Dezentralisierung und Selbstverantwortung als beste Krisenprävention

Dezentralisierung und Selbstverantwortung als beste Krisenprävention

von Willam A. M. Buckler, Australien
In den sechs Tagen zwischen dem 7. und dem 12. Januar fielen im Gebiet des südöstlichen Queensland in Australien, wo der Privateer zu Hause ist, 880 mm Regen (36 Inches – ein Durchschnitt von 6 Inches oder 147 mm pro Tag). Das entspricht beinahe dem Vierfachen unseres durchschnittlichen Regenfalls pro Monat und über 60 Prozent unserer durchschnittlichen jährlichen Regenfälle. Viele Gebiete in der Nähe von uns erhielten viel mehr. In einigen von ihnen wurden Gesamtmengen von 100 mm (4 Inches) pro Stunde aufgezeichnet.
Die Folgen führten weltweit zu Schlagzeilen. In Toowoomba und im Lockyer Tal (ungefähr 150 km westlich von Brisbane) richtete eine Wand aus Wasser (Tsunami) Chaos und Verwüstung an und führte zu einem tragischen Verlust an Menschenleben und einem riesigen Schaden an Eigentum und Infrastruktur. Die Geschichte aber, welche die grössten Schlagzeilen machte, war die Überschwemmung von Brisbane (Australiens drittgrösster Stadt) und ihrer Partnerstadt ­Ipswich. Am Abend des 12. Januar drohten die Dämme des Brisbane River stromaufwärts zu überfliessen. Man musste die Dämme öffnen und das Wasser abfliessen lassen, um grösseres Unheil zu verhüten.
Das Resultat war eine Flut, die annähernd (aber nicht ganz) derjenigen entsprach, die Brisbane 1974 widerfahren war. Diesmal war der Schaden aber wesentlich grösser, dies einfach auf Grund des massiven Wachstums der Stadt in den vergangenen 37 Jahren.

«Ein von der Sonne verbranntes Land»? Nicht immer

1904 litt eine in England lebende 19jährige australische Dame der dritten Generation namens Dorothea MacKellar an Heimweh. Sie nahm ihr Notizheft zur Hand und schrieb den bekanntesten und beliebtesten Beitrag über Australien, der je geschrieben wurde. Das Gedicht wurde vier Jahre später 1908 unter dem Titel «Core Of My Heart» publiziert. Es wurde von der australischen Presse schnell aufgegriffen und der Titel in «My Country», Mein Land, geändert. Seit vielen Jahrzehnten aber ist es den Australiern unter «Ich liebe ein von der Sonne verbranntes Land» bekannt.
Alle kennen die Zeilen, mit denen der zweite Vers beginnt:

«Ich liebe ein von der Sonne
verbranntes Land,
ein Land mit unendlichen Ebenen,
mit Ketten zerklüfteter Berge,
mit Dürren und überflutenden Regenfällen.»

Zwei Dinge haben sich in den über hundert Jahren, seit diese Zeilen geschrieben wurden, nicht verändert: Das australische Klima bleibt eine gnadenlose Abfolge von Dürre und Überschwemmung. Und Australier selbst reagieren auf die – oft fatalen – Konsequenzen von beidem mit stets gleich gutem Willen, Mut und Hartnäckigkeit. Sie tun das spontan – unabhängig von Alter oder Position – ohne Aufforderung oder irgendeine Organisation von aussen.
Alles andere hat sich verändert, seit das Gedicht geschrieben wurde. Die überwiegende Mehrheit der Australier lebt heute in Städten. Als Stadtbewohner treffen sie keine Vorkehrungen gegen das Klima, weil man ihnen gesagt hat, sie seien «sicher». Und eine beunruhigende Zahl von Australiern hat die Voraussicht durch die Einstellung «She’ll be right, mate», das heisst, eine Haltung des «Das wird schon gut, mein Freund/keine Sorge, das wird schon klappen» ersetzt. Die Australier stehen diesbezüglich nicht allein, das ist ein weltweites Phänomen.

Zum Hintergrund

Auf das Wesentliche reduziert, liegt das Problem in Australien am Vorhandensein einer zentralen Behörde, die Vorkehrungen für zwei völlig gegensätzliche klimatische Situationen zu treffen hat. Die Entwicklung einer Dürre braucht Zeit – gewöhnlich Jahre. Eine Dürreperiode kann jederzeit durchbrochen werden. Regen, der Überschwemmung bringt, entwickelt sich viel schneller – oft in Stunden –, und auf eine Periode der Dürre folgen fast ausnahmslos solche Regenfällen. Das Sprichwort unter Australiern der älteren Generation, vor allem unter denen, die in Queensland leben, besagt: «Je länger die Dürre, desto grösser die Nässe.»
Um nach der Flut in Brisbane von 1974 sicherzustellen, dass sich so etwas «niemals» wiederholen würde, wurde am Fluss­lauf oberhalb der Stadt, die durch den Fluss in zwei Hälften geteilt wird, ein neuer Damm gebaut. Die Stadt hatte schon einen Damm zum Auffangen des Wassers – den Somerset-Damm. Der neu gebaute Wivenhoe-Damm sollte primär unvermeidliche zukünftige Überschwemmungen entschärfen, mit denen Brisbane konfrontiert würde. Brisbane selbst ist auf einer durch Überschwemmungen entstandenen Ebene gebaut.
Während des letzten Jahrzehnts hatte das südöstliche Queensland nicht an unterdurchschnittlichen Regenfällen zu leiden, das Einzugsgebiet der zwei Dämme dagegen schon. Um 2007 war der Wasserstand in beiden auf einem Rekordtief. Zu jener Zeit war die Erwartung einer Überschwemmung natürlich das letzte, woran die meisten politischen Kontrolleure des durch die beiden Dämme verfügbaren Wasservorrats dachten. Es war nicht zu vermeiden, dass die beiden Dämme hauptsächlich in ihrer Funktion als Wasserreservoir und nicht zur Schadensminderung bei Überschwemmungen gesehen wurden. Der Wivenhoe-Damm erhielt per Dekret zwei offizielle Niveaus. Er hatte ein 100-Prozent-Niveau als Wasserreservoir und darüber hinaus weitere 100 Prozent Kapazität zum Zweck der Schadensminimierung bei Überschwemmungen. Das Niveau des Damms erreichte das erste 100-Prozent-Niveau bereits im März 2010.
Jedermann wusste, dass die Stürme, die im Januar 2011 eintrafen, kommen würden. Der Bürgermeister von Brisbane hatte seit Monaten gewarnt, dass eine weitere Flut sehr wahrscheinlich sei. Viele kleine Städte im Norden und Westen von Brisbane waren schon überflutet, einige von ihnen mehr als einmal. Aber während das Wasserniveau im Wivenhoe-Damm bis zum Limit anstieg, zögerten die Behörden, Wasser abzulassen, und taten dies zu langsam. Als sie Wasser abfliessen lassen mussten, um den Damm vor einer Überflutung zu schützen, war es zu spät.
Da man während Jahren unter Wassermangel gelitten hatte, war ihnen die Einsicht zuwider, und sie versuchten, zu viel Wasser zu speichern. Die Aufgabenstellung, die Bevölkerung durch die gleichen zentralisierten Instrumente vor zwei gegensätzlichen Bedrohungen «schützen» zu wollen, erwies sich als unlösbar. Man hat uns nicht genau gesagt, was geschehen wäre, wenn man sich strikt an die Funktion der Begrenzung von Hochwasserschäden gehalten hätte, für die der Wivenhoe-Damm ursprünglich gebaut worden war. Was wir wissen, ist, dass eine Reduktion des Wasserstandes von nur 1 Meter einen gewaltigen Unterschied ausgemacht hätte und dass 2 Meter aus einer Katastrophe eine blosse Unannehmlichkeit gemacht hätten.

Die einzige Lösung – weltweit – ist dezentralisieren

Die grösste Flut, die das Gebiet von Brisbane je überflutetete, ereignete sich 1890. Der Wasserstand des Flusses erreichte eine Höhe, die fast doppelt so hoch war wie der Höchststand der Flut vom Januar 2011. Damals existierte eine rudimentäre Zentralbehörde, und es gab keine zentralisierte Vorsorge für Wasservorrat oder Hochwasserminderung. Entweder wurden in bekannten überschwemmungsgefährdeten Gebieten keine Häuser gebaut, wurde doch dort gebaut, baute man über Grund. Wasser wurde in Tanks und in individuellen Einzugsgebieten auf privatem Grund gespeichert.
Heute (und das schon seit Jahrzehnten) ist fast die ganze Wasserspeicherung für die gröss­ten Bevölkerungszentren Australiens zentralisiert und wird von der Regierung bewirtschaftet. In Brisbane fällt jährlich mehr als genug Regen für jeden Bedarf, aber fast alles fliesst in die Abwasserkanäle und in den Pazifischen Ozean. Bis vor ganz kurzem wurde von jeder Aktion zur Bevorratung von Wasser auf individueller Ebene abgeraten. In vielen Vororten von Brisbane hat fast jedes Haus einen Swimmingpool. Nur wenige besitzen einen Wassertank, und diejenigen, die einen haben, warnt man vor den «Gefahren, das Zeug tatsächlich zu trinken». Sogar von neuen Reservoiren oder Dämmen zur Hochwasserminderung wird abgeraten. Statt dessen hat die australische Regierung riesige Entsalzungsanlagen eingerichtet, um das Wasser, das ursprünglich vom Himmel fiel und von den Strassen in den Ozean gespült wurde, unter grossen Kosten zurückzugewinnen.
Wie in so vielen wichtigen Gebieten des modernen Lebens liegt die Lösung darin, die «Verantwortung» von der Regierung wegzunehmen. Hätte die Bevölkerung von Brisbane ihr eigenes Wasser gespeichert, hätten die Dämme nicht so voll sein müssen.

Vorschriften werden erlassen, um sie zu verletzen

Aber nicht von jedem! Genau eine Woche, nachdem die Flut Brisbane traf, hat der Premierminister des Staates Queensland angekündigt, seine Regierung sei (mit Zustimmung der Bundesregierung in Canberra) dabei, eine neue Behörde aufzubauen.
Dieses Staatsorgan, bekannt als Queensland Reconstruction Authority (Queensland Wiederaufbaubehörde), wird durch ein vom Parlament verabschiedetes Gesetz begründet. Gemäss der Lokalzeitung von Brisbane, der «Courier Mail», wird die neue Behörde «mit dem Geschäft beauftragt, den Staat zu sanieren». Dazu wird diese Behörde berechtigt, «den bürokratischen Dienstweg zu umgehen».
Erstaunlich gleichzeitig, wenn auch unbeabsichtigt, veröffentlichte Yahoo ungefähr eine Stunde vor dieser Geschichte einen Bericht darüber, dass Präsident Obama am 18. Januar eine präsidiale Verfügung unterzeichnete: Sie legte die Bedingungen fest «für eine Überprüfung der staatlichen Verordnungen, um sicherzustellen, dass das wirtschaftliche Wachstum nicht durch eine Unzahl von Regeln erstickt wird».
In Australien braucht es dazu ein Gesetz, von denen das Parlament jeden Tag Dutzende schafft. In den USA ist die Prozedur noch einfacher. Alles was es braucht, ist ein vom Präsidenten unterzeichnetes Dekret. Sieht man von dem Offensichtlichen ab – in beiden Fällen handelt es sich um das erbärmliche Eingeständnis, dass bürokratische Regeln und Formalismus nur zusätzlichen Ballast für wirkliches ökonomisches Wachstum jeder Art bedeuten, besonders im Fall des Wiederaufbaus nach einer Katastrophe –, ist zu beachten, was diese zwei neuen Gesetze eigentlich enthüllen: «Unsere Vorschriften werden gemacht, um verletzt zu werden. Aber nur von uns – nicht von euch!».
Heutzutage (in Wirklichkeit schon lange) ist dies die reflexartige Reaktion von Regierungen, wann immer sie mit einem Problem welcher Art auch immer konfrontiert sind. Nie heben sie Gesetze auf oder ändern die Art der Gesetze, die sie verabschiedet haben. Sie setzen einfach auf die bereits bestehenden noch ein weiteres Gesetz obendrauf. Sie haben keine Wahl. Das Problem ist, dass sie sich auf ihre Bürokratien verlassen, wenn es um die Durchsetzung der Gesetze geht, die sie auf ihrer Liste haben. Bürokratien können nur auf der Basis von Regeln und Bestimmungen arbeiten. In einer Bürokratie ist auf Grund des Wesens ihrer Tätigkeit kein Raum für Initiative oder Unabhängigkeit. Alles muss «nach Vorschrift» getan werden.
Das ist der Preis, den die Bürger jeder Nation bezahlen müssen, in der man von der Regierung erwartet, die Wirtschaft zu führen. Eine Regierung, die das tut, muss zentralisiert sein und ihren Möglichkeiten zur Behinderung freiwilliger Tätigkeiten – die das Wesen einer Marktwirtschaft ausmachen – dürfen nur wenige oder gar keine Hindernisse im Wege stehen. Wenn Gesetzgeber (Politiker) ein Gesetz verabschieden, verkaufen sie es mit der Begründung des Nutzens für die Bevölkerung. Ist das Gesetz verabschiedet worden, muss es «vollzogen» werden. Dies kann nur von einer Bürokratie getan werden. Und ist die Bürokratie einmal aufgebaut, besteht der einzige Weg, um ihre Grösse und Reichweite zu reduzieren, darin, das Gewicht der Regierung selbst von den Schultern der Bevölkerung wegzunehmen. Wie die Ereignisse in Australien, den USA und fast überall jeden Tag zeigen, will die Bevölkerung – oder zumindest eine grosser und lautstarker Teil von ihnen – dies nicht. Es macht ihnen nichts aus, sich über die Bürokraten zu beklagen. Aber sie wollen die Dienste der Regierung, die die Bürokraten zur Verfügung stellen. Oder sie denken zumindest, dass sie sie wollen.

«Ohne das Handeln der Regierungen wäre alles viel schlimmer!»

Das war der Schlachtruf von Politikern und Bürokraten seit Beginn der modernen Ära der Regierungsintervention in den 30er Jahren, sobald sich eine natürliche oder von Menschen gemachte Katastrophe als Ergebnis ihrer vorherigen Handlungen ereignete. Das reicht von Präsident Roosevelts «Das einzige, was wir zu fürchten haben, ist die Furcht selbst!» in den frühen 30er Jahren bis zu Präsident Obamas «Yes we can!» während der Wahlkampagne von 2008. In Zeiten des Aufschwungs rechnet sich dies die Regierung als Verdienst an. In Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs – die so unaufhaltsam folgen wie die Flut der Dürre oder umgekehrt – verdoppelt die Regierung ihre Anstrengungen, um ihren Weg zum Aufschwung zurückzuregeln.
Die Ausrede dafür war überall auf der Welt mit unablässiger Vehemenz zu hören, seit die globale Wirtschaft Ende 2007 «danebenging». All die Anreizpakete und Rettungsaktionen wurden für absolut notwendig erachtet. Alle wirtschaftlichen Hiobsbotschaften wurden mit der Behauptung gedämpft, ohne die Steigerung der Intervention der Regierung auf ein noch nie dagewesenes Ausmass – «wäre alles viel schlimmer!».
Allerdings sind die Dinge – für die meisten Leute nicht sichtbar – tatsächlich «viel schlimmer». Wirtschaftlicher und finanzieller Interventionismus haben nie dagewesene Ausmasse erreicht. Das Problem ist, dass die Resultate von blossem Auge nicht sichtbar sind.

Sehen und nicht glauben

Seit dem Ende des südlichen Winters im August/September 2010 wurde die Bevölkerung von Queensland mit Vorhersagen unterhalten, wonach der kommende Sommer sehr nass sein würde. Seit Anfang November hatte die Bevölkerung von Brisbane die Nachrichten von Überschwemmungen in den meisten Städten nördlich und westlich von ihnen verfolgt. Im Dezember erlebten sie die höchste monatliche Niederschlagsrate, soweit sich die Ältesten unter ihnen erinnern können. Und schliesslich überstieg die gesamte Regenmenge in der Woche vor der Flut am 12. Januar die Menge vom Dezember gewaltig. Sollen wir einfach sagen, dass ein Hochwasser «wahrscheinlich» war?
All diese Ereignisse waren entweder direkt zu beobachten oder in den Fernsehnachrichten zu sehen oder beides. Das gängigste Wort zur Beschreibung des Gesehenen in Hunderten und Tausenden von Interviews, welche die Medien mit den «gewöhnlichen» Menschen geführt hatten, war «unglaublich». Niemand musste es «glauben» – man konnte es mit eigenen Augen sehen. Und man tat es. Doch über allem war die Versicherung durch fast jedermann in der Regierung, dass die Bevölkerung «sicher» und alles «unter Kontrolle» sei.
Als man nach sechs Tagen sintflutartigen Regens ankündigte, dass die Brisbane-Ipswich-Flut käme, war die Reaktion völlig typisch. In beiden Städten gab es sofort ein Verkehrschaos, da die Menschen von der Arbeit nach Hause flüchteten, um «etwas zu tun». Panikkäufe leerten die Supermärkte in jenen Gebieten, die am meisten betroffen sein würden. Die Menschen verschoben ihren Besitz verzweifelt in den zweiten Stock oder sogar auf die Dächer.
Nach der Überschwemmung (wenigstens dieser – laut Voraussagen soll es noch viel mehr Regen geben) folgten zwei hauptsächliche Reaktionen. Das eine war die spontane Aktion von Tausenden von Menschen. Ohne irgendeine Anleitung oder «Aufsicht» begannen sie, das Chaos aufzuräumen. War ihr eigenes Grundstück nicht direkt betroffen, wandten sie sich betroffenen Gebieten zu und packten an. Man hatte sie nicht danach gefragt, und in vielen, wenn nicht den meisten Fällen kannten sie die Leute, denen sie halfen, nicht. Sie machten sich einfach an die Arbeit.
Aber während all dies geschah, erfolgte ein noch grösserer Auszug in die überfluteten Gebiete durch Leute, die man höflich als Schaulustige bezeichnet. Kaum hatten die Behörden die Strassen wieder geöffnet, waren sie völlig verstopft durch Autos voller Leute, die gekommen waren, «um selbst zu sehen». Fast einstimmig wiederholten diese Leute den Ausruf: «Unglaublich!»

«Wir können nie wissen»

Die umfangreiche Medienberichterstattung über diese Ereignisse war wenig interessant und sehr vorhersehbar. Weit interessanter war der öffentliche Kommentar zu den Ereignissen in den auch online verfügbaren Printmedien. Viele suchten nach jemandem, dem sie die Schuld zuschreiben könnten. Dabei lag natürlich das Hauptaugenmerk auf der Regierung und der Bürokratie. Es gibt einige, die darauf hinweisen, dass das Resultat angesichts der bestehenden Wassermanagement-Praktiken von vorneherein feststand. Sie weisen weiter daraufhin, dass diese Praktiken von allen miteinander im Widerstreit liegenden Parteien in der Regierung und von der Mehrheit des Volkes gebilligt wurden.
Dann gibt es die Leute, die es missbilligen, die «Politik» in eine Diskussion über Naturkatastrophen einzubringen, und die weiter argumentieren, dass niemand wissen könne, was geschehen wäre, wenn man im Vorfeld der Flut anders gehandelt hätte. Warum? Weil man nicht anders gehandelt hat.
Auch wenn Ihnen dies nicht vertraut klingt – es müsste eigentlich. Wie viele Male haben wir von den Apologeten der Rettungspakete für das globale Finanzsystems gehört, wir könnten nicht wissen, wie eine andere Methode, das Problem anzugehen, funktioniert hätte, weil wir keine andere versucht haben? Es sind natürlich dieselben Leute, die daran festhalten, dass ohne Eingreifen der Regierung und der Zentralbanken alles viel schlimmer wäre.
Wenn wir «nicht wissen können», ob ein Damm zur Hochwasserminderung funktioniert hätte, wenn er zu diesem Zweck gebraucht worden wäre, warum wurde der Damm dann gebaut? Wenn wir nicht wissen können, ob eine bestimmte Handlung zu einem bestimmten Resultat führt, haben wir keine Grundlage, um irgend etwas zu tun. Wenn wir auf der Basis lange bewährter Technik und wissenschaftlichen Prinzipien nicht wissen können, woher wollen wir etwas «wissen» über etwas so Esoterisches wie Wirtschaft?

Glaube nicht an Prinzen oder deren «Experten»

Am Ende seines grossen Werkes über Wirtschaft – «Human Action: A Treatise in Economics» – äussert sich Ludwig von Mises folgendermassen:

«Wer es versäumt, alle beteiligten Probleme (auch die zwangsläufige Interaktion zwischen Politik und Wirtschaft) nach bestem Können zu untersuchen, überlässt sein angeborenes Recht freiwillig einer selbsternannten Elite von Supermännern. In solch lebenswichtigen Fragen sind solch blindes Vertrauen auf «Experten» und unkritische Akzeptanz bekannter Schlagwörter und Vorurteile gleichbedeutend mit der Aufgabe der Selbstbestimmung und dem Zulassen der Beherrschung durch andere Menschen. So wie die Verhältnisse heute liegen, kann es für jeden intelligenten Menschen nichts Wichtigeres geben als Volkswirtschaftslehre. Wirtschaftslehre befasst sich mit den fundamentalen Problemen der Gesellschaft; sie betrifft jeden und gehört allen. Es ist das hauptsächliche und eigentliche Studium jedes Bürgers.»

Im Kontext des Hochwassers von Brisbane gibt es nun einen unvermeidlichen Schwall neuer Geschichten und «durchgesickerter» Informationen über das Management der eingesetzten Hochwasserminderungssysteme, um der Flut vorzubeugen oder sie zu mindern. Die Antworten folgten hier drei Linien. Die Minderheit hat einfach festgestellt, dass das Ausmass des Wolkenbruchs nicht hatte vorausgesehen werden können und dass nichts getan werden kann, wenn die Natur die Ereignisse so schwerwiegend beeinflusst.
Dies ist wie gesagt zum Glück die Sicht einer Minderheit. Die Mehrheit der Reaktionen ist in zwei Gruppen gespalten. Laut der einen können wir nicht wissen oder nicht einmal darüber nachdenken, was geschah, bevor die «Experten» uns das sagen. Die andere fragt sich, was denn – da ja jedermann wusste, dass der Regen kommen würde – «die Zuständigen» taten, um sich darauf vorzubereiten?
Sich der Natur auszuliefern ist keine Option für das Überleben jeden Lebewesens, schon gar nicht für menschliche Wesen. Dennoch befürworten das noch immer eine wachsende Zahl von Leuten. Sich Experten zu überlassen ist noch schwieriger zu überwinden. In Wirklichkeit ist es in vielen, wenn nicht den meisten Fällen, sehr gefährlich. Wir leben in einer sehr spezialisierten Gesellschaft. Wir allein können nicht einmal den winzigsten Anteil der Fähigkeiten zur Verfügung stellen, die zur Herstellung von Gütern und Dienstleistungen notwendig sind, auf die wir uns in unserer täglichen Existenz verlassen. Das Problem ist, dass ein gewaltiger Unterschied besteht zwischen «Experten», die darauf angewiesen sind, dass wir freiwillig eine Bezahlung für ihre Dienstleistungen akzeptieren, und «Experten» die von der Regierung dazu ermächtigt werden, uns zu regieren und uns Vorschriften zu machen.

Der Test jedes «Experten»

Das obige Zitat stammt vom herausragendsten Experten ökonomischer Theorie, der je lebte. Ludwig von Mises war ein grosser Denker. Ihn zu lesen ist ein Privileg, einfach weil es uns Gelegenheit gibt, einen Mann dabei zu erleben, wie er mit vernünftigem Denken zum Wesentlichen dessen gelangt, was er mit ungeheurer Präzision und Vollständigkeit der Dinge darlegt. Doch derselbe Mann hat den grössten Teil seines Lebens damit verbracht, vor dem blinden Vertrauen auf Experten zu warnen. Ludwig von Mises verliess sich nie auf blindes Vertrauen. Er verliess sich auf seine eigenen, fast unvergleichlichen Fähigkeiten, durch vernünftiges Denken zu Schlussfolgerungen zu kommen, und auf die Fähigkeit und den Willen seiner Leser, seinen Gedankengängen zu folgen. Das ist die beste Art zu lehren – und zu lernen.

Wenn «Experten» Fehler machen

Im vorliegenden Fall von Australien war das Ergebnis eine verheerende Überschwemmung. Sie bietet zudem unvermeidlichen Anschauungsunterricht, weil die Folgen in der realen Welt zu sehen sind. Finanzielle, monetäre und wirtschaftliche Ereignisse funktionieren nicht so. Die Natur hat keinen Anteil an ihnen, sie sind gänzlich von Menschen verursacht. Die physische Welt änderte sich nicht während der Zusammenbrüche von 1929 oder 1987. Der Himmel stürzte nicht ein, und auch die Sterne änderten ihre Umlaufbahn nicht während der Kreditsperre Ende 2008. Die Natur warnte nicht im voraus, und die Folgen riefen keine Veränderungen in der physischen Umgebung hervor.
Die einzigen Menschen, die solche Ereignisse voraussahen und voraussehen können, sind diejenigen, die nicht «versäumen, alle beteiligten Probleme nach bestem Können zu untersuchen». Die Kräfte, die bei ihren Versuchen, ein grundlegend fehlerhaftes finanzielles und politisches System zu erhalten, Amok gelaufen sind, sind genausowenig «unbeeinflussbar», wie die physischen Kräfte, die Brisbane überschwemmten. Der Unterschied ist, dass sie nicht gesehen werden können, sie müssen durchdacht werden.    •

Quelle: The Privateer, 2011 Volume, Late January Issue – Number 670, S. 1–5. (Übersetzung Zeit-Fragen)

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