Alpen im Toggenburg

Alpen im Toggenburg

ds. «Der moderne Mensch ist ein Pendler zwischen Arbeit und Freizeit – der Toggenburger Älpler ein Pendler zwischen Arbeit und Arbeit», schreibt Markus Hobi, der Präsident der Alpwirtschaftskommission des St. Galler Bauernverbands im Vorwort zum Bildband «Alpen im Toggenburg». Viele Bauern im Toggenburg sind auch Älpler, sie pendeln zwischen der Arbeit auf dem Heimbetrieb im Tal und der Arbeit auf der Alp. Die Alpen waren schon früh eine wirtschaftlich lohnende Ergänzung zum Heimbetrieb, und sie sind noch heute ein wesentlicher Teil der Existenzgrundlage der Toggenburger Bauernfamilien. Die Sömmerung der Tiere ist für kleine Landwirtschaftbetriebe überlebenswichtig. Das Gras, das die Tiere im Sommer auf den Alpen fressen, kann der Heimbetrieb sparen und zu Heu für die Winterfütterung verarbeiten. Gleichzeitig erstarken die Jungtiere in ihrem ganzen Knochenbau und Gesamtwachstum.
Vorherrschend ist die Milchwirtschaft. Inzwischen sieht man auch immer mehr Mutterkühe zur Fleischproduktion auf den Weiden. Aber auch das Kleinvieh, das Alplamm, Alpschwein und die Toggenburger Ziege sind fester Bestandteil der Toggenburger Alpwirtschaft.
Vor etwa 50 Millionen Jahren bedeckte ein Meer das Gebiet des heutigen Toggenburgs. Die gewaltigen Ablagerungen, die es zurückliess, wurden zusammengepresst und durch den Druck der Alpen mehrfach zerbrochen und übereinandergeschoben, bis schliess­lich die Gletscher das Thur- und Neckertal, die beiden Haupttäler des Toggenburgs, ausformten. Das Toggenburg erstreckt sich in den beiden Flusstälern von Thur und Necker von Wildhaus im Süden bis Schwarzenbach bei Wil im Norden. Es wird überragt vom Alpsteinmassiv mit dem 2502 Meter hohen Säntis und der Gebirgskette der Churfirsten. Für die Besiedlung sind bäuerliche Streusiedlungen typisch.
Landschaft und Arbeit haben einen eigenständigen, selbstbewussten Menschen geschaffen, der gerne sein eigener Herr ist.

Entstehung der Alpgenossenschaften

Das erste Kapitel befasst sich mit der Geschichte und den Eigentumsverhältnissen. Es verfolgt den Weg der Toggenburger Alp­wirtschaft zurück bis ins Mittelalter und zeigt, dass seine Regeln und Praktiken, die seit Jahrhunderten gelten, auch heute in der modernen Wirtschaft ihre Gültigkeit behalten haben.
Im Mittelalter gehörte das Land adeligen und geistlichen Grundherren. Doch bereits «zur Zeit der Grundherrschaft entstanden Genossenschaften, weil die Verleihung [der Pachtrechte] nicht an einzelne Familienväter erfolgte wie bei den Talgütern, sondern an Gruppen von Bauern, welche über die Nutzung der Alp selbst bestimmten. Die Alpgenossenschaften brauchte es zur Regelung der gemeinsamen Bewirtschaftung. Sie erliessen Bestimmungen, um Fremde von der Nutzung fernzuhalten, sowie zum Schutz vor Unrechtmässigkeiten Einzelner. […] Die Alp­korporationen hatten von Anfang an privatrechtlichen Charakter, und Nutzungsberechtigungen konnten unterschiedlich sein. Dies zahlte sich für die Beteiligten aus, als Leibeigenschaft und Grundherrschaft mit der Zeit an Bedeutung verloren und sich ebenfalls ab 1400 die sogenannte Erbleihe durchsetzte; Talgüter und Alpanteile konnten nun vererbt werden.» (S. 14f)
Die Besitzsicherung wurde in den Satzungen geregelt: Das Alprecht war ans Haus gebunden; die Alpgenossenschafter hatten ein Vorkaufsrecht für feil werdende Alprechte. Fremdes Vieh wurde von den Alpweiden ferngehalten, um ihre Übernutzung zu verhindern. Der Talbetrieb und die Bewirtschaftung der Alpen wurden aufeinander abgestimmt. Auch der Absatz der Produkte war genossenschaftlich geregelt.

Eine «Hommage auf Landschaft und Bewohner»

In zahlreichen sehr persönlichen Beiträgen wird dem Leser das Leben der Toggenburger Bauernfamilien nähergebracht, ihre Arbeit, ihre Produkte, ihr Brauchtum. Aus jedem Beitrag spricht die Freude an der Arbeit, die Verbundenheit mit Heimat und Natur und die Liebe zum Vieh. «Was ist schöner als zAlp fahren? Nur zAlp sein …»
Die Bauern sind Versorger, Pfleger der Kulturlandschaft und Wahrer der dezentralen Besiedlung, ganz wie Artikel 104 der Bundesverfassung es verlangt.
Im letzten Kapitel werden Alpen und Alpbetriebe mit sehr brauchbarem Kartenmaterial vorgestellt.
Die wunderbaren Landschaftsphotos und die ausdrucksstarken Gesichter der photographierten Menschen machen den Bildband zu einer Hommage auf Landschaft und Bewohner.    •

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