von Roland Güttinger und Dr. phil. Henriette Hanke Güttinger
zf. In zwei Wochen haben die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Möglichkeit, an der Urne über das neue Tierseuchengesetz abzustimmen. Bereits Mitte Oktober haben die Gegner des Gesetzes an einer Pressekonferenz die wesentlichen Argumente gegen das neue Tierseuchengesetz auf den Tisch gelegt. Seit dieser Zeit findet unter den Bürgern eine lebhafte Diskussion über das Für und Wider dieses Gesetzes statt.
Auffallend dabei ist, dass von den Befürwortern dieses Gesetzes keine konkreten Fakten auf den Tisch gelegt werden, sondern häufig wird in den Mainstream-Medien versucht, mit Stimmungsmache die Gegner des Gesetzes zu verunglimpfen. Dadurch kann der Vorwurf des Impfzwangs nicht entkräftet werden. Das neue Gesetz gibt dem Bundesamt für Veterinärwesen (BVet) weitreichende Kompetenzen gegenüber den Kantonen und den einzelnen Bürgern, die einen Impfzwang viel leichter durchsetzen könnten als bisher. Im gesamten stellt das neue Gesetz einen Angriff auf unsere föderalen Strukturen dar. Hinzu kommt noch der verstärkte Einfluss des Auslands, was zu unkontrollierbaren Verordnungen durch das Bundesamt führen kann.
Einfach zu sagen, es gebe mit dem neuen Gesetz keinen Impfzwang, ohne den Paragraphen zu zitieren, der einen Impfzwang ausschliesst, ist in einer sachlichen Auseinandersetzung unzulässig. Bisher konnte keiner der Befürworter den Paragraphen nennen, der einen Impfzwang ausschliesst, weil es diesen schlichtweg nicht gibt. Dass sogar Tierärzte das neue Gesetz ablehnen, weil es zuweit geht und das alte vollkommen ausreicht, muss ebenfalls stutzig machen.
Der folgende Artikel fasst die wichtigsten Argumente zusammen und beschreibt die verheerenden Auswirkungen, die mit der Annahme des Gesetzes zu gewärtigen sind.
Auf dem Bauernhof von Thomas und Katharina Grieder (Pfäffikon) lud das «Komitee gegen die Revision des eidgenössischen Tierseuchengesetzes» zu einer Pressekonferenz im Vorfeld der eidgenössischen Volksabstimmung vom 25. November 2012. Unter der Leitung von Urs Hans (Neubrunn), Biobauer und grüner Kantonsrat, legte das Komitee die Gründe für ein Nein zur Revision des Tierseuchengesetzes dar.
Bauern aus verschiedenen Kantonen führten den Pressevertretern anhand konkreter Fakten vor Augen, wie verheerend sich Zwangsmassnahmen im Zusammenhang mit der Blauzungenimpfung für die landwirtschaftlichen Betriebe ausgewirkt haben.
Nach den Impfungen gegen die Blauzungenkrankheit kam es zwischen Sommer 2008 und Sommer 2010 zu massiven Schäden in den Tierbeständen. Thomas Grieder (Pfäffikon), der 26 ha Grünland bewirtschaftet mit einem Bestand von 20 Mutterkühen, verlor unter anderem 5 Mutterkühe. Auf dem Betrieb von Thomas Jucker (Weisslingen) ging fast die Hälfte seiner Kühe ein. Auch auf dem Hof von Toni Hürlimann (Walchwil) ergaben sich nach der Impfung schwerwiegende gesundheitliche Probleme. Von den 13 Kühen, die Alois Müller (Küssnacht) 2008 impfen lassen musste, lebt heute keine mehr. Lediglich die Kuh, die nicht geimpft wurde, ist heute noch wohlauf.
Jost Kathriner (Stalden, Obwalden) erlitt in seinem Viehbestand von 20 Milchkühen und 15 Stück Jungvieh einen Schaden um die 30 000 Franken.
Sybilla Kölbener aus dem Puschlav berichtete, wie ihre Schafherde vom Amtstierarzt beschlagnahmt worden war, nachdem sie die Impfung verweigert hatte.
In der Regel liessen die Bauern bei der ersten Blauzungenimpfung ihre Tiere bedenkenlos impfen. Bei auftretenden gesundheitlichen Problemen stellten sie sich vorerst die Frage, ob sie etwas falsch gemacht hätten. Erst im Gespräch mit Berufskollegen, die ganz ähnliche Vorkommnisse beobachtet hatten, verdichtete sich die Befürchtung, dass es sich hier um direkte Folgen der Blauzungenimpfung handeln könnte, was ja unterdessen auch von offizieller Seite bestätigt ist. Erst auf Grund ihrer bitteren Erfahrungen verwehrten viele Bauern weitere Impfungen.
Beschämend für unsere Behörden war der weitere Ablauf mit den persönlichen Folgen, die betroffene Bauern zu erleiden hatten. Diese reichten von Strafandrohungen über Schikanen auf dem eigenen Hofe bis zum Polizeieinsatz. Schadenersatz für die verlorenen Tiere und für erlittene Schäden fehlten in der Regel. Es blieb eine bittere Erfahrung mit der Obrigkeit, die dem einzelnen Bauern die eigene Verantwortung und das eigene Gefühl der Fürsorge für seine Tiere gänzlich absprach.
Auch bei solch schwerwiegenden Problemen muss man in der Schweiz weder einen Aufstand noch ohnmächtig die Faust im Sack machen. Referendum und Initiative ermöglichen konstruktive Lösungen. So haben die betroffenen Bauern das Referendum gegen die Revision des Tierseuchengesetzes ergriffen, das den Impfzwang auf Bundesebene einschliesst. Darüber wird das Volk am 25. November abstimmen.
Ein weiterer Referent nahm die Machtkonzentration beim Bund durch das revidierte Tierseuchengesetz in den Fokus. Machtkonzentration beinhaltet immer die Gefahr des Machtmissbrauchs. Ohne unser Wissen kann der Bundesrat mit internationalen Organisationen Verträge abschliessen (Artikel 53b). Damit tritt er Souveränität an internationale Organisationen ab. Der Referent erinnerte an die WHO, die im Zusammenhang mit der Schweinegrippe eine Pandemiehysterie entfachte. Alleinige Nutzniesser waren die Pharmakonzerne mit riesigen Gewinnen für Impfstoffe, auf denen die Schweiz sitzenblieb, weil es gar keine Pandemie gab.
Mit der Machtkonzentration auf Bundesebene – so der Referent – werden die kantonalen Veterinärämter gleichgeschaltet. Damit geht ein weiteres Stück Föderalismus verloren, die Sorge für die Gesundheit der Tiere auf kantonaler Ebene, einer Ebene, auf der man sich oft noch persönlich kennt und die als Verwaltungseinheit überschaubar bleibt. Der föderalistische Gedanke birgt in erster Linie das Element der Eigenverantwortung und der Eigenständigkeit. Dass unser ganzes Staatswesen auf dieser Grundlage fusst, ist uns oft – vor allem uns Städtern – zuwenig bewusst. Dass die übergeordnete Verwaltungsebene nur gerade das übernimmt, was die untere nicht selbst bewältigen und organisieren kann, ist der Kerngedanke der Subsidiarität. Wir können uns bei der Ablehnung der Revision des Tierseuchengesetzes auf die Subsidiarität berufen, die in der Bundesverfassung verankert ist. Geben wir diese Kostbarkeit, um die man uns in den europäischen Staaten zu Recht beneidet, nicht leichtfertig aus der Hand. Damit ermöglichen wir transparente Abläufe in der Verwaltung und dämmen auch die mächtig wuchernde Verwaltungsblase auf Bundesebene ein.
Auf die Frage eines Pressevertreters zeigte Urs Hans am Beispiel von Neubrunn auf, wie die Schweiz die Maul- und Klauenseuche erfolgreich und nachhaltig bekämpft hat. Nachdem im Stall seines Nachbarn die Maul- und Klauenseuche aufgetreten war, wurde dessen Hof unter Quarantäne gestellt, desinfiziert, und die Kühe wurden der Notschlachtung zugeführt. Damit wurde eine Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche auf die anderen Höfe im Dorf erfolgreich verhindert. Für die ganze Schweiz hat sich dieses Vorgehen als absolut erfolgreich erwiesen.
Abschliessend äusserte das Komitee folgendes:
«Wie geht es weiter? Um diesem Machtmissbrauch und diesem Justizskandal erster Güte ein Ende zu bereiten, fordern wir auf Bundesebene die sofortige Schaffung einer ständigen, vom Amt unabhängigen Aufsichtskommission mit Einbezug von Vertretern aus der bäuerlichen Praxis.
Wir Bauern weigern uns, uns weiterhin dem Schachspiel wirtschaftlicher Interessen multinationaler Konzerne zu unterwerfen.
Wir sagen stop! zu unwissenschaftlichen und heuchlerischen Panikmachen zwecks Profitmaximierung wie Vogelgrippe, Schweinegrippe und Blauzungenkrankheit.
Wir verlangen die Freiwilligkeit von Impfungen: Jeder soll impfen können, aber selber dafür geradestehen.
Wir verlangen Mitbestimmung und Eigenverantwortung.
Die Bauern im Kanton Zürich haben dies weitgehend erreicht.
Der Kantonsrat hat in seinem neuen Tierseuchengesetz festgeschrieben, dass künftig nach Impfungen nicht nur Sofortreaktionen, sondern auch Langzeitschäden vergütet werden müssen und die Bauern bei deren Beurteilung mitreden wollen. Zudem überwacht in Zukunft eine unabhängige Verwaltungskommission die Arbeit des Veterinäramtes. Genau dies brauchen wir auch auf Bundesebene.
Aus all diesen Gründen lehnen wir das schlechte, bevormundende und falsch revidierte eidgenössische Tierseuchengesetz am 25. November, im Interesse unserer Tiere, klar ab.» •
– 5 Aborte
– Frühgeburten, Zellzahlen massiv angestiegen (Faktor 2,5)
– Milchleistungen stark eingebrochen (848 kg je Kuh und Jahr)
– Lebensschwache Kälber, die wenige Stunden nach der Geburt verendeten
– Klauenprobleme, bei denen sich ganze Sohlen ablösten
– Unnatürliches Nachgeburtsverhalten
– Schlechte Fruchtbarkeit (Besamungsindex von 1,9 auf 2,3 angestiegen)
– Stark reduzierte Aktivität der Tiere
– Innert 3 Monaten für Behandlungen mit Antibiotika 7000 Franken ausgegeben
– Fast die Hälfte aller meiner Kühe innert Jahresfrist abgegangen (28 Stück)
– 5 tote Mutterkühe in den ersten drei Wochen nach der ersten Impfung
– 5 Klauensohlenablösungen (Klauenrehe)
– 4 unbehandelbare Euter- und Gelenkentzündungen
– 1 Schwergeburt
– 1 etwa viermonatige Mumie
– 2 Totgeburten
– 1 Frühgeburt, die nach 24 Std. verendete
– 1 Kuh mit akuter Atemnot
Landwirt Grieder berichtete über eine lückenlose Begleitung aller Fälle durch den Tierarzt.
Die gebürtige Appenzellerin, die mit ihrem Mann im Puschlav Schafe züchtet, berichtete folgendes: «Ich bin hier als direkt betroffene Tierhalterin, die weiss, wovon sie spricht, wenn von Entmündigung die Rede ist, erlebt, erfahren in den Jahren mit dem Blauzungen-Impfobligatorium. Weil wir die Schafe nicht impften, weil es nichts zu impfen gab, beschlagnahmte sie der Amtstierarzt und war berechtigt, die Aufsicht über des Landwirts Eigentum, seine gesunde Herde, zu nehmen. Unserer Einsprache wurde die aufschiebende Wirkung entzogen, wir hatten nichts mehr zu sagen, es sei Gesetz!»
«Am 4. August 2008 wurde die Impfung wiederholt. […] Nach einiger Zeit ging auf meinem Hof nichts mehr, wie es vor dem Sommer 2008 war. Vor allem wurden meine Tiere nicht mehr trächtig trotz zwei Bullen. Mir fielen vermehrt Tot- und Missgeburten auf, nebst kleinwüchsigen und kümmerlichen Kälbern. Dies veranlasste mich dazu, mich genauer über die Impfungen zu informieren, und so verlangte ich in einem ersten Schritt die Packungsbeilage der Impfung von meinem Tierarzt. Er rief mich zwei Tage später entsetzt an und bestätigte meine Befürchtungen zu den Inhaltsstoffen, vornehmlich Quecksilber. Doch in der Packungsbeilage steht unter anderem noch weitaus mehr:
– […] Dauer der Immunität: Die Ergebnisse stehen noch aus.
– Ein eventueller Einfluss der Impfung auf die reproduktive Funktion von Bullen (Spermatogenese) wurde bisher nicht untersucht.
– Die Unbedenklichkeit bei Anwendung dieses Impfstoffes bei trächtigen oder laktierenden Tieren wurde bisher nicht untersucht.
Zur Frage der Impfschäden auf dem Hof hielt Prof. Hässig, Universität Zürich, folgendes fest: ‹Mit dem Hoftierarzt konnte verifiziert werden, dass die Probleme nach der Impfung ihren Anfang hatten und der Betrieb zuvor die üblichen Probleme eines Landwirtschaftsbetriebes in der Schweiz hatte.›»
Uniterre (Mitglied der coordination européenne Via Campesina), an der Pressekonferenz, vertreten durch seine Co-Präsidentin, Ulrike Minkner, begründete ihr «Nein zur Revision des Tierseuchengesetzes» wie folgt:
«Uniterre geht davon aus, dass die Selbstbestimmungsrechte der Bäuerinnen und Bauern nicht noch weiter beschnitten werden sollen.
Die letzte grössere Impfkampagne, die Impfkampagne gegen die Blauzungenkrankheit, die sich mit der BVD-Sanierung (Bovine Virus Diarrhoe) zeitlich überschnitten hat, war für viele Betriebe mit grossen finanziellen Einbussen und einem erheblichen Mehraufwand verbunden.
Deshalb erscheint es uns wichtig, die Entscheidungsverantwortung in den Händen der Bauern und Bäuerinnen nicht zu schwächen. Klar abgegrenzt dagegen sind Tierkrankheiten zu betrachten, die von Tieren auf Menschen übertragen werden können.
Wir sehen in der Durchsetzung von staatlich verordneten Impfprogrammen über ganze Nationen hinweg keinen befriedigenden Lösungsansatz. Es bleiben Symptom-Bekämpfungsmassnahmen, die längerfristig die Probleme verschärfen werden. Impfkampagnen können kurzfristig eine Ausbreitung von Krankheiten verhindern – langfristig dagegen muss umgedacht werden.
Schon vor Jahren gingen Forderungen aus kritischen bäuerlichen Kreisen in eine andere Richtung:
– Forschung zur natürlichen Immunisierung der Tiere soll gefördert
werden
– Alternative Heilmethoden sollen
weiterentwickelt werden
– Verminderung von Antibiotika-
Verabreichungen einleiten
– Zuchtziele verändern, hin zu langlebigen, robusten Tieren
Diese Forderungen wurden bisher nicht erfüllt und finden im Gesetz keinen Niederschlag. Ohne diese Massnahmen verstärken die Regelungen des revidierten Tierseuchengesetzes einseitig eine restriktive Verordnungsebene, anstatt das Tierwohl ins Zentrum zu setzen.»
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