Die Ursprünge der Killer-Strategie von Obama

Die Ursprünge der Killer-Strategie von Obama

von Prof. Dr. Albert A. Stahel, Institut für Strategische Studien, www.strategische-studien.com

1999 setzte der damalige US-Präsident Bill Clinton gegen Belgrad eine Strategie ein, die für die USA wegweisend war. Bereits vor Beginn des Krieges wurde von Clinton und dem inneren Kreis seiner Administration (Madeleine Albright und Richard Holbrooke) der Sturz des jugoslawischen Präsidenten Miloševic als Ziel, das jedoch offiziell nicht deklariert wurde, der kommenden Auseinandersetzung bestimmt. In Belgrad sollte ein Regime Change erfolgen.1 Um dieses Ziel erreichen zu können, verbündeten sich die USA mit einer Partei des Konfliktes, der UÇK, und ihren Anführern. Bereits zu diesem Zeitpunkt war allen bekannt, dass die UÇK nichts anderes als eine Bande von Kriminellen und Terroristen war, die sich bei ihren Morden und ihrer Politik auf den albanischen Kanun, das Rechtssystem einzelner albanischer Stämme, stützte. Mit dieser Allianz ergriff die Clinton-Administration im Konflikt zwischen der UÇK und Belgrad in eindeutiger Weise Partei und deklarierte die Serben zu Gegnern, die unter allen Umständen zu kapitulieren hatten.
Bereits 1998, noch vor dem Luftkrieg der Nato, wurden einige Hundert Mitglieder der UÇK durch Eliteeinheiten der SOF (Special Operations Forces) und Angehörige einer privaten Söldnerfirma (PMC, Private Military Companies) der USA in der Kampfführung und der Taktik ausgebildet und mit modernen Waffen ausgerüstet. Trotz des Rückzuges der Mehrheit der Einheiten der Jugoslawischen Volksarmee im Jahr 1998 aus dem Kosovo griffen UÇK-Einheiten die serbischen Polizeistützpunkte im Kosovo weiterhin an und ermordeten ­Polizisten. Da die Verhandlungsdelegation von Miloševic im französischen Rambouillet Ende Februar 1999 nicht bereit war, die Kapitulationsurkunde der USA und der Nato zu unterzeichnen, setzte am 24. März 1999 der Luftkrieg der Nato ohne Beschluss des UN-Sicherheitsrates gegen die Bundesrepublik Jugoslawien ein. Trotz zunehmender ­Intensität der Lufteinsätze, so durch die Zerstörung der Brücken über die Donau bei Belgrad, hielten die Serben stand.2 Erst nach 78 Tagen war Miloševic bereit nachzugeben. Am 10. Juni 1999 sanktionierte der UN-Sicherheitsrat die Bildung einer Nato-Truppe Kfor und die «Besetzung» des Kosovo.
Obwohl die ehemalige serbische Provinz durch verschiedene den USA gewogene Staaten, so auch von der Schweiz, als Staat anerkannt worden ist, sind die ethnischen und völkerrechtlichen Probleme des Kosovo nicht gelöst. Dazu gehört die massive Vertreibung von Serben durch die UÇK vor der Besetzung durch die Nato im Juni 1999. 1996 betrug der serbische Bevölkerungsanteil im Kosovo 33 Prozent, Ende 1999 waren es nur noch 10 Prozent.3 Die vielen an der serbischen Bevölkerung und den Roma begangenen Morde und Verbrechen durch die UÇK sind bis auf den heutigen Tag nie aufgeklärt und richterlich geahndet worden. Bis heute ist nur die serbische Seite zur Rechenschaft gezogen worden. Am 1. April 2001 konnte Miloševic allerdings durch eine farbige Revolution, die offenbar von einer internationalen Geberkonferenz finanziert worden war, gestürzt und an das Internationale Tribunal in Den Haag ausgeliefert werden.
Trotz des zuerst nicht ganz befriedigenden Ausgangs wurde diese amerikanische Strategie als Erfolg deklariert und ab 2009 schrittweise von der Obama-Administration übernommen. Zusammenfassend können die einzelnen Phasen dieser Strategie wie folgt beschrieben werden:
1. Phase: Auf der Grundlage der geopolitischen Interessen der USA wird der Staatschef eines Staates als Feind erklärt. Als das offizielle Ziel einer medienwirksamen Kampagne, die insbesondere aus Desinformationen und Verleumdungen besteht, wird ein Regime Change propagiert.
2. Phase: Ist die erste Phase erfolgreich, dann wird der noch nicht deklarierte Krieg überflüssig. Wenn nicht, dann werden Abenteurer und Kriminelle aus dem Zielland durch finanzielle Vergünstigungen angelockt und von Soldaten amerikanischer Eliteeinheiten (SEALs, Green Berets usw.) und/oder private Söldnerfirmen (PMCs) ausgebildet und mit Waffen versorgt.
3. Phase: Sind diese «Milizeinheiten» (so die UÇK oder die «Free Syrian Army») mit ihren Angriffen und Anschlägen gegen Armee und Polizei des Regimes erfolgreich, dann ist der Krieg beendet. Wenn nicht, werden mit der Unterstützung von Drohnen Angehörige von US-Eliteeinheiten und/oder Söldner von PMCs ins Zielland infiltriert. Sie haben insbesondere Anschläge auf die Spitze des gegnerischen Regimes zu führen und diese im Sinne eines Enthauptungsschlages zu beseitigen.
4. Phase: Führt deren Einsatz nicht zum gewünschten Erfolg, dann erfolgen durch die USA und die Nato Luftschläge mit seegestützten Marschflugkörpern und strategischen Bombern gegen Ziele, die für den Krieg als relevant deklariert worden sind.
5. Phase: Der letzte Akt dieser rollenden Zerstörungen, die zu vielen Opfern unter der Bevölkerung führt, ist die Beseitigung des gegnerischen «Tyrannen» auf irgendeine Art und Weise, sei es durch die Vollstreckung eines richterlichen Urteils, das als völkerrechtlich konform deklariert wird (Beispiel Saddam Hussein) oder durch die Ermordung durch einen Mob (so Gaddafi). Wichtig ist, dass keine Spuren auf die Urheber des Krieges hinweisen. Die Nachwelt darf nicht verunsichert werden.
Während all dieser Phasen werden die internationalen Medien durch eine gut funktionierende Propagandamaschinerie intensiv mit Lügen und Falschinformationen versorgt. Die Vertreter dieser Medien haben diese «Informationen» in ihren Ländern zu verbreiten.
Diese Strategie ist in ihrem Wesen ursprünglich nicht von den Amerikanern, sondern vom chinesischen Kriegstheoretiker Sun Tzu begründet worden. Er hat sie in seinem Traktat der «Dreizehn Grundprinzipien» 510 v. Chr. beschrieben.4 Diese Strategie haben die Chinesen in der Jahrtausende dauernden Existenz ihres Staates immer wieder mit Erfolg eingesetzt. Die Amerikaner haben sie während ihres Krieges in Vietnam erleiden müssen. Seither setzen sie sie aber selber in zunehmendem Masse mit Erfolg in ihren Kriegen ein. Das letzte Beispiel war Libyen. Jetzt sind Syrien und das Assad-Regime zum erklärten Ziel des Regime Change der Obama-Administration geworden.    •

1    Crosland, J. (ret) (2006). Witness Statement, International Criminal Tribunal for the Prosecution of Persons responsible for serious Violations of International Law committed in the Territory of the Former Yugoslavia since 1991, S. 5.
2    Lambeth, B.S. (2001). NATO’s Airwar for
Kosovo, A Strategic and Operational Assessment, RAND, Santa Monica.
3    Crosland, J. (ret) (2006). S. 12.
4    Stahel, A.A. (2003). Klassiker der Strategie, Vdf, Zürich, dritte Auflage, S. 13–35

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