Neue Rolle Deutschlands als Militärmacht in der Welt?

Neue Rolle Deutschlands als Militärmacht in der Welt?

Dann gibt es nur eins! Sag Nein!

von Dr. Rudolf Hänsel, Lindau am Bodensee

In seiner Eröffnungsrede beim privaten «Klassentreffen westlicher Sicherheitspolitiker», der sogenannten Münchner Sicherheitskonferenz am 3. Februar 2012 räsonierte der deutsche Verteidigungsminister Thomas de Maizière euphorisch über Deutschlands neue Verantwortung und militärische Rolle in der Welt im Rahmen der internationalen ­Sicherheitsarchitektur. Von der «Militärmacht Deutschland» war die Rede, von «Smart Defense» und davon, dass Deutschland «wieder stärker führen» und zu Europas Streitkräften einen «grossen Beitrag leisten» und, wo nötig, auch «vorangehen» soll.

Als Deutscher, der unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg – obwohl eigentlich ein unschuldig «Nachgeborener» – in dem bedrückend dumpfen Gefühl aufwuchs, einem Volk von furchtbaren Verbrechern anzugehören, die Tod, Verderben und Verwüstung über die Welt brachten, und der weder in der Familie noch in der Schule über diese Kindheits-Hypothek sprechen und Aufklärung und Erleichterung erfahren durfte, bin ich über diese unverhohlen vorgetragenen Militärmacht-Phantasien, diese Kriegsrhetorik und Anbiederung an die Nato-Führungsmacht entsetzt und empört.

Waren es nach dem Krieg die unvergess­lichen Werke und «literarischen Aufschreie» von Kriegsheimkehrern wie «Draussen vor der Tür» und «Dann gibt es nur eins!» von Wolfgang Borchert oder «Krieg dem Kriege» von Ernst Friedrich oder «Der Weg zurück» von Erich Maria Remarque oder auch «Ende einer Dienstfahrt» von Heinrich Böll und viele andere mehr, die wir als Jugendliche verschlungen haben und die die Hoffnung in uns aufkeimen liessen, dass das, was passiert ist, nie wieder passieren wird: «Nie wieder Krieg!», «Nie wieder Aufrüstung Deutschlands!»? Unsere nagenden Schuldgefühle wurden durch diese aufwühlende Nachkriegsliteratur etwas gelindert.

Die Väter des deutschen Grundgesetzes haben mit ihren Überlegungen und Gesetzestexten nach dieser Weltkatastrophe ein Übriges getan, uns Nachkriegskinder in der Hoffnung zu wiegen, dass Kriege in Zukunft obsolet seien, der Vergangenheit angehören und dass wir Deutschen durch dieses «Versprechen» mit der Zeit wieder in die zivilisierte Weltgemeinschaft aufgenommen würden. Ebenso hat die Gründung der Vereinten Nationen mit dem Ziel, den Weltfrieden zu sichern, das Völkerrecht einzuhalten, die Allgemeinen Grundsätze der Menschenrechte zu schützen und die internationale Zusammenarbeit zu fördern, die Hoffnung auf Frieden in der Welt genährt.

Einige Jahrzehnte haben wir jungen Deutschen jeweils mit Erleichterung und einem gewissen Stolz registriert, dass sich Deutschland trotz Wiederaufrüstung und aufkommender Grossmachtphantasien einiger Politiker nicht in die Kriege der angloamerikanischen Grossmächte hineinziehen liess, sondern auf Grund der bitteren Erfahrungen eine andere Rolle einzunehmen versuchte. Der grosse Tabu-Bruch kam dann mit dem verwerflichen Überfall auf Jugoslawien 1999. Mit dreisten Lügen und Orwellschem Neusprech wie «Nie wieder Auschwitz!» oder «Humanitäre Intervention» haben grüne und sozialdemokratische Kriegstreiber als Befehlsempfänger des Imperiums einen grossen Teil der deutschen Bevölkerung hinters Licht geführt und dazu gebracht zu überlegen, ob man vielleicht in diesem einen speziellen Fall von der Forderung des deutschen Grundgesetzes, dass von deutschem Boden nie wieder Krieg ausgehen darf, abweichen sollte, um einen «zweiten Hitler» und ein «zweites Auschwitz» zu verhindern. Aus diesem ersten Tabubruch einer deutschen Beteiligung an einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg wurden im Verlauf des letzten Jahrzehnts Beteiligungen und Mittäterschaft an weiteren Kriegen in Afghanistan und im Irak, verdeckte militärischen Operationen weltweit sowie die enorme Aufrüstung der Krieg-führenden Länder mit deutschen Kriegswaffen.

Die auf der Münchner Sicherheitskonferenz oder «Kriegsplanungskonferenz» zu Protokoll gegebenen Militärmachts-Phantasien und Aufrüstungsangebote des deutschen Verteidigungsministers waren wohl als Ergebenheitsadresse an die teilnehmenden Vertreter des Imperiums gedacht und werden von diesen sicherlich mit Genugtuung aufgenommen worden sein.

Im Namen des deutschen Volkes hat der beauftragte Vertreter des deutschen Volkes, Thomas de Maizière, jedenfalls nicht gesprochen. Weder im Namen der jüngeren Generation (siehe Probleme mit der Rekrutierung von Soldaten) und schon gar nicht im Namen der älteren Generation, die den Krieg und Wiederaufbau aus Ruinen noch aus eigener Erfahrung in bester Erinnerung hat.

Für das deutsche Volk gibt es dann nur eins! Sag Nein!   

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