Russlands Davos

Russlands Davos

Putin und Kissinger können sich bei Syrien einigen

von M.K. Bhadrakumar, extra für RIR (Russia & India Report)

Die Sache ist die, dass es eine bemerkenswerte Nähe gibt zwischen der Position Russ­lands zu Syrien und Kissingers eigener Meinung zum Thema «arabischer Frühling».

Ein in Russland lange erwarteter Besucher traf am Donnerstag [21.6.2012] Präsident Vladimir Putin – der ehemalige Aussenminister der Vereinigten Staaten Henry Kissinger. Anlass war das Internationale Wirtschaftsforum in St. Petersburg (auch «Russlands Davos» genannt).
Energie ist eines der Hauptthemen bei der Konferenz in St. Petersburg, und Kissinger Associates Inc. als Beratungsfirma darf eine so wichtige Gelegenheit nicht auslassen, um ihren Kunden dabei behilflich zu sein, strategische Partner und Anlagemöglichkeiten zu finden.
Offensichtlich öffnet Russland seinen Energiesektor für ausländische Teilhabe in nie dagewesener Art, und Russland ist gegenwärtig weltweit eine der am schnellsten wachsenden Wirtschaften. (Übrigens, ein weiterer Teilnehmer an der St. Petersburger Konferenz ist He Guoqiang, ständiges Mitglied des Politbüros beim ZK der Kommunistischen Partei Chinas, der der mächtigen Zentralen Disziplinkontrollkommission1 (Central Commission for Discipline Inspection) vorsteht.
Kissinger war «lange erwartet» worden, weil er Putin seit seiner Rückkehr als Präsident in den Kreml für eine dritte Amtsperiode bislang noch nicht getroffen hatte. Die zwei Staatsmänner haben über die Jahre stets eine freundliche, persönliche Beziehung gepflegt; dies scheint auch eine nützliche Rolle dabei zu spielen, die rauhen Ecken der russisch-amerikanischen Beziehungen etwas zu glätten. Kissinger hat natürlich einen sehr profunden Hintergrund, was die sowjetisch-amerikanischen Beziehungen angeht, und könnte in das gegenwärtige Denken der Vereinigten Staaten eine ganze Portion Realismus hineintragen.
Der Rahmen ist auch bewegend. Putins aussenpolitische Strategie hat sich im Laufe der Jahre in einem grossen Bogen entwickelt und, es genügt zu sagen, in ihrem Kern heute entbehrt sie jeglicher Ideologie oder jeglichen Dogmas und ist statt dessen zu einem alles bestimmenden Streben geworden, Russ­land stark zu machen.
Als kluger Taktiker hält er ständig Ausschau nach günstigen Gelegenheiten, und weil er einen hochtrainierten Verstand hat, schrecken ihn Herausforderungen nicht ab.
Sein bevorzugter Weg, sich unablässig für ­russische Interessen einzusetzen und sie tatkräftig zu verteidigen, wird im wesentlichen darin bestehen, zwischen den «big players» in einer polyzentrischen Welt auszugleichen, während Russland strategisch unabhängiger Akteur bleibt. Er und Kissinger hätten eine Menge gemeinsam.    •

Quelle: Russia & India Report, 22.6.2012 indrus.in/articles/2012/06/22/putin_kissinger_can_agree_on_syria_16034.html
(Übersetzung Zeit-Fragen)


    Anmerkung der Redaktion:
1    Die Zentrale Disziplinkontrollkommission beim ZK der Partei beschäftigt sich damit, bei Partei-Kadern Korruption und Dienstvergehen herauszufinden (z.B. beim Schmuggel von grossen Mengen Erdöl, Waffen usw.)

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