von Dr. iur. Marianne Wüthrich
In Teil 1 wurde das Raumkonzept Schweiz analysiert, mit dessen Hilfe das feinmaschige und bestens funktionierende föderalistische System mit seinen drei Ebenen (Bund, Kantone, Gemeinden) aufgebrochen werden soll. An dessen Stelle wollen gewisse Kreise in Verwaltung und Politik ein EU-taugliches, zentral gesteuertes Gebilde zusammenfabrizieren, das gleichzeitig die Landesgrenzen auflösen soll.
Während mit dem Raumkonzept Schweiz gewissermassen die äussere Organisation umgekrempelt werden soll, geht es bei der «Strategie Biodiversität Schweiz» (SBS) darum, womit das Territorium unseres Landes gefüllt werden soll. Das Raumkonzept Schweiz soll die rechtlichen Voraussetzungen bieten, um aus dem Land ein Riesen-Experimentierfeld für Extremnaturschützer zimmern zu können, die «Strategie Biodiversität Schweiz» liefert die Inhalte. Es versteht sich von selbst, dass die Naturpärke sich besonders gut eignen für eine Ökodiktatur, sind sie doch für die aussergewöhnlich lange Vertragsdauer von zehn Jahren der Entscheidungsgewalt der Gemeindebevölkerungen entzogen und werden statt dessen von einem Parkleitungsbüro gemanagt. Also freie Bahn für die Abschaffung der produktiven Landwirtschaft, die unsere Landesversorgung sicherzustellen hat, freie Bahn für die Ausdehnung der Lebensräume von Grossraubtieren auf Kosten der Menschen und ihrer Nutztiere?
Wie der Schweizerische Bauernverband SBV in seiner klaren Vernehmlassungsantwort zur SBS richtig anmerkt, bedeutet Nachhaltigkeit «für den Agrarsektor, dessen Hauptfunktion die Lebensmittelproduktion ist, den kommenden Bauerngenerationen landwirtschaftliche Betriebe zu hinterlassen, die ihre produzierenden und erhaltenden Funktionen wahrnehmen können». Und P. G. Bieri bemerkt für das Centre Patronal: «Der grösste Vorwurf, den sich der Entwurf gefallen lassen muss, ist denn auch der, dass er auf der untauglichen Idee des ständigen, unlösbaren Interessenkonflikts zwischen Mensch und Natur beruht.» (Zeit-Fragen Nr. 51/2011)
Die SBS stützt sich auf das umstrittene Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Biodiversitätskonvention) von 1995. Dieses ist Ausfluss der Konferenz von Rio 1992 und hat «die weltweite Erhaltung der Artenvielfalt sowie die gerechte Nutzung der genetischen Ressourcen» zum Ziel. Wer sich mit den Konsequenzen dieser schönklingenden Ziele auseinandersetzt, sieht sich einer menschenverachtenden Ökodiktatur gegenüber, die es dringend zu stoppen gilt. Im Oktober 2010 wurde an einer Konferenz in Nagoya (Japan) festgestellt, dass kein Staat diese Ziele erreicht hat. Das zeigt, dass die Menschen auf der ganzen Welt sich nicht so ohne weiteres für dumm verkaufen lassen.
Ausgehend von diesem Abkommen haben 2008 der National- und der Ständerat den Bundesrat beauftragt, eine Strategie Biodiversität zu entwerfen. Diesen Entwurf hat das Uvek (Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation) – also dasselbe Departement unter Moritz Leuenberger, das heute mit noch grösserer Inkompetenz von Doris Leuthard «betreut» wird und das auch das Raumkonzept Schweiz produziert hat! – am 16. September 2011 in Vernehmlassung gegeben. Raten Sie mal, welches Bundesamt im Uvek diesen unsäglichen Entwurf produziert hat: Richtig geraten, das Bafu (Bundesamt für Umwelt), also dieselbe Aktionszentrale, die das ganze Land mit Naturpärken überziehen will!
Schon vor der Auswertung der Vernehmlassung liegen bereits eine ganze Anzahl kritischer Stellungnahmen vor, so vom Schweizerischen Bauernverband SBV, von der Westschweizer Unternehmervereinigung Centre Patronal und von weiteren Unternehmern wie Peter Stadelmann im Thurgauer Bauern (siehe Kasten, S. 2).
Nun haben es der Nationalrat und der Ständerat, aber auch wir Bürger in der Hand zu verhindern, dass diese unsägliche «Strategie» aus der Bafu-Zentrale Gesetzeskraft erhält.
So titelte P. G. Bieri vom Centre Patronal seinen sehr bedenkenswerten Artikel in Zeit-Fragen Nr. 51/2011. Denn die Hauptziele der SBS sind die Einschränkung der Nutzung von natürlichen Ressourcen und der Eingriffe in diese sowie die Schaffung einer ökologischen Infrastruktur von Schutzgebieten und Vernetzungsgebieten bis 2020, um das Aussterben der Arten zu stoppen. (Vgl. Ziele 1–4, SBS, Seite 6–8)
Zu deutsch: Die Lebensräume der Tier- und Pflanzenarten sollen um jeden Preis geschützt werden, und zwar notfalls auf Kosten des Lebensraumes der Menschen. Damit nimmt man in Kauf, dass alle Tätigkeiten der Menschen erschwert und eingeschränkt würden. Die Arten, deren Aussterben gestoppt werden soll, umfassen unter anderem auch Tiere, die es in der Schweiz eigentlich gar nicht gäbe, wenn sie nicht auf vier Rädern einwandern würden, und deren schädliche Folgen für die Landwirtschaft die SBS in Kauf nimmt: «Für Bär, Luchs, Wolf und Biber gibt es nationale Konzepte. Bei diesen steht das Management der Populationen im Vordergrund, damit Schäden begrenzt und wo nötig entschädigt werden können.» (SBS, S. 27)
Konkret würde zum Beispiel die Waldwirtschaft massiv eingeschränkt:
«Die Fläche der Waldreservate soll von 3% auf 8% der gesamten Waldfläche erhöht werden. Totholz und vielfältige Strukturen sollen – in ökologisch genügender Menge – in allen Grossregionen der Schweiz vorhanden sein.» (SBS, S. 6)
Wie im Bericht selbst zugegeben wird, ist die Schweizer Waldbewirtschaftung auf Grund des bereits sehr strengen Waldgesetzes und wegen der sehr sorgfältigen Bewirtschaftung durch Land- und Forstwirte schon heute in vorbildlicher Weise ökologisch. Die Waldflächen haben zugenommen, die Bewirtschaftung erfolgt «in der Schweiz heute flächendeckend nachhaltig und weitestgehend naturnah», mehr als 60% der Arten leben in den Wäldern. (Vgl. SBS, S. 30) Trotz diesen erfreulichen Tatsachen sollen die Forstwirte, die heute schon auf Grund der strengen Auflagen kaum einen Ertrag erwirtschaften können, weiter eingeschränkt werden: 8% statt 3% der Wälder sollen zu Reservaten werden, die nicht bewirtschaftet werden dürfen, mehr Totholz wird verlangt usw. Die Folgen sind aus Deutschland bekannt! (Siehe «Wie man Gemeinden mit Naturschutzideologie ködert und hereinlegt», in: Zeit-Fragen Nr. 4/2011.)
Was die Jagd und Fischerei betrifft, sollen laut Bafu-Strategen «Denken, Planen und Handeln in überregionalen Wildräumen und Gewässereinzugsgebieten (statt auf Gemeinde- oder Kantonsebene) durch Verordnungen und Anreize gezielt gefördert werden». (SBS, S. 7)
Die SBS gibt zwar zu, dass Jagd und Fischerei in der Gesetzgebung bereits sehr nachhaltig geregelt sind. Sie fordert jedoch, «die Vernetzung der Lebensräume an Land und im Wasser wiederherzustellen» (SBS S. 33f), und zwar in grossem Stil und auch für Grossraubtiere, die bei uns gar nichts zu suchen haben. Man merkt leicht, wohin das Äpfelchen rollt: Richtung neues Raumkonzept, das mit den Gemeinden und Kantonen aufräumen will und an ihrer Stelle «überregionale Räume», möglichst über die Landesgrenzen hinaus, errichten will.
Wir Schweizer sind mit dem Planen und Handeln auf unseren bestehenden Staatsebenen Bund, Kantone und Gemeinden bisher gut gefahren – unser Denken wird jedoch schon lange darüber hinaus gesteuert, sowohl räumlich als auch zeitlich –, vielleicht denken wir sogar ein wenig weiter als die Zentralisierer in Bundesbern.
Tourismus, Sport und Freizeit: Das Bafu fordert «naturverträgliche Angebote» sowie die «stärkere Lenkung der Tourismus-, Sport- und Freizeitaktivitäten». (SBS, S. 34 und S. 44)
Was mit «stärkerer Lenkung» gemeint ist, wird nicht verraten, aber die Naturpärke eignen sich sicher gut zu solcher – der Demokratie entzogener – Lenkung. Der Versuch, in der Naturpark-Propaganda das Schneeschuhlaufen anstelle des Skifahrens beliebt zu machen, ist sicher löblich, aber wenn es dann konkret wird und die Extremnaturschützer die Skipisten und Skilifte verkleinern wollen, verstehen die Schweizer als Volk der Skifahrer und Snowboarder vermutlich keinen Spass. Auch diesen Punkt sollten sich alle gut überlegen, bevor sie ihrer Gemeinde grünes Licht für den Beitritt zu einem Naturpark geben.
«Landwirtschaft: Ausgleichsflächen (Biodiversitätsförderflächen) sollen ausgedehnt und Anreize für die Biodiversitätsförderung geschaffen werden. Dazu werden quantitative und qualitative regionale Flächenziele erarbeitet und umgesetzt.» (SBS, S. 6)
Damit ist gemeint, dass die Flächen für die produktive Landwirtschaft verkleinert werden sollen, um mehr Platz für die Lebensräume von Tieren und Pflanzen zu schaffen. Die SBS kritisiert, dass seit dem Zweiten Weltkrieg viele Arten ihren Lebensraum verloren hätten, weil die Produktivität der Landwirtschaft stark gesteigert wurde, durch eine intensivere Nutzung, durch die Mechanisierung und den Einsatz von Düngemitteln usw., mit dem Ziel der Ernährungssicherung. (SBS, S. 31)
Müssen wir die Strategen im Bafu, die in einer Schweiz des Wohlstandes aufgewachsen sind, daran erinnern, dass unsere Eltern und Grosseltern zur Zeit des Zweiten Weltkrieges, als die Schweiz von den Achsenmächten umzingelt und eingeschlossen war, hautnah erlebt haben, was es heisst, wenn die Nahrungsmittel knapp sind? Uns, ihren Kindern und Enkeln, wollten sie ersparen, dass wir in eine ähnliche Situation geraten könnten, deshalb haben sie nach dem Krieg alles daran gesetzt, für uns die Ernährungssicherung zu schaffen. Wer behauptet, ein solcher Engpass könne uns heute nicht mehr passieren, dem fehlt entweder jedes geschichtliche Denken, oder er lügt.
Kritiker der SBS wie der Schweizerische Bauernverband, Centre patronal und der Unternehmer Peter Stadelmann befürchten denn auch als Folge der erzwungenen Extensivierung der Landwirtschaft mit Recht die Senkung der Eigenproduktion und damit der Ernährungssouveränität, die heute schon nur 50–60% des Bedarfs beträgt (siehe Kasten).
Bereits heute werden gemäss Landwirtschaftsgesetz die Direktzahlungen an die Landwirte an die Bedingung geknüpft, dass 7% der Nutzfläche als ökologische Ausgleichsflächen ausgeschieden werden müssen. (SBS, S. 32) Die SBS will zusätzliche Anstrengungen in der Landwirtschaft durch «konkrete Ausgestaltung bei der Weiterentwicklung des Direktzahlungssystems». (SBS, S. 32)
Das heisst, wer Äcker statt Biotope auf seinem Land hat, kriegt weniger Bundesgelder. Bundesrätin Doris Leuthard hat bereits vor einigen Jahren verkündet, die Hälfte der Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz werde nicht überleben. Damit bestätigt sie implizit, dass die beiden Prinzipien (Erhaltung und Vernetzung der Lebensräume aller Arten/Versorgungssicherheit der Bevölkerung) teilweise im Widerspruch zueinander stehen. Während der Weltagrarbericht mit wohltuender Klarheit die Versorgungssicherheit der Menschen als erste Priorität fordert, geben die Biodiversitätsstrategen den Tieren und Pflanzen die erste Priorität. Interessanterweise wird der Weltagrarbericht in den ganzen Strategien und Konzepten des Bafu (Biodiversität) und des ARE (Raumkonzept) totgeschwiegen, und auch in den vielen Naturpark-Dossiers fehlt er gänzlich!
Wir Menschen scheinen laut Biodiversitätsstrategie schon eher störende Elemente in unserem Land zu sein:
«Die Zerschneidung der Landschaft und damit der Lebensräume hat in den letzten dreissig Jahren im Mittelland und in den Tallagen stark zugenommen. Der Bau der Verkehrsinfrastrukturen wie auch die Ausdehnung der Siedlungsfläche haben zudem grosse Flächen an naturnahen Lebensräumen zerstört, welche nur teilweise wieder ersetzt werden konnten.» (SBS, S. 35 und S. 44)
Damit sind die Prioritäten klar: Die Lebensräume der Menschen, also Siedlungen und Verkehrswege, werden nach Lesart der Bundesämter im Uvek als «Zerschneidung der Landschaft und damit der Lebensräume» charakterisiert! Dabei stellen die Kantone und Gemeinden die in der SBS geforderte Durchlässigkeit für Wildtiere, Amphibien, Reptilien und Kleinsäuger bereits heute weitgehend bereit. Aber das Bafu will die Kontrolle haben: «Zur Sicherstellung der Massnahmen im Raum sind die Instrumente der Raumplanung zu ergänzen und aufeinander abzustimmen.» (S. 36)
Übrigens werden auch in den Machbarkeitsstudien für die Naturpärke Strassen, Bahnlinien und Dörfer als «Zerschneidung der Lebensräume» etikettiert. Vielleicht sollte man die Schweizer Bevölkerung in Reservate pferchen, damit mehr Platz für die Lebensräume von Flora und Fauna geschaffen werden kann? Und die Beamten des Bafu werden dann zu Reservat-Aufsehern dieser neuen Form von «KZ-L» (Konzentrations-Lebensräumen).
Was im Raumkonzept Schweiz nicht verraten wird – in der Strategie Biodiversität Schweiz steht es schwarz auf weiss:
«Das Raumkonzept Schweiz (Entwurf) setzt u. a. das Ziel, Raum für Biodiversität zu schaffen. Die Raumplanung soll dazu einen zentralen Beitrag leisten. Der Bund erarbeitet in der Raumplanung Grundlagen und ist für die Koordination über die Kantone hinweg zuständig. Die Hauptverantwortung in der Raumplanung tragen die Kantone und Gemeinden. Um so wichtiger ist es, dass das Raumkonzept, welches tripartit – von Bund, Kantonen, Gemeinden und Städten – erarbeitet worden ist, auch von den betreffenden Partnern gemeinsam umgesetzt wird und dass dabei das Ziel betreffend Raumbedarf der Biodiversität eine hohe Priorität erhält.» (SBS, S. 44/45)
Das Ganze noch einmal im Klartext: Eines der Hauptziele des Raumkonzeptes ist es, in der Schweiz das Territorium freizuräumen für Biodiversitätsflächen. Für die Raumplanung sind zwar eigentlich die Kantone und Gemeinden zuständig, aber weil die wahrscheinlich nicht radikal genug dahintergingen, sondern von ihren Stimmbürgern am Extremnaturschutz-Programm gehindert würden, müssen das Bafu und das ARE die Steuerung in der Hand behalten, oder in EU-Sprache: Der Bund «ist für die Koordination über die Kantone hinweg zuständig». In Brüssel mag es so etwas geben, in der Schweiz jedoch existiert eine Ebene «über die Kantone hinweg» eigentlich nicht.
Und welche Form eignet sich besser für die Freiräumung von Territorium als die Naturpärke? Sie sollen – wie wir vermutet haben – als Experimentierfelder für den Extremnaturschutz benutzt werden:
«Bei den Regionalen Naturpärken von nationaler Bedeutung und bei ungenutzten Waldarealen ist zu prüfen, in welcher Art und Weise sie zur ökologischen Infrastruktur einen wichtigen Beitrag leisten können. […] Die Regionalen Naturpärke von nationaler Bedeutung sind meistens in biodiversitätsreichen Gebieten angesiedelt. Es ist zu überprüfen, in welchem Ausmass und durch welche Anreize sie zur ökologischen Infrastruktur als Schutz- oder Vernetzungsgebiete beitragen können.» (SBS, S. 46)
Ist nun alles klar? Die Beteuerung, dass sich im Naturpark für die Grundeigentümer und die Bewirtschaftung des Bodens nichts ändern werde, ist hiermit definitiv als Lüge entlarvt. Die Naturpärke sind dazu auserkoren, «zur ökologischen Infrastruktur als Schutz- oder Vernetzungsgebiete beitzutragen» – wer etwas anderes behauptet, lügt.
«Wo nötig sind Regenerationsmassnahmen vorzunehmen, um die langfristige Funktionalität der Gebiete zu sichern. Dies erfordert einen grossen finanziellen und personellen Aufwand, der nur mit vereinten Kräften von Bund, Kantonen, Gemeinden, Naturschutzorganisationen und privatem Engagement zu leisten ist.» (SBS, S. 46)
So weit kommt’s noch: Uns soll der Boden unter den Füssen «regeneriert» werden, und alle unsere Steuerkassen sollen auch noch dafür bezahlen? Das «private Engagement» trifft übrigens wieder einmal in erster Linie die Landwirtschaft. Wer in der landwirtschaftlichen Produktion nicht die Erhaltung der biologischen Vielfalt an die erste Stelle stellt, soll weniger (oder keine?) Bundesgelder mehr erhalten – entsprechende Gesetze sind bereits angedacht: «Um den Anforderungen des strategischen Plans der Biodiversitätskonvention gerecht zu werden, müssen bis spätestens 2020 der biologischen Vielfalt abträgliche Anreize einschliesslich Subventionen beseitigt, schrittweise abgebaut oder umgestaltet werden, um die negativen Auswirkungen auf ein Minimum zu reduzieren oder sie ganz zu vermeiden.» (SBS, S. 49)
Ausgegeben würden die Steuergelder durch das Bafu selbst und andere einschlägig bekannte Akteure wie Pro Natura oder den WWF, die dann ihre Experimente in den Naturpärken mit unseren Steuergeldern veranstalten könnten: «Die Umsetzung der Strategie wird zusätzliche finanzielle wie personelle Ressourcen erfordern. Für die Erarbeitung des Aktionsplanes sind die personellen Ressourcen des Bafu nicht ausreichend, d. h. es werden dafür Drittaufträge erteilt werden müssen.» (SBS, S. 59)
Ähnlich wie es im Bereich der Gesundheitsprävention geplant ist, sollen alle Lebensbereiche durchdrungen sein von Biodiversitäts-Prüfungen: «Grundsätzlich ist die Biodiversität bei Eingriffen durch Bauten und Anlagen im Rahmen von Vorhaben aller raumwirksam tätigen Sektoralpolitiken, namentlich der Infrastrukturpolitiken, aber auch der Energiewirtschaft zur Erzeugung und zum Transport von Energie, der Landesverteidigung sowie der Land- und Waldwirtschaft flächendeckend zu berücksichtigen.» (SBS, S. 40)
Entsprechend sollen alle Subventionen auf Biodiversitäts-Verträglichkeit überprüft werden: «Ein möglicher Ansatzpunkt für diese Überprüfung ist, in die reguläre Subventionsüberprüfung des Finanzdepartements die Nebenwirkungen im Bereich Biodiversität einzubeziehen.» (SBS, S. 49)
Selbstverständlich dient die Biodiversitätsstrategie auch als weiteres Mittel, um die Schweiz enger in die EU einzubinden: «Im Europäischen Raum engagiert sich die Schweiz im Rahmen ihrer vertraglichen Beziehungen zur EU und gewährleistet die Kompatibilität der Massnahmen mit der neuen Biodiversitätsstrategie der EU. Sie unterstützt die Aktivitäten der Europäischen Umweltagentur (EUA) und des Netzwerks der Leiter der Europäischen Naturschutzbehörden (Enca).» (SBS, S. 54f.) Anschliessend werden noch viele weitere internationale Engagements der Schweiz im Bereich der Biodiversität aufgezählt, so auch die Berner Konvention.
Innenpolitisch wird der Bundesrat zunächst die Vernehmlassungsantworten auswerten, dann seine Strategie dem Parlament übergeben, gleichzeitig will das Bafu innert 18 Monaten einen Aktionsplan erstellen, wobei es eine Gesetzesrevision möglichst vermeiden will: «Die Anliegen der Strategie Biodiversität werden in erster Linie gestützt auf die bestehenden rechtlichen Grundlagen umgesetzt. […] Inwieweit Gesetzesanpassungen notwendig sind, wird im Rahmen des Aktionsplanes geklärt.» (SBS, S. 57)
Das heisst, der «Chlüngel» im Uvek wird versuchen, dieses Riesen-Umsturz-Projekt unter Umgehung des fakultativen Referendums durchzubringen.
Nun, die Leser dieser Informationen wissen ja jetzt Bescheid und werden die Strategie Biodiversität Schweiz ebenso wie das Raumkonzept Schweiz zu verhindern wissen. •
gs. Bauernversammlung in der Gemeinde, eingeladen auf 19.30 Uhr (pünktlich erscheinen). Je ein smarter junger Vertreter des Kantons aus den einschlägigen Departementen Umwelt, Raumplanung und Landwirtschaft referieren (dem letzteren, als ehrlicher und umgänglicher Mensch bekannt, ist es sichtlich unwohl). Die wissenschaftliche Power-Point-Präsentation beginnt: Kurz eine schöne Sommerwiese, eine Eidechse, ein «Heugümper»; dann über den Bildschirm tanzende Flächen, Kurven, Berechnungsschemata, Beitragszahlen. Alles für die Zukunft – nachhaltig. Schliesslich das Antrags- und Beitragsberechnungsformular für den einzelnen Landwirt und wie er per Jahressaldo 529,75 mehr verdienen könne. Die wegfallende Produktion ist kein Thema. Schon während dieser brillanten Filmpräsentation verbeisst die Hälfte der Zuhörer das Lachen auf den Stockzähnen. Dann kurze Pause und Diskussion.
«Wüssed Ihr eigentlich nöd, wie mir jedere Wegwarte und jedere Eidechse Sorg händ?» Die vom Kanton: «Die Berechnung hat ergeben, dass wir das Plansoll gesamtschweizerisch nicht erreicht haben.» – «Ihr sind jo nöd cho zele.» Kanton: «Dafür haben wir zu wenig Geld und Personal, leider.» Bauer: «Äbe, drum stimmt d'Statistik nöd. Üs hend er jo nöd gfroget!»
Nun findet der Präsident es für nötig, den Abend zu retten, und führt auf das Beitrags-Berechnungsformular zurück. Die ökologischen Aufstockungsprozente seien ganz leicht zu erreichen… …
Nachher beim Parkplatz zwei Bauern, die den ganzen Abend geschwiegen haben: «Bis jetzt habe ich freiwillig den Vögeln, Insekten, Kriechtieren und Wildblumen Sorge getragen. Wenn sie jetzt so kommen, dann wird es zum Kotzen. Mir reichts!» Der andere, ein Bio-Bauer: «Mir auch!»
Unter dem Stichwort Biodiversität wird weiterhin die Extensivierung der Landwirtschaft gefördert. Die Rückkehr zur Ernährungssicherheit rückt damit in weite Ferne, und somit wird die Eigenproduktion, die sich heute noch auf 50 bis 60 Prozent beläuft, weiter sinken. Wo das Ziel liegen soll, lässt das BLW im dunkeln. […]
Kann ein Land seine Nahrungsmittelversorgung nicht mehr selber kontrollieren, so wird es zum Spielball der Politik und damit erpressbar. Das ist das Letzte, was die Schweiz will. Die Schweiz hat wohl weltweit eine der umweltgerechtesten Landwirtschaften. Mit den strengen Auflagen, zum Beispiel im Bereich der Tierhaltung, nimmt sie eine führende Stellung ein. Die Bestrebung nach einer weiteren Ökologisierung der Schweizer Landwirtschaft ist der falsche Weg, weil die Produktion, nicht zuletzt auch durch die zunehmende Bürokratie, weiter verteuert wird. Die sinkende Produktivität hat negative Folgen auf den Eigenversorgungsgrad. Man wird gezwungen, vermehrt Nahrungsmittel zu importieren. Dies ist aber alles andere als ökologisch. Anstatt eine weitere Extensivierung anzustreben, wäre es viel klüger, dort, wo es Sinn macht, eine nachhaltig produzierende Landwirtschaft zu fördern.
Wer sich wirklich mit der Materie auseinandersetzt, kann zu keinem anderen Schluss kommen, als dass der einzige Weg, möglichst ökologisch mit unserer Umwelt umzugehen, nur über eine Stärkung einer einheimischen, produzierenden Landwirtschaft gehen kann.
Quelle: Thurgauer Bauer Nr. 50/2011 vom 16.12.2011, Autor: Peter Stadelmann, Geschäftsführer, Kunz Kunath AG
Auszüge aus der Vernehmlassungsantwort des Schweizerischen Bauernverbandes SBV zur Strategie Biodiversität Schweiz (SBS) vom 15.12.2011
Ohne Anpassungen können wir die SBS in der vorgeschlagenen Form keinesfalls akzeptieren und behalten uns gegebenenfalls die Möglichkeit vor, uns der Vorlage auf dem politischen Weg zu widersetzen. […]
Die Landwirtschaft und die Natur im weitesten Sinne des Wortes haben im Laufe der vergangenen Jahrhunderte Synergien aufgebaut. Auf der einen Seite hat die Landwirtschaft dazu beigetragen, dass zahlreiche Lebensräume geschaffen wurden, und sie hilft auch heute noch, gewisse Gebiete zu erhalten und zu schützen. Auf der anderen Seite bietet der natürliche Lebensraum der Landwirtschaft verschiedene Ressourcen (Boden, Wasser, Luft, Fauna und Flora usw.). Damit erfüllt die Schweizer Landwirtschaft ihre Rolle in bezug auf die Erhaltung der natürlichen Ressourcen und die Pflege der Kulturlandschaft. […]
Eine Extensivierung der Schweizer Landwirtschaft würde jedoch den Selbstversorgungsgrad der Schweiz senken und zum Verlust zahlreicher Arbeitsplätze sowohl im Agrarsektor als auch im Sekundärsektor führen. […] Ein Rückgang der Schweizer Produktion wird aber nicht zu einer sinkenden Nachfrage bei den Konsumentinnen und Konsumenten führen. Nahrungsmittel, die nicht mehr bei uns produziert werden, müssen importiert werden, und das unter für unsere Schweizer Standards oft bedenklichen Produktionsbedingungen! […]
Es geht auch darum, den Grundsatz, der bisher in bezug auf die Artenerhaltung vorherrschte, und zwar die Trennung zwischen geschütztem Raum mit sehr beschränkter Nutzung und ungeschütztem Raum, in Frage zu stellen. Der Mensch ist voll und ganz in der Biodiversität integriert und der Ausschluss all seiner Aktivitäten, die er in bestimmten Erhaltungszonen haben könnte, vermochte die Erosion der Biodiversität nicht zu stoppen, wie dies in der SBS steht. Interaktionen zwischen geschützten und ungeschützten Naturräumen sind notwendig und tragen zum Erhalt und zur Entwicklung der Biodiversität bei. […]
Nachhaltigkeit bedeutet für den Agrarsektor, dessen Hauptfunktion die Lebensmittelproduktion ist, den kommenden Bauerngenerationen landwirtschaftliche Betriebe zu hinterlassen, die ihre produzierenden und erhaltenden Funktionen wahrnehmen können. […]
Wir sind entschieden gegen eine Ausdehnung der Biodiversitätsflächen im Agrarsektor. Im Vergleich zu anderen Sektoren trägt dieser mit über 122 000 ha ökologischen Ausgleichsflächen (ÖAF) bereits wesentlich dazu bei, dass dem Verlust an Biodiversität Einhalt geboten wird. […] Der Ausschluss dieser Flächen wertet die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern ab und diskreditiert sie, obwohl sie das strenge Pflichtenheft des ÖLN (ökologischer Leistungsnachweis) einhalten. […]
Schweizerischer Bauernverband
Hansjörg Walter, Präsident
Jacques Bourgeois, Direktor
P. G. Bieri, Centre Patronal, Lausanne, in Zeit-Fragen Nr. 51 vom 20.12.2011
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