Nato gegen Syrien

Nato gegen Syrien

Nach Assads Abgang stünden Sunniten gegen Schiiten gegen Alawiten gegen Christen

von Philip Giraldi *

zf. Schon Mitte Dezember berichteten US-amerikanische Experten von starken äusseren Einflüssen auf die Aufstände in Syrien und deren Folgen.

Amerikaner sollten sich Sorgen darüber machen, was in Syrien geschieht, schon deshalb, weil es zu einem weiteren unerklärten Krieg wie in Libyen kommen könnte, allerdings viel, viel schlimmer. Aufrufe zu Regime Change sind von Aussenministerin Hillary Clinton gekommen, die vor einigen Wochen einen Bürgerkrieg voraussagte. Das ist in der Tat wahrscheinlich, wenn das weitgehend säkulare und nationalistische Regime von Bashar al-Assad fällt; dann stünden Sunniten gegen Schiiten gegen Alawiten. Einheimische Christen werden vom Fleischwolf erfasst werden. Ironischerweise sind viele der Christen in Damaskus Iraker, welche die letzte Runde der Befreiung in ihrem eigenen Land erlebt haben und flüchten mussten, um ihr Leben zu retten.
Die Nato ist im geheimen bereits im Syrien-Konflikt engagiert, wobei die Türkei als US-Vertreter die Führung innehat. Ankaras Aussenminister Ahmet Davitoglu hat offen zugegeben, dass sein Land zur Invasion bereit sei, sobald sich die westlichen Verbündeten einig sind, das zu tun. Die Intervention würde auf humanitären Prinzipien basieren, um die Zivilbevölkerung zu schützen, was mit der Doktrin der «Schutzverantwortung» («responsibility to protect») begründet wird, die angeführt wurde, um die Intervention in Libyen zu rechtfertigen. Türkische Quellen weisen darauf hin, dass die Intervention mit der Schaffung einer Pufferzone an der türkisch-syrischen Grenze beginnen und dann ausgedehnt würde. Aleppo, die grösste und kosmopolitischste Stadt Syriens, wäre das Kronjuwel, auf das es die Befreiungskräfte abgesehen haben.
Nicht gekennzeichnete Nato-Kampfflugzeuge treffen derzeit auf der türkischen Militärbasis Iskenderum an der syrischen Grenze ein, die sowohl Waffen aus den Arsenalen Muammar Gaddafis als auch Freiwillige des Nationalen libyschen Übergangsrates überbringen, die erfahren darin sind, lokale Freiwillige gegen ausgebildete Soldaten aufzustellen, eine Fähigkeit, die sie sich in der Konfrontation mit Gaddafis Armee aneigneten. Iskenderum ist ausserdem der Sitz der Freien Syrischen Armee, dem bewaffneten Flügel des Syrischen Nationalrates. Französische und britische Ausbildner für Sondereinsatztruppen sind vor Ort und unterstützen die syrischen Rebellen, während die CIA und die US Spec Ops [US Special Opera­tions Command; abgekürzt USSOCOM oder auch SOCOM] Kommunikationsausrüstung und Geheimdienstinformation liefern, um der Sache der Rebellen zu helfen, indem sie die Kämpfer dazu befähigen, Konzentrationen syrischer Soldaten zu meiden.
CIA-Analysten stehen dem Marsch in den Krieg skeptisch gegenüber. Der oft zitierte Bericht der Vereinten Nationen, wonach mehr als 3500 Zivilisten von Soldaten Assads getötet worden seien, basiert weitgehend auf Quellen der Rebellen und ist unbestätigt. Die Agency hat sich geweigert, die Forderungen abzusegnen. Genauso erweisen sich Berechnungen von massenhaftem Überlaufen aus der syrischen Armee und Schlachten zwischen Deserteuren und loyalen Soldaten als Erfindung, wobei einige wenige Überläufer unabhängig bestätigt worden sind. Dies Behauptungen der syrischen Regierung, dass sie von Rebellen überfallen werde, die von ausländischen Regierungen bewaffnet, trainiert und finanziert werden, sind eher wahr denn falsch.
In den Vereinigten Staaten schliessen sich viele Freunde Israels der Forderung nach Regime Change an und glauben, ein geschwächtes Syrien, das durch Bürgerkrieg gespalten ist, werde keine Gefahr für Tel Aviv darstellen. Aber sie sollten sich das nochmals überlegen, da diese Entwicklungen dazu neigen, sich ins Gegenteil zu verkehren. Die bestorganisierte und -finanzierte politische Oppositionsbewegung in Syrien ist die Muslimbruderschaft.    •

* Philip Giraldi ist ehemaliger CIA-Mitarbeiter und heute verantwortlicher Direktor des Council for the National Interest.
Quelle: The American Conservative vom 19.12.2011
(Übersetzung Zeit-Fragen)

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