Hilfe, die von Herz zu Herz geht

Hilfe, die von Herz zu Herz geht

Wirken der Schweizer Hilfsorganisation «Good Hearts Organisation» im Slum von Nairobi

thk./ak. Wer als Geschichtslehrer seinen Unterricht zeitgemäss und aktuell gestalten möchte, sollte immer wieder versuchen, Historisches mit Aktuellem zu verbinden. Das schult das geschichtliche Denken und fördert das Verständnis für die heutigen Vorgänge. Der Unterricht gewinnt dadurch an Attraktivität, gleichzeitig wird die Geschichte für die Schüler lebendig und greifbar. Natürlich kann man nicht bei jedem Thema die reale Welt ins Klassenzimmer holen, aber wenn es punktuell möglich ist, bleibt das für die Lernenden ein unvergessliches Erlebnis.
Die Kolonialisierung und die damit verbundenen unsäglichen Greueltaten, die die Kolonialländer wie Grossbritannien, Frankreich, Belgien, Italien, Deutschland, USA usw. an den unterworfenen Völkern begangen haben, sind für Schüler und Studenten oft niederschmetternd und bedrückend. Wenn es im Unterricht nur bei einer Darstellung der Verstösse gegen die Menschlichkeit bleibt, besteht Gefahr, dass die Schüler das Klassenzimmer mit einem Gefühl der Ohnmacht und der Hilf­losigkeit verlassen. Trotz aller Widerwärtigkeiten, die von Menschen begangen werden, gibt es aber auch immer die andere Seite im Menschen, eben das Menschliche. Und diese Mitmenschlichkeit gilt es, bei allen Menschen zu wecken und zur Entfaltung zu bringen.

Trotz unsäglichem Unrecht einen Ausblick vermitteln

Was der weisse Mann den Kolonialvölkern angetan hat und trotz offiziell abgeschlossener Entkolonialisierung immer noch antut, ist heute wie gestern historische Realität und lässt sich nicht ungeschehen machen, unabhängig davon, wie man es dreht und wendet. Für viele Schüler stellt sich die Frage, was man dagegen tun kann. Denn wenn die jungen Menschen direkt mit dem Unrecht konfrontiert sind, meldet sich ein natürlicher Abwehrreflex. Es will doch keiner, dass Menschen ausgebeutet und schlecht behandelt werden. In dieser Situation ist man als Pädagoge und Historiker gefordert, den uns Anvertrauten einen konstruktiven Ausblick zu vermitteln.
All diese Überlegungen standen hinter dem Entscheid, den Mitarbeiter einer Hilfsorganisation in meinen Geschichtsunterricht einzuladen. Der Schweizer Alex Weigel ist Gründer der Hilfsorganisation «Good Hearts Organisation», und er berichtete, wie er dazu gekommen ist, Hütte an Hütte mit den Ärmsten der Armen zu leben, und wie sich die Situation in Nairobi für die Menschen darstellt. Nach zwei Stunden beendete die Schulglocke zum Bedauern aller Anwesenden die spannende Geschichtslektion.

«Good Hearts Organisation» in Schweizer humanitärer Tradition

Alex Weigel ist der Gründer und die gute Seele der Hilfsorganisation «Good Hearts Organisation»; der Name ist Programm, denn Weigels Meinung nach hat die Hilfe nur Erfolg, wenn sie von Mensch zu Mensch, von Herz zu Herz geht. Mit seiner Hilfsorganisation steht er in der humanitären Tradition der Schweiz, und sein Beispiel zeigt, was ein einzelner, wenn er den Entschluss dazu gefasst hat, bewirken kann. Und dass er etwas bewirkt, steht ausser Zweifel.
Eine Reise mit seiner Tochter nach Kenia und der Besuch in Kibera, dem grössten Slum von Nairobi, hat ihn so tief beeindruckt, dass er sich entschlossen hat, sein ganzes Leben umzukrempeln: «Vor etwa drei Jahren», so Alex Weigel, «war ich mit meiner Tochter in Kibera, und was ich da gesehen habe, hat mich so nachhaltig berührt, dass ich nicht mehr anders konnte, als mich für die Menschen dort einzusetzen.» So entschloss er sich, seine Zelte in der Schweiz abzubrechen und nach Nairobi zu ziehen. Dort sieht er täglich mit eigenen Augen das Elend, in dem Zehntausende von Menschen leben, ohne die geringste Hoffnung, jemals aus dem Teufelskreis ausbrechen zu können. «Es war mir klar, dass ich nur wenigen Menschen im Verhältnis zu der riesigen Bevölkerungszahl – wie viele es sind, weiss niemand so genau – helfen kann. Aber jedem, dem ich helfen kann, geht es ein bisschen besser, und dafür hat es sich gelohnt.»

Für 1000 Menschen gibt es nur eine Toilette

Die Bilder, die Alex Weigel während seines Vortrags zeigt, bestätigen den Eindruck, den er bei seinen Ausführungen vermittelt, und berühren die Anwesenden sehr. «Auch wenn ich im Slum wohne, habe ich im Gegensatz zur Mehrheit der Menschen hier ein Haus aus Stein. Viele leben in Lehmhütten ohne fliessendes Wasser und ohne sanitäre Anlagen. In einem 3 auf 3 Meter grossen Zimmer müssen meist sechs bis acht Menschen miteinander auskommen. Eine Kanalisation gibt es nicht, und in der Regenzeit schwemmt das Wasser Dreck und Fäkalien in die Hütten der Menschen und durchnässt alles.» Für 1000 Menschen gibt es nur eine Toilette – unvorstellbar.
Im Gespräch mit Bewohnern des Slums erfuhr Alex Weigel, welche Hilfe am dringendsten benötigt wird: medizinische Versorgung und Schulbildung. Er zögert nicht, bereits im Januar 2009, ein halbes Jahr nach seinem ersten Besuch in Kibera, startet die neu gegründete Schule mit einer Schülerin in einem bescheidenen Lehmhüttchen. Die «Kid Star Academy» wächst in Windeseile, und nach zwei Jahren sind es bereits über 70 Schüler im Alter zwischen 3 bis 8 Jahren und 6 Betreuer; aus der Lehmschule wurde ein Wellblech-Gebäude. Schule bedeutet für die Kinder leben. Viele der Kinder haben kaum einmal am Tag zu essen; wenn sie die Schule besuchen, erhalten sie zwei Mahlzeiten und können dort auch medizinisch betreut werden. Eine Ärztin, die im Reichenviertel von Nairobi praktiziert hat, arbeitet jetzt im Slum und versucht ein kleines bisschen, die Not der Menschen zu lindern.

Leuchtende Kinderaugen als Lohn

Die Kinder kommen gerne in die Schule, die strahlenden Augen auf den Bildern verraten es. Sie wollen lernen und schaffen sich so die Möglichkeit, vielleicht später einmal dem Elend entfliehen zu können. In die Schule zu gehen bedeutet aber auch für ein paar Stunden, der Enge und der Bedrückung zu Hause zu entfliehen und etwas Sinnvolles zu tun. Die Kinder sind unendlich dankbar und suchen, wie Weigel erzählt, auch gerne die Nähe zu den Betreuern.
Da die Zahl der Schüler ständig wächst, plant Alex Weigel, ein neues, grösseres Schulgebäude zu bauen. Das Grundstück hat er bereits bekommen, jetzt braucht es Geld, um das Schulhaus zu errichten. Da die Hilfsorganisation nur mit Spendengeldern finanziert wird, hofft Weigel, durch solche Vorträge auch ein bisschen Geld sammeln zu können. So kommt er regelmässig in die Schweiz, um Unterstützer für sein humanitäres Projekt zu finden. Sehr gerne berichtet und diskutiert er in Schulklassen oder in anderem Rahmen über seine Tätigkeit.
Noch weitere Projekte hat er im Hinterkopf. Eine Krankenstation für all die Menschen, die hier in miserablen Bedingungen leben müssen, ist sein grosser Traum. Alles, was er bisher angepackt hat, hat er trotz widrigster Umstände realisieren können. Seine innere Überzeugung und sein Mitgefühl für die Menschen helfen ihm, auch Rückschläge zu überwinden. Die Augen der Kinder, die mit der Zeit immer leuchtender werden, sind sein grösster Lohn.
Die Zuhörer waren sichtlich bewegt. Das Elend, in dem die Menschen leben müssen, und das Herz eines Menschen, das sich mit diesen Menschen verbindet, sprechen die jungen Erwachsenen an und lassen die eigenen Sorgen in einer realistischen Dimension erscheinen. Die aktuelle Lage im Slum von Nairobi, das Wissen um die historischen Wurzeln dieses Elends und dass der Westen weiter daran ist, die Rohstoffe Afrikas zu seinem Vorteil auf Kosten der geschundenen einheimischen Bevölkerung auszubeuten, sind wichtig für das Verständnis der Lage in vielen Ländern Afrikas.
Alex Weigel ist ein Mensch, der die Konsequenzen gezogen hat, einen menschlichen Beitrag leistet und sich mit Haut und Haar den Kindern im Slum verschrieben hat. Die Kinder werden ihm ein Leben lang dafür dankbar sein.•

Spendenkonto: IBAN CH 34 8147 4000 0085 5476 6
<link http: www.goodhearts.ch>www.goodhearts.ch

«Good Hearts Organisation»

ak. Das Hilfswerk wurde als Verein im Frühjahr 2009 von Alex Weigel, der als ehemaliger Mitarbeiter von «World Vision» einige Erfahrungen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit sammeln konnte, und einigen Freunden und Bekannten gegründet. Das Hauptanliegen besteht in der Hilfe und im Schutz für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit dem Ziel, nachhaltige Verbesserungen für Individuen und die Gesellschaft zu erreichen.
Dadurch, dass der Projektleiter Alex Weigel vor Ort in Nairobi lebt, ist garantiert, dass sämtliche finanziellen Zuwendungen direkt den betroffenen Menschen zugute kommen und nicht im Sumpf der Korruption versickern. Es besteht ein guter Kontakt zu Jacques Pitteloud, dem Schweizer Botschafter in Nairobi, der in einem Interview über das Hilfswerk sagte:
«Das erreicht die richtigen Menschen [ ... ] und geht nicht in teure Organisationen ein [...]; dafür bin ich extrem dankbar, und ich freue mich, irgendwann eine Delegation aus den Mitgliedern des Vereins in Nairobi empfangen zu dürfen.»
Seit 2011 beteiligt sich die «Good Hearts Organisation» in Nairobi als Verteilzentrum für Nahrungsmittelhilfe im Rahmen des «World Food Programs» der Uno.

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