Mittelstand unter lauter Räubern – Die Plünderung der Selbständigen

Mittelstand unter lauter Räubern – Die Plünderung der Selbständige

Ein Buch von Eberhard und Imke Hamer

von Ewald Wetekamp

Ausgehend von der Definition, dass das mittelständische Unternehmen eine Produktionsgemeinschaft von Menschen, mit Menschen, für Menschen ist, stellen Prof. Eberhard Hamer und Imke Hamer die gesellschaftstragende und demokratiestützende Bedeutung des mittelständischen Inhaberunternehmens in Deutschland an eindrücklichen Beispielen und Zahlen dar. Schon auf den ersten Seiten des Buches werden erstaunliche Zahlen geliefert: 33,9% der Bürger Deutschlands leben vom Markteinkommen, die verbleibenden 66,1% der Bürger (ob Angehörige, Rentner, Arbeitslose oder öffentlicher Dienst) werden direkt oder indirekt von diesen ernährt.

Der Mittelstand – tragende Säule der Gesellschaft

Der selbständige Mittelstand (etwa 4,1 Mio. Unternehmer) erwirtschaftet mit den Arbeitern und Angestellten nahezu 80% des Steueraufkommens und zahlt mehr als 60% in die Sozialsysteme. Dabei muss er selber zwei Drittel seines Einkommens zwangsweise an staatliche und soziale Institutionen abführen. Kapitalgesellschaften hingegen verlegen seit Jahren ihre Holdinggesellschaften in Steueroasen und entziehen sich so der Sozial- und Steuerpflicht. Dass dann aber noch diese Gross­konzerne jährlich vom Staat mehr Subventionen erhalten, als sie an Steuern zahlen, ist für keinen normal denkenden Bürger nachvollziehbar.
Dass beim mittelständischen Personalunternehmen trotz grosser Steuer- und Sozialabgabenlast noch etwas übrigbleibt, ist nur bei hohem Arbeitseinsatz und einer stark risikobehafteten Verantwortung für Betrieb und Mitarbeiter möglich. Liegt die Gewerkschaftsnorm für Arbeitnehmer in Deutschland bei 38,5 Stunden, so leistet der Mittelstand mehr als das Doppelte an Wochenarbeitszeit.

Mediale Neidkampagne und staatlicher Paragraphenwahn

Nun sollte man annehmen, dass dieser Unternehmerstand von Öffentlichkeit und Politik nicht nur anerkannt, sondern auch gehegt und gepflegt würde. Schliesslich werden hier Erträge, Abgaben und Sozialleistungen erwirtschaftet, die allen zugute kommen. Statt dessen sieht sich der Mittelstand in der Öffentlichkeit einer Neidkampagne ausgesetzt und staatlicherseits mit unerträglichen Abgaben belastet.
Für seine Sozial- und Altersversicherung muss der Mittelstand selber sorgen. Das kann er nur, indem er Vermögen erwirtschaftet und Eigentum, von dem er später leben kann, schafft. Dabei trägt er allein das Risiko. Er haftet mit seinem Vermögen. Doch dieses Vermögen wird ihm nicht selten geneidet und als durch Ausbeutung der Arbeitskraft anderer generiert dargestellt. Diese Darstellung wird via Medien in alle Wohnzimmer transportiert und geglaubt. Warum aber kann sich der Mittelstand nicht ins rechte Licht rücken? Ihm fehlt schlicht der nötige Einfluss, um sich vor der Ausbeutung der öffentlichen Hände oder auch anderer Gruppen schützen zu können. Bei der Finanzindustrie und den Konzernen verhält es sich völlig anders. Für diese treten nicht nur die meisten Arbeitgeberorganisationen ein, sondern auch die von den Konzernen beherrschten Kammern, Fachverbände, Presse und TV-Medien bis hin zum Politbüro der EU. Diese ist von mehr als 15 000 Lobbyisten der Grosswirtschaft, Banken, Sozialindustrie und Versicherungen umstellt, damit auch nichts geschieht, was der Grossindustrie schaden könnte. Auch in Berlin sorgen mehr als 600 Lobbyisten der Grosswirtschaft dafür, dass Wirtschaftspolitik und Subventionen zu ihren Gunsten laufen.
Aber nicht nur Steuer- und Sozialabgaben bremsen den deutschen Mittelstand aus, sondern auch die unglaubliche Fülle von unvorstellbaren Vorschriften, Kontrollanforderungen und Auflagen führen zu einem zeitlichen Verwaltungsmehraufwand von mehr als 500 Stunden pro Jahr, der erarbeitet werden will und der gerade beim Mittelstand auf Kosten der Effektivität am Markt geht. Wer kann das wollen? Durch die staatliche Überprüfung all dieser Vorschriften werden Zehntausenden von Kontrollbürokraten Aufgaben und Einkommen verschafft. Vor 100 Jahren genügte ein Beamter für mehr als 800 Bürger. Heute kommt ein Verwaltungs- bzw. Sozialfunktionär auf 12 Bürger. Mittlerweile werden etwa 48% der Staatsausgaben vor allem für diesen Verwaltungsapparat verbraucht. Wo führt das hin?

Staatsschulden trotz Steuerflut

Aber nicht nur der Mittelstand wird vom Staat zur Kasse gebeten, auch Arbeitern und Angestellten geht es so. Der durchschnittliche Bruttolohn lag im Jahr 2008 bei etwa 3500 Euro. Als Verheirateter mit Kind verbleiben diesem Arbeitnehmer noch 2 333,72 Euro, als Alleinstehender kann er gerade einmal über 1 955,48 Euro verfügen. Aber damit ist der deutsche Fiskus noch nicht zufrieden. Er nimmt dem Arbeitnehmer noch die 19% Mehrwertsteuer auf den Konsum, 66% Steuern aufs Benzin und weitere indirekte Steuern ab, so dass der Arbeitnehmer von seinem verfügbaren Einkommen weitere 20% an den Fiskus abführen muss. Nach Abzug seiner Lebenshaltungskosten verbleiben ihm nicht einmal 10% monatlich für Rücklagen, Urlaub oder Abzahlungen. Will der Arbeitnehmer durch Fleiss mehr erreichen, nimmt ihm die Steuerprogression soviel mehr ab, dass er de facto weniger hat als vorher. Bei dieser Ausbeutung muss sich der Staat nicht über das Volumen der Schwarzarbeit – im Jahre 2009 bei einem BIP von 1,7 Billionen etwa 252 Milliarden – beklagen. Aber um die tatsächliche Höhe der Abgaben genau zu erfassen, müssen noch die Abgaben des Unternehmers hinzugezählt werden: Arbeitgeberanteil für Sozialkassen, Beiträge für Berufsgenossenschaften, betriebsinterne Arbeitszusatzkosten des Arbeitsschutzes, Urlaub, Fehlzeiten, Sozialbürokratie. So erhöhen sich die Arbeitsplatzkosten für einen Mitarbeiter mit einem Bruttolohn von 3500 Euro für den Betrieb auf etwa 6000 Euro. Der Arbeitnehmer bekommt zu wenig von seinem Bruttolohn, und den Betrieb kostet er zu viel. Die Steuern, Sozialabgaben und Lohnzusatzkosten sind in Deutschland höher als anderswo auf der Welt.

Zwangsabgaben an Kommunen und kommunale Zweckverbände

Aber damit noch nicht genug. Öffentliche Körperschaften der Gemeinden sowie kommunale Zweckverbände haben es fertiggebracht, innerhalb von 11 Jahren (1995–2006) ihre administrierten Preise um 44,7% zu erhöhen, während im selben Zeitraum die Verbraucherpreise um 17,1% stiegen. Die Zwangsbeiträge und Gebühren bei den öffentlichen Einrichtungen sind ein rentables Geschäft, nicht für den Bürger, aber für Banken, Fonds und Anlage-Heuschrecken, die mit Zustimmung kommunaler Beamter diesen lukrativen Teil der öffentlichen Versorgung privatisieren. Der öffentlichen Versorgung liegt das Kostendeckungsprinzip zugrunde. Danach werden die Zwangsbeiträge erhoben. Für einen Privatbetreiber sind das ungehemmte Zugewinnmöglichkeiten. Somit haben wir nicht nur unser Familiensilber verkauft, – das tut man nur einmal, dann ist es weg –, sondern wir haben auch noch die nach oben offene Gebührenspirale an Private übergeben.

Staatliche Eingriffe ins mittelständische Eigentum durch Umwelt-, Landschafts- und Naturschutz

Für viele Mittelständler sind Immobilien und Grundbesitz Produktionsgrundlage und Altersvorsorge. Doch in beide Bereiche greift der Staat mit Gesetzen ein, die dem Besitzer die Nutzung erschweren oder gänzlich entziehen. Wärmepassvorschriften oder drohende Diskriminierungsklagen bei der Vermietung bzw. Nichtvermietung können den Eigentümer zwingen, sich von seiner Immobilie zu trennen und im Ausland anzulegen. Umwelt-, Landschafts- und Naturschutz stellen staatliche Eigentumseingriffe dar, die die Verwertung von Grund und Boden erschwert, belastet oder verunmöglicht. Hier sei zum einen an den Juchtenkäfer im Stuttgarter Bahnhofsbereich erinnert. «Juchtenkäferschutz» unterläuft den ersten und einzigen Volksentscheid in Baden-Württemberg. Zum anderen kommt es immer häufiger durch Deklaration von Naturschutzgebieten zu Beforstungsverboten. Soll heissen Kulturland und Einkommensquelle Forst werden der «Natur» überantwortet, entschädigungslos. Ein Blick auf die Höhen des Schwarzwaldes nach dem Sturm Lothar oder zum Bayerischen Wald machen das Ausmass der Verödung und den Verlust an Kulturland nur allzu deutlich. Hier drängt sich einem das EU-Projekt Naturparks auf: Flächendeckende grenzüberschreitende Brachlegung von Kulturland, Enteignung und Entmündigung von Kommunen und Privatbesitzern! Wem um alles in der Welt soll das dienen?
Was aber ist, wenn der Mittelstand die Sozialabgaben und andere Leistungen nicht mehr erbringen kann?
Das Sterben der mittelständischen Unternehmen zeigt, dass sie sich bei all diesen «Zwangsmassnahmen» nicht mehr existentiell behaupten können.

Nichtstaatliche Bedrohungen des Mittelstandes

Die Autoren gehen im zweiten Teil ihres Buches auch noch auf die Bedrohung des Mittelstandes von nichtstaatlicher Seite ein. So findet zwischen Gewerkschaften und Unternehmen keine den Wohlstand erhaltende Kooperation statt, sondern es herrscht weiterhin Klassenkampf. Basel II und III erschweren den Mittelständlern vernünftige Kreditkonditionen bei den Banken. Private Equity und «Heuschrecken» nutzen diese Situation schamlos aus und tragen so ebenfalls zur Belastung des Mittelstandes bei. Ausgenommen wird der Mittelstand zudem noch von den Versicherungen. Niemand braucht so viele Absicherungen durch Versicherungen wie der Mittelstand. Aber im Schadensfall wird die Versicherung zum Gegner – und gewinnt in der Regel immer.
Weiterhin zeigen die Autoren auf, dass auch die organisierte Kriminalität im globalen Massstab die Existenzgrundlage der mittelständischen Wirtschaft bedroht.

Folgen für Marktwirtschaft und Demokratie

Die Autoren lassen keinen Zweifel daran, dass die Angriffe auf Freiheit, Vermögen und Eigentum des Mittelstandes nicht nur als Angriff auf eine einzelne Gesellschaftsgruppe verstanden werden muss, sondern dass es sich hierbei um einen Angriff auf die Basis unserer freiheitlichen Ordnung, der auf individuellem Eigentum und persönlicher Freiheit beruhenden Demokratie und Marktwirtschaft handelt. Sie sind ein Angriff auf die Rechtsgrundlage der gesamten Bevölkerung. Denn zerfällt der Mittelstand, haben wir wieder eine duale Gesellschaft von Ober- und Unterschicht. Das wäre das Ende der selbstverantwortlichen bürgerlichen Gesellschaft. Marktwirtschaft kann sich ohne Mittelstand nicht halten, wird immer zu Machtwirtschaft, zur Konzernwirtschaft oder zur privaten oder staatlichen Monopolwirtschaft.
Wo der Mittelstand durch fortgesetzte Angriffe auf seine Grundlagen aufgelöst werden soll, kann sich keine freiheitliche Demokratie mehr halten. Dann kippt sie entweder in eine Elitenherrschaft des Kapitals – Plutokratie – oder eine Militärdiktatur oder eine Diktatur der Funktionäre (Politbüro), in allen Fällen in eine Herrschaft über Untertanen. Wer kann das wollen?

Forderungen des Mittelstandes

Wirksame Massnahmen, die die Vitalität des Mittelstandes beflügeln würden, wären:
-    Steuergleichheit der Unternehmensformen. Es kann nicht angehen, dass 80% des Steueraufkommens vom Mittelstand erbracht werden und Grosskonzerne und Kapitalgesellschaften mehr Subventionen erhalten, als sie an Steuern abführen.
-    Steuerfreiheit des im Unternehmen verbleibenden Gewinnes,
-    Umsteuern der Sozialsysteme von Bevormundung auf Selbstverantwortung
-    Entbürokratisierung des Lebens und der mittelständischen Betriebe
-    Deregulierung (Bauunternehmer haben 164 unterschiedliche baurechtliche Vorschriften mit mehr als 5000 Paragraphen zu beachten) von Vorschriften.
Dazu hätte der Mittelstand eigentlich auch rechnerisch die politische Macht. Der selbständige Mittelstand mit seinen Familienangehörigen kann schon allein 12% Wähler mobilisieren, die gleiche Anzahl der Wähler stellt der unselbständige Mittelstand. Hinzu kämen 23 Millionen Mitarbeiter in den Betrieben nebst ihren Familienangehörigen. Das wäre wahrhaftig eine Volkspartei.

Was not tut

Was not tut ist die fundierte ideologiefreie Berichterstattung, Verbreitung und Lehre von den wirklichen Zusammenhängen von Leistung, Ertrag, Kosten und Gewinn im Marktgeschehen. Aber nicht nur das. Ebenso grundsätzlich ist die Erkenntnis, dass es der Mittelstand ist, der durch seine Arbeit und sein Wirken für Marktwirtschaft und Wohlstand, für Freiheit und demokratische Grundbedingungen sorgt. Dies allen Bürgern zur Kenntnis gebracht, würde sehr schnell Denkprozesse in Gang setzen, die dem Umkippen von Markt und Demokratie in Monopole und Diktatur einen Riegel vorschieben und ein Umsteuern bewirken könnte. Das wäre zum Wohle aller.    •

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