Arbeit mit Pferden – im Rhythmus der Natur

Arbeit mit Pferden – im Rhythmus der Natur

Michael Götz, Eggersriet, SG

Der Hof «Laas» unterscheidet sich äusserlich kaum von den Bauernhöfen der Umgebung. Doch bei der Feldarbeit sieht man noch Pferde im Einsatz. Der Landwirt und seine Frau sind Pferdefreunde und wollen so gut als möglich mit der Natur arbeiten.

Der Hof Laas gehört zur Gemeinde Les Prés de Cortébert im Berner Jura und befindet sich auf einer Hochebene auf etwa 1150 m.ü.M. Emanuel Schmid hat auf den Tag mit trockenem Wetter gewartet, um Dinkel zu säen. Zwei Rappen sind vor die «Aebi» Sämaschine gespannt. Lord, ein Wallach, ist sieben Jahre alt, die Stute Goldie vier, beide sind Alt-Oldenburger Warmblutpferde. Die landwirtschaftliche Auszubildende sitzt auf dem Kasten der Sämaschine und lenkt die Pferde, deren sauber geputztes Fell in der Sonne glänzt. Emanuel hat das Saatgut in die Sämaschine gefüllt, welche er mit Hilfe einer Lenkstange lenken wird. Er lässt die Scharen herunter; es kann losgehen. Mit einem kurzen Ruck ziehen die Pferde an. Die Dinkelkörner rieseln in die Scharen, die sie in die Erde führen und deren monotones Geräusch das Gefährt begleitet.

Konzentration und ruhiger Umgang sind gefordert

Es geht zügig voran, von weitem sieht alles ganz einfach aus. Doch die Arbeit verlangt von Mensch und Tier hohe Konzentration. Nur wenn die Pferde kerzengerade ausgerichtet sind, gibt es eine gerade Linie, so dass keine Saatfläche verlorengeht. Am Ende des 220 m langen Ackers hebt Emanuel die Scharen aus der Erde. «Hüst ume», spricht er zu seinen Pferden. Die Fuhrfrau lenkt die Pferde in die nächste Spur. Manchmal gilt es, etwas auszugleichen; das Gespann muss ein paar Schritte rückwärts treten. Dabei kommt es besonders darauf an, dass die Pferde Vertrauen in ihre Fuhrleute haben. Diese wirken immer ruhig auf sie ein, ohne ein böses Wort. Es ist eine harmonische Zusammenarbeit von Mensch und Tier.
Gut zwei Stunden braucht das Gespann mit der 2 m breiten Sämaschine, um die Dinkelsaat auf dem etwa einen Hektar grossen Acker auszubringen. Zum Schluss wird an beiden Enden des Feldes noch eine Querreihe gesät, um das Feld gut abzuschliessen. Danach fährt das Gespann auf den befestigten Stallvorplatz, wo die Pferde abgespannt, ausgeschirrt und gewaschen werden; schliesslich werden Geschirr und Sämaschine gereinigt.

Es ist wenig Fremdenergie nötig

Emanuel Schmid und seine Frau Ursina bewirtschaften den Pachtbetrieb mit 24 Milchkühen nach den Grundsätzen des biologischen Landbaus. Es war die Freude an den Pferden, welche Emanuel Schmid in die Landwirtschaft führte. Dort konnte er sein Hobby mit der Arbeit verbinden. Pferde helfen ihm, die natürlichen Kreisläufe zu verstehen und anzuwenden. So kommt zum Beispiel das Futter, das die Pferde fressen, wieder als Dünger zurück auf das Land. Es fasziniere ihn, mit möglichst wenig Fremdenergie auszukommen. Allerdings sei es ihm und seiner Frau nicht möglich, alles mit dem Pferd zu machen. Mit 40 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche sei dafür der Hof zu gross. Deshalb mäht der Landwirt meistens mit einem Motormäher oder mit dem Traktor und verwendet einen üblichen Ladewagen. Pflügen und Eggen der Äcker wird mindestens vorerst noch mit dem Traktor erledigt.
Im Winter kommen die Pferde für Arbeiten im Wald und für den Holztransport zum Einsatz; im Frühling ziehen sie die Ringegge über Wiesen und Weiden, und im Sommer werden sie beim Heuen vor den Zetter und Schwader gespannt. Der Antrieb der Maschinen erfolgt über einen Motor, der auf einem Vorwagen aufgebaut ist. Auch 12 Aren Kartoffeln zur Selbstversorgung werden mit den Pferden angebaut. Gesetzt wird mit dem Pflanzlochstern, zum Hacken und Häufeln kommt ein Burkhalter-Vielfachgerät zum Einsatz. Die Lieblingsmaschine des Landwirtes ist der PEQUEA-Mistzetter aus Pennsylvania, den die Amischen in den USA entwickelt haben. Les Prés de Cortébert wurde im 17. Jahrhundert von Bauern aus dem Emmental besiedelt, welche wie die Amischen zur Täufergemeinde gehörten und ihre ursprüngliche Heimat verlassen mussten.

Zur Milchsammelstelle fahren

Täglich um halb sieben Uhr holt Emanuel Lord aus dem Laufstall, um mit ihm die Milch zur Sammelstelle zu fahren. Heute nacht hat das Wetter umgeschlagen. Es ist stürmisch geworden. Gut, dass es in der Scheune einen geschützten Raum gibt, wo der Landwirt die Milchkannen auf den Bockwagen laden und das Pferd anspannen kann. Das Schiebetor wird geöffnet, es geht hinaus in die Dunkelheit. Ein Scheinwerfer am Kutschbock weist den Weg. Nur zehn Minuten dauert die Fahrt bis zur Sammelstelle. Doch diese kurze Zeit dürfte im Winter, wenn ein kalter Wind bläst, Fuhrmann und Pferd viel länger erscheinen.

Arbeitspausen einlegen

Lord und Goldie haben es sich, während ihr Meister frühstückt, auf dem weichen Strohbett gemütlich gemacht. Der Gruppenstall mit Fressständen, einer separaten Liegefläche sowie mit einem dauernd zugänglichen Auslauf kommt dem artgemässen Verhalten der Pferde entgegen. Obwohl Regen angesagt ist, müssen die beiden auch heute morgen noch an die Arbeit, um dem Besucher den Mistzetter vorzuführen. Emanuel fährt den Zweispänner zum Mistplatz, wo er die Pferde mit einer Decke schützt und den Zetter mit dem Hoftrac belädt. Danach säubert der Landwirt den Platz um den Wagen. So bekämen die Pferde eine Ruhepause, und er selbst nutze diese sinnvoll, denn am Schluss falle weniger Reinigungsarbeit an, erklärt der auf Ordnung und Sauberkeit bedachte Landwirt.

Im Rhythmus der Natur

Im flotten Schritt geht es auf die Wiese. «Irgendwie fehlt etwas», denkt der Besucher, der hinter dem Gespann hergeht. Es gibt gar keinen Lärm, wie man es mit dem Traktor gewöhnt ist. Alles geht ruhig vor sich; im Rhythmus der Natur. Die Antriebswellen lassen sich vom Kutscherbock aus einschalten, so dass der Fahrer auf dem Feld nicht absteigen muss. Die starken Pferde legen sich ins Geschirr und ziehen mit ganzer Kraft den Mistzetter über die Wiese. Sie müssen nicht nur ein Gewicht von fast drei Tonnen ziehen, sondern über die Räder auch den Streumechanismus und den Kratzboden antreiben. Hinten fliegt der Mist in hohem Bogen auf die Wiese. Nach etwa fünf Minuten ist die Fuhre leer. Bei trockenem Wetter bringt der Landwirt so etwa 8 bis 12 Fuhren pro Tag aus, ungefähr 80 pro Jahr. Doch heute bleibt es wegen des Regens bei dieser einzigen. Er fährt vor den Stall, wo er die Pferde ausschirrt und ihnen eine Belohnung gibt.    •

Michael Götz (Dr. Ing. Agr.)
Freier Agrarjournalist, LBB GmbH
Säntisstr. 2a
CH-9034 Eggersriet

Tel.: +41 71 877 22 29
E-Mail: <link>migoetz@paus.ch
<link http: www.goetz-beratungen.ch>www.goetz-beratungen.ch

Sich Zeit nehmen für Ausbildung

Emanuel Schmid und seine Frau bilden ihre Pferde selber aus. Emanuel fährt die Pferde im Gespann, während seine Frau sich um die reiterliche Ausbildung kümmert. Er habe festgestellt, dass die Ausbildung der Pferde heute oft zu schnell gehe. Man müsse sich Zeit nehmen, um die Tiere nicht zu überfordern. «Goldie ist noch ein Kind, trotz ihrer viereinhalb Jahre», sagt der Ausbilder. Man müsse sich manchmal auch eingestehen, dass sich ein Pferd nicht für den landwirtschaftlichen Gebrauch eigne. Denn dafür brauche es eine gewisse «Grundgelassenheit».

Sich ausbilden lassen

Wer mit Pferden arbeiten will, sollte nach Möglichkeit mit einem erfahrenen Pferd beginnen. Auch wenn man Fehler macht, bringt man so sein Pferd nicht gleich aus der Ruhe. Anders ist es dagegen, wenn auch für das Pferd die Arbeit noch unbekannt ist. Es verliert dann viel leichter den Kopf. Ausbildungskurse in der Schweiz organisieren das Landwirtschaftliche Zentrum Liebegg (<link http: www.liebegg.ch>www.liebegg.ch) und die Interessengemeinschaft Arbeitspferde (<link http: www.igarbeitspferde.ch>www.igarbeitspferde.ch)

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