Katalonien: Von der Schweiz lernen

Katalonien: Von der Schweiz lernen

Die Schweiz, ein kleines, aber wichtiges Land im Dienst als Wächter der Freiheit

von Jaime Arias*

Ausser Bergsteigen oder Skifahren haben Reisen in die Schweiz noch andere Reize zu bieten. Zum Beispiel die Vertrauenswürdigkeit ihrer Bankkonten. Etwas, was sich nicht improvisieren lässt und unbestritten verdienstvoll ist. Die Helvetische Konföderation hat sich behauptet nach langen Jahrzehnten freiwilligen Dienstes für den Weltfrieden, und dies mit unbestechlicher Ehrlichkeit.
Lange Zeiträume von Versuchen und praktischen Erfahrungen in der Kunst, das innere Zusammenleben immer weiter zu verbessern, inspiriert von verschiedenen westlichen Hegemonien und konfrontiert mit gefrässigen Totalitarismen. In Anerkennung der Tradition und Verdienste der Schweiz für Diplomatie und Vermittlung wurde zwischen 1929 und 1936 in Genf das Palais des Nations gebaut, geschmückt mit Fresken des katalanischen Künstlers José Maria Sert, die die Solidarität zwischen den fünf Kontinenten, die internationale Brüderlichkeit, den sozialen, wissenschaftlichen und technischen Fortschritt der Menschheit darstellen. Die edle Einrichtung ist auf grünen Wiesen erbaut, umgeben von Wegen aus der Römerzeit.
Die Schweizer wissen, dass sie ein kleines Land sind, mit acht Millionen Einwohnern, und tragen mit einer selbstverständlichen Begeisterung Sorge zu ihrer anerkannten Universalität als Heimat im Dienste des Wachens über die Freiheit.
Man darf das System von Selbstverteidigung nicht vergessen, auf dem der dauerhafte Landesfrieden mit einer solch stabilen Neutralität beruht. Dieses besteht nicht nur aus einem ständigen und wachsamen Bürgerheer mit zu Hause aufbewahrten Waffen. Grosses Gewicht hat der Voluntarismus, der zur Meisterschaft in der westlichen Demokratie gebracht wurde. Diese Kraft wurde im Laufe von Jahrhunderten praktizierten Zusammenlebens aus eigener Kraft gewonnen. Sie ist zu einer echten und beispielhaft starken Kraft geworden gegenüber den Bedrohungen barbarischer euroasiatischer Aggressionen. Diese wagten es letzlich nicht, die entschlossenen Bergler herauszufordern. Die Invasoren ­wussten, was sie an den Alpenpässen dank der Männer eines bewaffneten Landes erwarten konnte.
Keiner dieser beispielhaften Charakterzüge wäre möglich ohne das anerzogene Bewusstsein, das dieses kleine, aber unbestechliche Land unterscheidet – ein Land, das sich im Laufe von Jahrhunderten sehr wohl auch zu einem guten Teil von Nachbarländern und verschiedenen Hegemonien inspirieren liess. Am Schluss stand eine echte föderale Union, auf der Grundlage von wesentlichen Werten und gegenseitigem Respekt zwischen sehr unterschiedlichen Kantonen. Demokratische Freiheiten, die man jederzeit zu verteidigen bereit ist, vereint innerhalb historischer Unterschiedlichkeiten. Ein Mikrokosmos von demokratischer Authentizität, die verstärkt wird auf der Grundlage einer echten Bürgerlichkeit.
Zu all dem muss ein solidarischer Patriotismus hinzugefügt werden, derjenige einer konföderalen Republik, einer von den Kantonen geprägten; das Beispiel eines Zusammenlebens in Sicherheit, das die Schweiz de facto zum ausgewogenen Zentrum der Verteidigung des Friedens gemacht hat. Dies ist eindeutig die Grundlage, auf der Verhandlungsrunden stattfinden können, sobald es gelingt, zwei oder mehr Kontrahenten an einen Tisch zu bringen, die irgendwie gesprächsbereit sind, und dies auf jeder Ebene sowie auch international.     •

* Jaime Arias, geboren 1922 in Barcelona, ist einer der renommiertesten Journalisten Spaniens. Er begann bereits 1939 seine journalistische Tätigkeit und schreibt bis heute regelmässig Kolumnen für die gröss­te katalanische Tageszeitung «La Vanguardia», seit mittlerweile 40 Jahren. Dort ist er auch Berater der Herausgeber. Für seine Tätigkeit erhielt er verschiedene Auszeichnungen, darunter 2011 den Kennedy-Preis.

(Übersetzung Zeit-Fragen)

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