Der amerikanische Imperialismus äussert sich in vielfältigen und verschiedenen Formen

Der folgende Text, welchen die Autoren des Buches dem Brief de Gaulles beigesellt haben, ist als Leserführung gedacht und spricht jeweils de Gaulle selber an, um die historische Situation in Erinnerung zu rufen, in welcher jener das Dokument verfasste.

10. Juni 1942. Die Truppen des Freien Frankreichs kämpfen gegen die Panzer des Afrikakorps, die Stukas und die Luftwaffe an der Front von Bir Hakeim, eine strategische Wasserstelle mitten in der libyschen Wüste: Die Truppen von Koenig und von Messmer treten gleichzeitig Rommel und den Italienern gegenüber und entgehen knapp der Umzingelung. In Madagaskar bekämpfen die englischen Truppen gleichzeitig – ohne Sie [gemeint ist de Gaulle] informiert zu haben – während 7 Monaten die Truppen von Vichy und die japanischen U-Boote in heftigen Kämpfen. In der Metropole wird Laval auf Radio Vichy bald bestätigen, dass er den Sieg von Deutschland wünsche, während die Gestapo seit zwei Monaten im besetzten Frankreich wütet. Dank den Bemühungen von Jean Moulin wird das Nationalkommitee Freies Frankreich schliess-lich von allen Widerstandsbewegungen im Innern anerkannt: Das Freie Frankreich und das besetzte Frankreich werden bald zum «kämpferischen» Frankreich. Sie werden tatsächlich gezwungen sein, an allen Fronten zu kämpfen: gegen Ihre Feinde und manchmal sogar gegen Ihre Verbündeten, die manchmal auch die Tendenz haben, Sie zu umzingeln. Sie erörtern mit Churchill die Probleme von Madagaskar, aber vor allem die amerikanische Politik in Bezug auf Vichy und den unsäglichen Egoismus der Vereinigten Staaten. Vier Tage früher haben Sie in einer geheimen Note an Molotov, dem sowjetischen Aussenminister, kein Blatt vor dem Mund genommen: «Der amerikanische Imperialismus kommt in vielfältigen und verschiedenen Formen zum Ausdruck. Einige seiner Vertreter denken in Begriffen wie der US-amerikanischen Herrschaft über die westliche Welt. Andere Vertreter, die den Wirtschaftsimperialismus verfechten, wünschen, dass die USA einen Lebensstil für die ganze Welt einführen und überall die Ressourcen und den Handel kontrollieren und verwalten.»

Der amerikanische Imperialismus äussert sich in vielfältigen und verschiedenen Formen

General de Gaulle schreibt am 10. Juni 1942 an General Eboué und General
Leclerc, Angehörige seines Stabs

In meinem Telegramm Nr. 5219/B CAB vom 6-6-42 habe ich Ihnen meine Befürchtungen in bezug auf die imperialistischen Pläne der Vereinigten Staaten und, wenn auch in geringerem Masse, diejenigen von England, welche die Einheit und Integrität unseres Reiches betreffen, mitgeteilt. Diese Pläne sind übrigens weit davon entfernt, in ihren eigenen Regierungen und der öffentlichen Meinung auf ungeteilte Zustimmung zu stossen. Dennoch setzt sich im Moment der unsägliche Egoismus in ihrer Politik durch. In dieser Hinsicht ist das kämpfende Frankreich das Hindernis ihrer Absichten. Im Abwägen der schwerwiegenden Nachteile, die im schlimmsten Fall der Abbruch der Beziehungen darstellen würde, versuchen sie, dieses Frankreich von innen her zu manipulieren. Insbesondere geben sie vor, mit den lokalen Behörden die Fragen der gemeinsamen Aktionen regeln zu wollen. Sie rechnen damit, bei ihnen die gesuchten Erleichterungen zu finden, ohne dafür eine Gegenleistung für die Franzosen im eigenen Land oder im ganzen Reich erbringen zu müssen.

Ich warne Sie vor einem solchen Vorgehen unserer amerikanischen und englischen Verbündeten. Es ist absolut notwendig, dass wir ihnen gegenüber einen engen Schulterschluss wahren.

Die lokalen Abmachungen mit ihnen, sei es in wirtschaftlicher oder militärischer Hinsicht, können scheinbar für uns auf den ersten Blick gewisse Vorteile bedeuten. Aber aus Gründen eines übergeordneten Interesses halte ich es für wesentlich, dass alle Anfragen oder Vorstösse einer ausländischen Autorität, welche in irgendeiner Weise ihre Nutzung unserer Territorien oder Streitkräfte oder die Ausrüstung dieser Territorien oder Streitkräfte durch sie oder gemeinsame Handlungen dieser Territorien oder Streitkräfte mit den ihrigen oder sogar den Aufenthalt, das Eintreffen oder den Abzug ihrer eigenen Leuten auf diesen Territorien oder innerhalb dieser Streitkräfte betreffen, der Entscheidung des Nationalkommitees unterstellt sind. Dies zielt vor allem auf die Missionen von Taylor und Cunningham.

Da sie praktische Leute sind, werden die Angelsachsen sich bald dem Unausweichlichen fügen, und ich werde die Möglichkeit haben, einen Nutzen aus unserem Wettkampf im Dienste des Allgemeinnutzes des Reiches und des Landes zu ziehen.

Général de Gaulle

Quelle: Les Messages secrets du général de Gaulle, Londres 1940–1942 Gallimard 2011, S. 226
ISBN 978-2-07-013597-4

Felix Eboué

Vom 18. Juni 1940 an erklärt sich Felix Eboué, Generalgouverneur des Tschad seit 1938, zum Anhänger General de Gaulles. Am 26. August, erklärt er, mit Oberst Marchand, Militärkommandant des Gebietes, offiziell den Anschluss des Tschad an das Freie Frankreich und gibt damit das «Signal zur Wiederaufrichtung des ganzen Reiches». Am 12. November wird er zum Generalgouverneur von Französisch-Äquatorialafrika ernannt und zählt zu den fünf ersten Personen, die von General de Gaulle mit dem Ordre de la Libération ausgezeichnet werden. Er verwandelt Französisch-Äquatorialafrika in eine echte geopolitische Drehscheibe, von der die ersten Truppen des Freien Frankreichs unter der Führung der Generäle de Larminat, Koenig und Leclerc aufbrechen. Von Brazzaville aus stellt er eine Armee von 40 000 Mann auf und treibt die Kriegswirtschaft voran.

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