von Leo Jeker*
Das Raumkonzept Schweiz soll als gemeinsame Orientierungs- und Entscheidungshilfe für die raumwirksamen Tätigkeiten von Bund, Kantonen und Gemeinden dienen. Es ist den Grundsätzen der nachhaltigen Entwicklung verpflichtet und fördert das Denken und Planen in überregionalen Handlungsräumen. Politisch müsste mehr und mehr in sogenannt «funktionalen Räumen» agiert werden. Das Raumkonzept Schweiz führt die vom Bundesrat 1996 verabschiedeten Grundzüge der Raumordnung Schweiz weiter. Es wurde von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden gemeinsam erarbeitet und soll den rasanten Veränderungen des Landschafts- und Lebensraumes in den letzten 15 Jahren Rechnung tragen.
Die Raumentwicklung ist eine Schlüsselgrösse für die Standortgunst der Schweiz und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Es ist daher grundsätzlich sinnvoll, nach ganzheitlichen Lösungen für das Grundproblem des bevölkerungs- und siedlungsmässig wachsenden Landes zu suchen. Dabei darf aber die bewährte Aufgabenteilung zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden nicht in Frage gestellt werden. Die Raumplanungshoheit muss bei den Kantonen belassen werden. Starre Regulierungen oder neue Instrumente sind abzulehnen. In aller Regel führten solche Massnahmen nicht zu weniger, sondern zu viel mehr fiskalischen und administrativen Belastungen für Unternehmungen und Private.
Es ist weiter zu beachten, dass viele künftige Entwicklungen nicht vorhersehbar sind, und die einzelnen konkreten Umsetzungsmassnahmen müssen im einzelnen politisch diskutiert werden. Dem Raumkonzept Schweiz darf niemals rechtliche Verbindlichkeit zukommen, beispielsweise durch eine Verankerung im Raumplanungsgesetz. Künftige notwendige Investitionen, so der Weiterausbau des Strassen- und Eisenbahnnetzes oder der Bau weiterer Tunnels, Umfahrungen, Wasserkraftwerke, Skigebiete und Skigebietszusammenschlüsse usw., dürfen auf keinen Fall durch ein neues Planungsinstrument verhindert werden. Zudem ist die Zersiedelung und Zerstückelung der Landschaft bei weitem nicht überall ein Problem. Wo ist am meisten gebaut worden und wird munter weitergebaut? Sicher nicht in den Gebirgstälern. Der Bergtourismus ist zu 100 Prozent standortgebunden und steht in einem internationalen Wettbewerb genauso wie die Industrie. Oder wie soll der Ausstieg aus der Atomkraft abgefedert werden? Am sinnvollsten zu einem wesentlichen Teil mit der weiteren Optimierung, dem Weiterausbau und auch Neubau von Wasserkraftwerken. Das ist ja eine der wenigen Kernkompetenzen der Gebirgskantone.
Vor allem ist zu bemängeln, dass der Schutzgedanke überbetont wird, während die wirtschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten zu stark eingeschränkt werden. So fehlen Ausführungen darüber, dass die Schweiz ein international wettbewerbsfähiger Wirtschaftsstandort ist und dass auch die Raumordnung im Interesse des Wirtschafts- und Arbeitsplatzes Schweiz optimale Rahmenbedingungen für die Unternehmen schaffen muss, in den Agglomerationen, im Mittelland wie im Berggebiet.
Naturpärke beispielsweise sind im Grunde genommen ein Schwindel gegenüber der einheimischen Bevölkerung und dem Steuerzahler. So hat die Bevölkerung leider nur so lange das Sagen, bis die Abstimmung über einen Naturpark an der Gemeindeversammlung vorbei ist. Nachher bestimmen oft Externe darüber, was in den Parkregionen zu tun und zu lassen ist. Es gibt bereits viele Beispiele dafür. So ist es auch unverständlich, wenn öffentliche Gelder in Millionenhöhe in Parkorganisationen und -verwaltungen gepumpt werden, statt diese Gelder ganz gezielt für wichtige anstehende Aufgaben und Projekte in den Gebirgsregionen zu investieren. Ganz abgesehen davon, verfügen wir bereits heute über eine Umweltschutzgesetzgebung, die die Gebirgskantone schon so viel einschränkt, dass man eigentlich von einem Naturpark Wallis, Berner Oberland oder Graubünden sprechen könnte. Es braucht also sicher nicht noch extra Naturparks. Sorgen wir also dafür, dass die Eigeninitiativen in den Gebirgstälern nicht noch weiter abgewürgt werden. Sorgen wir weiter dafür, dass der Alpenraum nicht noch mehr an innenpolitischer Bedeutung verliert gegenüber den Metropolen und Agglomerationen, als es schon heute der Fall ist.
Die Bergregionen verlangen die Definierung einer Strategie für die Bergregionen nach dem ganz einfachen Prinzip: Leben und arbeiten, wo andere Ferien machen.•
*BDP-Grossrat und alt Standespräsident Leo Jeker wohnt in Zizers. Er ist im Ausschuss des Wirtschaftsforums Graubünden, im Vorstand des Schweizer Tourismusverbands und Bürgerratspräsident von Zizers. Er war viele Jahre Präsident der ITG Interessengemeinschaft Tourismus Graubünden und Vizepräsident von Handelskammer und Arbeitgeberverband Graubünden.
Quelle: Bündner Tagblatt vom 1.12.2011
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