Uns erzählt man immer, dass das alles in der Schweiz kein Problem sei

«Uns erzählt man immer, dass das alles in der Schweiz kein Problem sei»

ab. Wir sind zu Besuch in Schleswig-Holstein bei engen Freunden. Es sind wunderschöne Septembertage, und am Uferweg des Nord-Ostseekanals hängen die Zweige der Sanddornbüsche dicht voller Beeren, orange-leuchtend. Zurück im Haus unserer Freunde frage ich die Mutter des Hauses: «Warum pflückt die niemand? Wildfrüchte sind doch Allgemeingut!» Sie runzelt die Stirn ob so viel Naivität aus der Schweiz. «Das ist Naturschutzgebiet. Es gibt eine Anzeige und eine saftige Busse!» Ich schlucke eine Weile, hake dann aber nach: «Und Eure Hartz-IV-Kinder könnten die nicht brauchen? Und wenn Hunger im Lande wäre, was gilt dann?» Jetzt wird die Mutter ernst, sehr ernst: «Dann setzen die ihre Paragraphen erst recht durch. Die lassen nicht mit sich reden. Das war im Krieg und davor auch so.» Der Vater des Hauses, eine erfahrene politische Persönlichkeit, schaltet sich ebenfalls ein: «Diese Naturparks sind eine furchtbare Plage. Sie ändern ständig die Regeln. Nie kriegt man einen Verantwortlichen zu fassen. Wenn man glaubt, man habe jetzt eine Regelung erreichen können, kommt morgen schon wieder etwas Neues. Wir vergleichen oft mit dem, was meine Eltern aus den frühen 30er Jahren und danach beschrieben haben.»
Ich bringe nachdenklich ein, dass wir in der Schweiz erst vor kurzem auf Hitlers «Reichsnaturschutz-Gesetz» von 1935 gestossen seien. Der Sohn, ein Geschäftsmann mittleren Alters, wirft ein: «Und wenn die uns jetzt dann noch den Wolf und den Luchs aus Mecklenburg-Vorpommern mit Autos hier hinüberkarren!»
Auch das, und zwar hier mitten im flachen wunderschönen Agrarland! Hier gibt es keine Begründung wie bei uns in den hintersten Tälern des Wallis, wo Wolf und Luchs «schon immer» gehaust haben sollen. «Wir haben in mühseliger Kleinarbeit erreicht, dass der Schutzstatus für den Wolf von absolut auf relativ reduziert werden konnte. Aber die Walliser sagen, dass es Knochenarbeit war.» Eine Weile später kommt Vater H. darauf zurück: «Das ist sehr wichtig, dass Du das sagst. Uns macht man immer vor, dass das alles in der Schweiz kein Problem sei, und dass bei Euch der Herdenschutz bestens funktioniere. Bei uns werden die Kinder nicht mehr mit dem Fahrrad über die Feldwege zur Schule fahren können.» «Könnt Ihr das nicht mehr bekannt machen, dass Ihr auch nicht einverstanden seid damit?» fragt der Sohn.
Ja, er hat recht. Wir Menschen in Europa wären es uns gegenseitig schuldig, einander mehr im Auge zu behalten, mehr zuzuhören und politische Propaganda von der Bevölkerung zu unterscheiden.
Nur: Wer benutzt uns Schweizer als Alibi für was und für wen?    •

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