Pussy Riots – made in Great Britain

Pussy Riots – made in Great Britain

Was das Imperium alles nötig hat …

ab./ef./ev. Seit über einem Jahr wird man als Frau über die «Herald Tribune» in regelmässigen Abständen zum Aufbau und zur Weiterentwicklung des «Female Factors» informiert. Die letzte entscheidende Schwelle war, dass Frauen auch in der Wissenschaft dem männlichen Wettbewerb standhalten sollen. Das ist inzwischen offenbar geschehen. Eine Professorin aus Silicon Valley und eine von Obama dafür freigestellte Regierungsbeamtin bringen seit einigen Wochen den jungen Frauen Amerikas bei: «You can have it all!» Karriere, Beruf und Familie sind sehr wohl vereinbar, alles kein Problem.
Damit hält das Imperium endlich als historische Leistung das fest, was wir sowieso schon seit zwei Generationen tun! Wir können also alle – wenn wir wollen – Christine Lagardes werden. Die Frage ist nur, ob den Schlamassel in der heutigen Weltwirtschaft nicht diejenigen aufräumen sollen, die ihn angerichtet haben.
Doch nun kommt das neue Angebot: Wir können alle «Pussy Riots» werden. Great Britain macht’s möglich. Es macht gemäss Prof. Albert Stahel (siehe letzte Ausgabe von Zeit-Fragen Nr. 36, S. 5) ja sowieso schon viel, sehr viel möglich: Aber «nachhaltig» ist nichts davon.
Also, liebe Männer, falls wir demnächst singend dem Staubsauger und dem Gebrüll unserer Zweijährigen Konkurrenz machen oder in der Firma den Kunden ihre Fragen mit einem Pussy-Riot-Song erwidern und damit den Niedergang der kapitalistischen Wirtschaft herbeiführen oder in Russland Schlagzeilen machen gehen – wir kapieren langsam die Möglichkeiten echten Suffragettentums!

Welche Position nehmen Sie am besten ein, wenn Sie eine Sitzblockade ausserhalb Downing Street durchführen und nicht von der Polizei weggezogen werden wollen? Wie können Sie Ihren Körper so sperrig machen, dass Wachleute es schwer finden werden,  Sie abzutransportieren? Was sind Ihre Rechte, wenn Sie eine Menschenkette bilden und den Verkehr stoppen wollen?
Die Suffragette Summer School, ein zweitägiges feministisches Trainingslager, das Mitte September in Grossbritannien stattfindet, vermittelt die strategische Beratung, wie es die Teilnehmer in der Kunst des gewaltfreien Protestes unterrichtet. Das Werbematerial des Lagers verspricht Hilfe bei der Verbesserung von schlagzeilenträchtigen Techniken für «angehende Pussy Rioters».
Herkömmlicher Methoden der Wahlwerbung müde, hoffen die jungen Organisatoren eine neue Generation von Feministinnen mit der gleichen Dynamik zu inspirieren, mit der sich die ursprünglichen Suffragetten an Geländer ketteten, um das Stimmrecht durchzusetzen.
«Es gibt kreative Wege, wie gewöhnliche Menschen feministische Themen in die Mainstream-Agenda bringen können», erklärt Kat Banyard, die Gründerin der UK Feminista, der Gruppe, die die Summer School organisiert. «Direkte Aktion muss nicht illegal sein. Es ist wirklich wichtig, dass die Menschen überzeugt ihr Recht zu protestieren wahrnehmen.»
Es scheint ein echtes Interesse für diesen Kurs zu geben, und etwa 500 Einzelpersonen und Vertreter von kleinen feministischen Gruppen aus dem ganzen Land werden erwartet, wenn die Summer School auf dem Campus der Universität Bristol am 15. September öffnet. Frau Banyard hofft, dass diese Begeisterung die Anfänge eines feministischen Revivals in Grossbritannien widerspiegelt.
«Bis vor kurzem wurde der Feminismus in der Presse nur dann erwähnt, wenn man daran erinnern wollte, dass er immer noch tot sei», sagt sie. «Aber es hat diesen riesigen Aufschwung gegeben. Niemand kann leugnen, dass er wieder da ist.»
Sie gründete UK Feminista vor drei Jahren mit dem Ziel, neue, tatkräftige feministische Graswurzel-Gruppen zu bilden, die bereit sind, im ganzen Land für mehr Gleichheit zwischen den Geschlechtern zu kämpfen.
Frau Banyard (30) ist auch Autorin von «The Equality Illusion», einem viel beachteten Buch, das skizziert, wie weit Frauen von der Verwirklichung der Gleichstellung in Grossbritannien entfernt sind; sie schätzt, dass sich die Zahl der kleinen angeschlossenen Gruppen in den letzten zwei Jahren auf mehr als 100 verdreifacht hat. Sie glaubt, dass dieses Wachstum von Erkenntnis und Wut vorangetrieben wurde, dass Frauen offensichtlich viel härter von der Umsetzung der kränkelnden Wirtschaft und der Sparpolitik der Regierung als Männer betroffen seien.
Quelle: Amelia Gentleman, International Herald Tribune vom 29.8.2012
(Übersetzung Zeit-Fragen)

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