Fatca bringt der Schweiz als souveränem Land schwere Nachteile

Fatca bringt der Schweiz als souveränem Land schwere Nachteile

von Hans Geiger, emeritierter Wirtschaftsprofessor, Universität Zürich, Weiningen ZH, www.hansgeiger.ch

Der Steuervertrag Fatca (Foreign Account Tax Compliance Act) ist keine fette Katze, sondern ein teures bürokratisches Monster; der Bundesrat hätschelt es.

Fatca ist ein neues US-amerikanisches Gesetz, mit dem die Regierung Obama die Steuerhinterziehung amerikanischer Steuerpflichtiger im Ausland verhindern will. Zur Durchsetzung von Fatca in der Schweiz will der Bundesrat mit den USA einen Staatsvertrag abschliessen. Danach will die Regierung ein Fatca-Gesetz erlassen.
Der renommierte amerikanische Steueranwalt Herman B. Bouma nennt das Gesetz in der Fachzeitschrift Tax Management International Journal «sheer idiocy», reine Idiotie. Das 400seitige Werk sei arrogant und schikanös. Es zerstöre die internationalen Beziehungen, stehe im Widerspruch zu den Gesetzen anderer Länder, schade der amerikanischen Wirtschaft, bringe ausländischen Banken immense administrative Belastungen, schade den Amerikanern im Ausland und sei total ineffizient. Es bringe dem Staat im Verlauf von 10 Jahren total nur rund 9 Milliarden Dollar und würde damit das laufende amerikanische Staatsdefizit (pro Jahr rund 900 Milliarden Dollar) nur für jährlich 10 Stunden finanzieren. Es geht also nicht um Geld, sondern um die Kontrolle der Bürger durch den mächtigen Staat. Bei Fatca müssen Zigtausende ausländische Finanzdienstleister den amerikanischen Steuerbehörden IRS ab 2014 automatisch die Identität und die Vermögenswerte ihrer US-Kunden melden.
Als Druckmittel für die Durchsetzung von Fatca dient den USA eine Quellensteuer von 30%, welche auf sämtlichen Erträgen und Verkaufserlösen aus US-Wertschriftentransaktionen erhoben wird und die nur vermieden werden kann, wenn der Finanzdienstleister mit dem IRS einen Vertrag abschliesst, worin er sich zur Einhaltung der Fatca-Vorschriften verpflichtet.
Fatca basiert also auf Verträgen zwischen den amerikanischen Steuerbehörden und Tausenden von nicht amerikanischen Finanzdienstleistern. Staaten sind nicht Bestandteil des Fatca-Grundkonzeptes.
Fatca widerspricht internationalen Grundsätzen. Die USA haben aber die politische und wirtschaftliche Macht zur Durchsetzung ihres Willens.
Mit dieser Situation müssen auch schweizerische Banken leben. Die Mehrzahl wird mit den US-Steuerbehörden Verträge abschliessen. Lokalbanken hätten die Möglichkeit, keine amerikanischen Kunden zu akzeptieren und für ihre Kunden keine amerikanischen Wertpapiere zu verwalten. Dann bräuchten sie auch keinen Fatca-Vertrag abzuschliessen. Anhang II zum Staatsvertrag verpflichtet allerdings «Finanzinstitute mit Lokalkundschaft» dazu, US-Personen, die in der Schweiz ansässig sind («Expats»), als Kunden zu akzeptieren.
Der Verzicht auf amerikanische Wertpapiere würde auch für kleinere Schweizer Banken eine wesentliche Einschränkung der Anlagemöglichkeiten darstellen. Für die Mehrzahl der Schweizer Banken heisst die Frage damit nicht «Fatca oder kein Fatca?» Für die Schweiz als souveräner Staat stellt sich dagegen die Frage: «Fatca mit oder ohne Staatsvertrag?»
Der Bundesrat begründet seine Zustimmung zum Staatsvertrag mit «Vereinfachungen» und «Erleichterungen» für die schweizerischen Finanzinstitute.
Die vom Bundesrat behaupteten Erleichterungen sind allerdings bescheiden, oft unklar und grossenteils auch ohne Staatsvertrag erhältlich.
Dagegen sind die Nachteile des Abkommens für die Schweiz als souveränen Staat einschneidend:
•    Das Fatca-Abkommen weicht das Bankgeheimnis weiter auf. Das passiert auch ohne das Abkommen, aber mit dem Abkommen gibt die Schweiz ihren Segen dazu. So steht im Abkommen: «In Erwägung, dass die Schweiz […] die Einführung von Fatca unterstützt.»
•    Artikel 1 des Abkommens nennt als dessen Zweck, «Fatca in bezug auf alle schweizerischen Finanzinstitute umzusetzen.» Damit nimmt die Schweiz Fatca nicht als Ärgernis hin, sondern unterstützt die Umsetzung des «idiotischen» Regelwerkes aktiv und macht dessen Einhaltung zu einer Pflicht nach schweizerischem Recht.
•    So zwingt die Eidgenossenschaft die Banken zur Erhebung einer amerikanischen Quellensteuer von 30% auf den Verkaufserlös amerikanischer Wertschriften bei Schweizer Bürgern in der Schweiz. Die Verpflichtung kleiner schweizerischer Lokalbanken, in der Schweiz ansässige amerikanische Staatsbürger als Kunden zu akzeptieren, privilegiert die Amerikaner gegenüber allen anderen Nationalitäten. Keine schweizerische Bank ist bisher verpflichtet, Personen einer bestimmten Nationalität als Kunden zu akzeptieren. Das ist ziemlich pervers.
•    Das Fatca-Abkommen gibt der Erfüllung amerikanischer Regeln Priorität über Schweizer Recht. So hebt beispielsweise Artikel 4 des Abkommens den Artikel 271 des schweizerischen Strafgesetzbuches (Verbotene Handlungen für einen fremden Staat) zugunsten der USA auf.
•    Faktisch bedeutet Fatca den automatischen Informationsaustausch, auch wenn das formell etwas vernebelt wird. Offiziell lehnt der Bundesrat den automatischen Informationsaustausch ab.
•    Der Vertrag soll «dynamisch» sein. Ändern die USA ihre Regeln, gelten diese ­automatisch ohne Änderung des Staatsvertrags.
•    Die Schweiz hat für das Eingehen des Vertrages von den USA keine Gegenleistung erhalten. Die Schweiz hat die gewünschte Regelung der Vergangenheit nicht erreicht. Die in der Präambel zum Vertrag genannte Verstärkung der «gegenseitigen Unterstützung in Steuersachen» ist diplomatisches Geschwätz.
Das Abkommen mit den USA hat Präzedenz-Wirkungen auf andere Länder, insbesondere auf die EU:
•    Die EU will von der Schweiz den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen. Wenn die Schweiz den automatischen Informationsaustausch den USA faktisch gewährt, wird sie ihn der EU nicht verweigern.
•    Die EU verlangt von der Schweiz die «dynamische Übernahme» neuen EU-Rechts. Wenn die Schweiz den USA die «dynamische Übernahme» neuer Regeln zugesteht, wird sie diese der EU nicht verweigern.
Das Fatca-Abkommen und das Fatca-Gesetz bringen den schweizerischen Finanz­instituten im besten Falle minime Erleichterungen. Der Schweiz als souveränem Land bringt das Abkommen schwere Nachteile.    •

Quelle: Auns-Bulletin vom März 2013

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