von Dieter Sprock
Im «Technologie- und Gründerzentrum Ilmenau» fördert Karl-Heinz Schmidt, Diplom-Mathematiker, mit dem verfügbaren regionalen Potential in Wirtschaft, Universität und Schule die Fachkräfteentwicklung im Ilm-Kreis und im Landkreis Thüringen. Durch Projekte und die frühzeitige, systematische Einführung von naturwissenschaftlichen und technischen Inhalten soll bereits in den Grundschulen eine stärkere Entwicklung von naturwissenschaftlichen Kompetenzen gefördert werden, um so eine stärkere Orientierung auf technische Berufe in der Region zu erreichen.
Ein Projekte nennt sich zum Beispiel: «Modellprojekt zum experimentellen Lernen in Grundschulen des Ilmenauer Kreises am Beispiel Photovoltaik (PV)». Dabei sollen für Kinder vom Kindergarten bis in die 4. Klasse der Grundschule Modellbaukästen entstehen, mit denen sie Photovoltaik- und Solartechnik erleben und selbst zusammenbauen können. Ziel ist es, das kindliche Verständnis und vor allem die Neugier auf Technikentwicklung zu wecken. Ein emeritierter Professor, man nennt ihn in der Region den Solarpapst, kümmert sich um alternative Energien; er hat an der Universität einen Verein gegründet und kindgerechte Modelle entwickelt. Dabei sind sehenswerte, hochinteressante Koffer entstanden, die von den Schulen und Lehrern ausgeliehen und in den Unterricht eingebunden werden können. Die Kinder können ihr erworbenes, ganz einfaches Wissen dann eigenständig modellhaft ausprobieren. Zum Beispiel bewegt ein Fahrradfahrer auf der Grundlage photovoltaisch gewonnener Energie ein Fahrrad.
Dann hat die «TECHNOLOGIE REGION ILMENAU-ARNSTADT», für die Karl-Heinz Schmidt tätig ist, die sogenannte «Lange Nacht der Technik» eingerichtet – das ist ein Begriff, der inzwischen eingeführt ist. Viele Universitäten stellen so ihre Forschungsergebnisse einer breiten Öffentlichkeit vor. Vor drei Jahren hat er dem Rektor der Universität vorgeschlagen, diese Veranstaltung, die bis dahin reine Selbstdarstellung der Wissenschaftler war, zu einem regionalen Ereignis zu machen, «bei dem wir insbesondere Kinder, Eltern und Grosseltern ansprechen und ihnen auf ganz einfache Art und Weise gezeigt wird, womit wir uns hier beschäftigen. Das ist nämlich auch ein Anspruch an die Wissenschaftler, sich hinzusetzen und ihre hochwissenschaftlichen Dinge auf einen ganz einfachen Level runterzubrechen; das ist nicht so einfach. Wissenschaftler können sich viel einfacher miteinander unterhalten, als einem Kind die Dinge so zu vermitteln, dass es sie versteht und sein Interesse geweckt wird, sich damit zu beschäftigen», meint Karl-Heinz Schmidt.
Dabei erfährt die Bevölkerung auch, was in ihrer Region alles gemacht wird, das zum Teil weltweit Beachtung findet. Die wenigsten wissen, dass es in Ilmenau ein Institut von Fraunhofer gibt, das eine Lösung für die gesamte Wasser- und Abwassersteuerung der Stadt Peking erarbeitet hat. Und weil die Lösung inzwischen über zwei Jahre so erfolgreich läuft, hat man sich von chinesischer Seite entschieden, das gleiche für Schanghai zu machen. Daran werde im Moment gearbeitet.
An einer weiteren «Langen Nacht der Technik» an der Universität Ilmenau hat Karl-Heinz Schmidt erreicht, dass sich die Firmen beteiligen: Auch neuangesiedelte Firmen haben gezeigt, dass sie mit der Universität zusammenarbeiten, aber auch, was sie herstellen und was für Leute sie brauchen. Über 15 000 Besucher sind an einem Freitagabend von 17 Uhr bis Mitternacht gekommen: «Junge Leute, Kinder, die Eltern und Grosseltern mit Kindern sind von Station zu Station gezogen. Wir haben dort drüben in unserer Fischerhütte [einer ehemaligen Glashütte] eine Station für Hochenergiephysik eingebaut. Da wurden Blitze gestaltet.»
In Erfurt hat Karl-Heinz Schmidt eine «Lange Nacht der offenen Tür» bei den Unternehmen organisiert. Sie haben ihre Tore geöffnet und gezeigt, wie eine Flugzeugturbine repariert wird oder wie ein Automatikgetriebe für ein Auto entsteht. Der Erfolg hat die Organisatoren beflügelt. Bei der nächsten «Langen Nacht der Technik» sollen von Studenten geführte Arbeitsgruppen sich mit Kindern beschäftigen und ihnen Robotertechnik nahebringen und ihnen zeigen, wie so etwas funktioniert, damit eine Bindung zur Technischen Universität entsteht.
Es ist inzwischen gelungen, dass sich die Firmen mit einem Thema beschäftigen, das in Deutschland schon viele Jahre bekannt ist: «Jugend forscht». Das ist ein Wettbewerb, an dem sich die Regionen in der Weise beteiligen können, wie sie wollen. Schüler in Real- oder Regelschulen und Gymnasien beteiligen sich daran. Momentan hängt jedoch alles davon ab, ob es Physiklehrer, Chemielehrer, Biologielehrer gibt, die sich dafür begeistern. «Die Themen», so Schmidt, «suchen die Schulen und die Lehrer selbst. Ich habe den Firmen gesagt: Macht Praktika und öffnet euch für die Schüler! Das gab’s alles schon mal; war alles weg, aber jetzt fängt es ganz vorsichtig wieder an.»
Zwanzig Jahre lang habe man die Schulen umgekrempelt und die Inhalte total verändert. Die Inhalte wurden nicht mehr so strukturiert, dass sie die Kinder systematisch lernten und in jedem einzelnen Fach auf einen Aufbau zurückgreifen können. Weder beim Schreiben noch in der Mathematik. Sie kennen keinen Satzaufbau – sie wissen vielleicht, Nomen schreibt man gross und Verben klein, aber sie können sie nicht unterscheiden – und sie haben keinen Aufbau in der Mathematik. Sie haben keine Grundstrukturen verinnerlicht, auf die sie zurückgreifen können, von denen sie sagen können: Ja, das habe ich verstanden, und von da aus mache ich den nächsten Schritt. Das ist die Folge der falschen Unterrichtsmethoden und des fehlenden systematischen Aufbaus der Lehrmittel, die man den Lehrern aufzwingt. Und die Millionen, die man heute in die Bildung steckt, fliessen nicht in die Verbesserung des Unterrichts, sondern verpuffen in Sozialarbeit und die Reparatur der Schäden, die die Schule anrichtet. Kinder schreiben am Ende der ersten Klasse in der Schule schon Aufsätze. Sie können die Wörter noch gar nicht schreiben; ob die Punktion stimmt, ob das ein Satz ist oder nicht, interessiert niemanden, einfach alles hintereinander weg. Und wenn man die Frage stellt: «‹Wie soll sich denn das mal wieder ordnen?› Dann bekommen Sie zu hören: ‹Ach, das kommt schon.› Da hört bei mir das Verständnis auf. Unsere Kinder waren ein Stück weiter, weil sie durch das Lesen vieles gelernt hatten.»
Die Industrie, meint Karl-Heinz Schmidt, müsste eigentlich in der Schule vorstellig werden und sagen: «Unternehmen oder Unternehmer sind es, die das alles bezahlen. Sie müssen später damit klarkommen, und wir möchten jetzt bitteschön, dass das anders gemacht wird. Wenn die Industrie das nicht macht, kommt sie ihrer Verantwortung nicht nach, dann muss sie nachher nicht schimpfen, wenn sie keine Leute bekommt, die sie gebrauchen kann.» Karl-Heinz Schmidt ist sich bewusst, dass das nicht von heute auf morgen geht, «aber wir müssen uns heute überlegen, was wir morgen brauchen». Er sieht es als seine Verpflichtung an, die Firmen dafür zu sensibilisieren. Er ist überzeugt, dass die Jugend nach wie vor zur Leistung motiviert werden kann. Er selber sieht sich als Brückenbauer zwischen Unternehmen und Schulen: «Wenn es mir gelingt, die Verbindung vom Kindergarten über die Grundschule bis zum Gymnasium zu den Unternehmen herzustellen, dann habe ich viel erreicht, und das ist es, was mich aufbaut.» Und man glaubt es ihm aufs Wort. •
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