durch Staatsgewalt, zerstört, um zu einem paradiesischen Endzustand, der angeblich ewig dauern soll, zu gelangen.

Brauner Faschismus oder Rassenfaschismus: Über die Vernichtung von sogenannten «minderwertigen» Rassen gelangt man zum paradiesischen Endzustand der reinen Volksgemeinschaft.

Roter Faschismus oder Klassenfaschismus: Über die Vernichtung einer gesellschaftlichen Klasse, z.B. der Kapitalisten, gelangt man zum paradiesischen Endzustand der klassenlosen Gesellschaft.

Grüner Faschismus oder Ökofaschismus: Über die Vernichtung der von Menschen geschaffenen Kulturlandschaft gelangt man zum paradiesischen Endzustand der echten, wahren Urnatur und der Urwildnis.

Konzeptphasen im Nationalpark Bayerischer Wald

Die ursprüngliche Zielsetzung

1970 gründete man den Nationalpark Bayerischer Wald. Die Zielsetzung war: Durch Herausnahme der Holzwirtschaft wollte man einen Wald wachsen lassen, der wieder Bäume von 1–2 m Durchmesser und 50 m Höhe hat und der in 300 bis 400 Jahren schrittweise abstirbt und sich stufenweise regeneriert. Diese Zielsetzung implizierte, dass der Mensch bei sich zeigenden Kalamitäten, wie z.B. Windwürfen, Borkenkäfervermehrung usw. eingreifen musste.

Das ideologische Experiment

1983 setzte der Leiter des Nationalparks, Dr. Hans Bibelriether, eine Änderung der Zielsetzung durch: «Natur Natur sein lassen». Man begann ein Vabanquespiel mit unserem Wald. So liess man ab 1. August 1983 Windwürfe liegen, obwohl man als studierter Forstmann oder als Bayerwald-Bauer vieltausendfach wusste, was passieren würde: Der Borkenkäfer geht in all diese Windwurfbäume und benutzt sie als Nährsubstrat für den Aufbau einer gewaltigen Käferpopulation. Hat der Käfer eine grosse Population, geht er in alles, was Fichte heisst, und räumt den Wald grossflächig ab. Mit dieser Konzeptänderung wurde plötzlich nicht mehr der Baum geschützt, sondern der Borkenkäfer. Als die Situation sich im Park immer mehr zuspitzte und ausser Kontrolle geriet, begann die Phase des Herunterspielens, der Beruhigung und des Vertuschens: «Die Borkenkäfervermehrung wird spätestens 1990 ein Ende finden.» «Der Käfer geht nicht über 800 m Höhe hinaus», usw.

Die ökofaschistische Konsequenz

Als das Menetekel nicht mehr wegzureden und zu verheimlichen war, da der Käfer die zum Lusen und Rachel führenden Wanderwege fast erreicht hatte, sich tief in die Wälder Böhmens und in die am Dreisessel vorgefressen hatte, trat man die Flucht nach vorn an, kreierte ab 1992 den Begriff «Prozessschutz» und trat damit in die dritte Phase, die ökofaschistische Phase des Nationalparkkonzepts: Alle Prozesse, auch die, die zur Vernichtung der von Menschen geschaffenen Kulturlandschaft führen, sind geschützt. Das Sterben oder Töten für den paradiesischen Endzustand ist zum Programm erhoben. Auch diese Prozesse sind ein Weg, um zum paradiesischen Endzustand der echten, wahren Urnatur und Urwildnis zu gelangen. Um von den wahren Ursachen der Katastrophe abzulenken, streute man noch eine dicke Lüge auf den Weg: Der Waldzusammenbruch ist eine Folge der Luftverschmutzung. Der Käfer räumt nur ab, was sowieso dem Untergang geweiht ist. Aber warum ist dann der Vorwald entlang der Donau oder sind alle Wälder links und rechts des Nationalparks grün? Sie bekommen doch die gleichen Immissionen ab. Es müssten dann auch alle anderen Baumarten sterben und nicht nur die Fichte, wenn die Schadstoffeinträge die Ursache wären. Die Fichten sterben, weil der Käfer Fichten befällt.

Rousseau’sche Traumvorstellungen

Was der französische Philosoph ­Rousseau (1712–1778) als Konzept für den Menschen entworfen hatte, das soll im Nationalpark Bayerischer Wald als Konzept für die Natur durchgesetzt werden: die Romantik des «Zurück zur Natur» die Botschaft vom «edlen Wilden». Nicht der gepflanzte Baum ist Natur, sondern nur der, der zufällig als Samen angeflogen ist und dort aufwachsen konnte. Damit haben wir die Unterscheidung zwischen Gut und Böse, zwischen guten und bösen Bäumen. Und damit haben wir eine Handlungsgrundlage für das, was vernichtet werden muss. Nachdem der Ideologe so eine Unterscheidung zwischen Gut und Böse treffen kann, kann er anfangen, auf das paradiesische Endziel hinzuarbeiten.

Aber wir können in unserem dichtbesiedelten Land nicht Rousseau’sche Träumereien verwirklichen. Man kann in unserer Gesellschaft mit ihren Anforderungen nicht Kinder als «edle Wilde» ohne Wissen und Bildung erziehen. Ebenso können wir die Natur nicht mehr sich selbst überlassen. Der Entwicklungszustand der Zivilisierung bzw. der Kulturlandschaft ist nicht mehr rückläufig zu machen. Wir brauchen keine Nationalparks. Über diesen Entwicklungsstand sind wir hinaus. Wir brauchen eine Kulturnatur mit reduzierten Eingriffen des Menschen in die Abläufe, wenn wir ein Refugium für die Natur schaffen wollen, wenn wir keine Naturzerstörung wie im Nationalpark wollen. Wenn Kalamitäten entstehen, müssen wir jederzeit entschlossen eingreifen, denn nur so können unsere Bäume 300–400 Jahre alt werden. Und solch ein Wald ist eine wirkliche Attraktion und ein schönes Erbe für kommende Generationen. Das Nationalparkkonzept ist so primitiv, wie wenn jemand meint, wenn er eine Rinderherde freisetzt, dass sich dann daraus eine Herde von Urochsen oder Auerochsen bildet.

Die ideologische Verlockung und die Wirklichkeit

Man meint, gerade wir Deutschen sollten ein feines Gespür für Ideologien und Faschismen entwickelt haben, zumal wir in der Tat gebrannte Kinder sind. Wenn man uns einen paradiesischen Endzustand vorgaukelt, sollten wir hellhörig werden. Wenn man uns erzählt, dass man dafür leider die Vernichtung von als nicht befriedigend erachteten Realitäten in Kauf nehmen muss, um zum paradiesischen Endzustand zu gelangen, dann müssten bei jedem von uns die Alarmglocken schrillen. Der Braune Faschismus hinterliess Millionen von toten Menschen, ein zerstörtes Land und vom paradiesischen Endzustand keine Spur. Der Rote Faschismus hinterliess Millionen von zerstörten Lebensläufen, eine zerstörte Volkswirtschaft und vom paradiesischen Endzustand keine Spur. Der Grüne Faschismus hinterlässt Millionen von toten Bäumen, einen räudigen Bayerischen Wald und vom paradiesischen Endzustand keine Spur.

Baumfriedhof – keine Touristenattraktion

Jahrhundertelang waren wir Waldler die Parias der deutschen Gesellschaft, weil wir Waldler arme Leute waren. Jetzt, nachdem das Leben in unserer Waldheimat nicht mehr sofort mit dem Begriff Armut assoziiert wird und «im Wald» leben ein positives Image hat, kommen landfremde Ideologen und machen mit unserem Wald ein Experiment, berauben uns des gewohnten Bildes der Heimat, vernichten eine grossartige Natur und assoziieren das Wort «Bayerischer Wald» auf Jahrzehnte hinaus mit Borkenkäferplage und gewaltigen Totholzflächen. Solch ein räudiger Bayerischer Wald, der verschlissen ist wie eines Bettelmanns Rock, lockt keine Urlauber an, denn wer will im Urlaub mit Bildern konfrontiert werden, die ihn mit ihrer Hässlichkeit abstossen und depressiv stimmen? •

Quelle: v.i.S.d.P. Andreas Geiss, Kirchdorf im Wald

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