Der «Westen» muss lernen, ehrlich umzudenken

Der «Westen» muss lernen, ehrlich umzudenken

Den falschen Botschaften der «Münchner Sicherheitskonferenz 2013» etwas entgegensetzen

von Karl Müller

Die «Münchner Sicherheitskonferenz» und die massenmediale Berichterstattung darüber geben Anfang Februar eines jeden Jahres einen Einblick in die für die Öffentlichkeit gedachten Botschaften der Nato-Staaten und ihrer Verbündeten. Die diesjährige Konferenz hat drei Botschaften aussenden wollen:
1.    Die USA wollen die Weltmacht Nr. 1 bleiben. Ihre «Lehre» aus den Niederlagen der vergangenen 10 Jahre besteht darin, in Zukunft viel mehr als bisher auf dem Rücken des eigenen Landes – durch die rücksichtslose Förderung schwerst zugänglicher Öl- und Gas-Reserven mittels Fracking – die weltweite Energiehoheit zu ertrotzen. Wenn trotzdem noch weitere Kriege in den rohstoffreichen Regionen Afrikas und des Nahen Ostens für «notwendig» gehalten werden, dann sollen diese mehr und mehr von den Europäern, genauer gesagt von den EU-Staaten, geführt werden. Aber die politische Führung dabei wollen die USA behalten.
2.    Die EU-Staaten und auch Deutschland sollen deshalb ihre «Fähigkeiten», überall auf der Welt Kriege zu führen, deutlich erhöhen. Insbesondere in Deutschland soll deshalb der Widerwille der grossen Mehrheit der Bevölkerung gegen deutsche Militäreinsätze im Ausland mit lauter werdenden Kriegstrommeln gebrochen werden, die sich in der absurden Orwellschen Formel: «Die Bundeswehr ist Teil der Friedensbewegung» (= «Krieg ist Frieden») – so der deutsche Verteidigungsminister – und der gar nicht logischen politischen Parole bündeln, Deutschland bedanke sich mit mehr Kriegsanstrengungen heute für die vermeintliche Sicherheit von gestern. Deutschland selbst soll dafür Grossmacht mit weltweiten Ambitionen sein dürfen. Schon jetzt sucht das Land überall auf der Welt «strategische Partnerschaften».
3.    Die EU und die USA streben ein Freihandelsabkommen unter dem Motto an: «Gemeinsam sind wir auch wirtschaftlich wieder stark gegen die Welt». Dazu soll diesseits und jenseits des Atlantiks gemäss neoliberaler Ideologie die «Wettbewerbsfähigkeit» auf dem Rücken der Arbeitnehmer und für noch mehr Gewinne des grossen Kapitals immer weiter erhöht werden. Ob man letztlich militärisch oder wirtschaftlich oder in Kombination beider «Mittel» über die aufstrebenden anderen Staaten der Welt, insbesondere die BRICS-Staaten, triumphieren will, scheint derzeit noch nicht ganz geklärt zu sein.
Der Geschäftsführer des deutschen Aussenhandelsverbandes BGA jedenfalls sprach im Zusammenhang mit dem geplanten Freihandelsabkommen von einer «Wirtschafts-Nato» und warnte davor, mit einem solchen Abkommen die EU und die USA wirtschaftlich gegen andere Märkte in Stellung bringen zu wollen.
Einen wirklichen Ausblick für die USA, für die EU und für die Welt bieten die drei Botschaften aus München nicht. Die bislang Verantwortlichen in der EU, den USA und der Nato haben leider noch nicht mehr zu bieten als Varianten des alten Denkens und Handelns.

Die Alternative

Neu wäre es gewesen, wenn man in München den Gästen aus den anderen Teilen der Welt besser zugehört hätte, so dass am Ende andere Botschaften gestanden hätten, zum Beispiel:
1.    Unsere «westliche» Hegemonialpolitik unter der Führung der USA ist gescheitert. Die Kosten dieser Politik waren riesig, die Opfer zahllos, Profiteure gab es nur ganz wenige. Wir wollen dieser Politik ein Ende setzen und künftig folgende Grundsätze beachten: Nicht mehr politische Konfrontation und ruinöser wirtschaftlicher Wettbewerb mit allen Finessen, sondern gleichberechtigte und ehrliche Zusammenarbeit zum Wohle aller; nicht mehr Sieg und ­Triumph in Konflikten anstreben, sondern Konflikte am Verhandlungstisch so lösen, dass alle Beteiligten zustimmen können.
2.    Wir wollen von nun an die Charta der Vereinten Nationen wörtlich und ernst nehmen: das Friedensgebot der Charta; das Streben nach Gerechtigkeit in der Welt; die Achtung der nationalen Integrität und Souveränität; die Erkenntnis, das internationale Vereinbarungen zu den weltweiten Problemen notwendig sind, solche Vereinbarungen aber nur gemäss dem Prinzip der Gleichberechtigung und der Freiwilligkeit aller Verhandlungspartner erzielt werden können.
3.    Wir achten die kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Errungenschaften, Traditionen und Entwicklungsmöglichkeiten eines jeden Volkes und eines jeden Staates dieser Welt und geben als Europäer unsere Errungenschaft der christlichen Sozial- und Friedenslehre sowie der europäischen Aufklärung in die weltweit notwendigen Diskussionen mit ein – so wie wir selbst versuchen, auch in unseren eigenen Ländern wieder ernsthaft und sorgsam an diese Errungenschaften anzuknüpfen.

Solche Botschaften wären eine Erleichterung für alle Menschen auf dieser Welt. Es wären Botschaften gewesen, die an die internationalen Botschaften nach dem Zweiten Weltkrieg und Botschaften wie die Charta von Paris unmittelbar nach dem Ende des Kalten Krieges angeknüpft hätten. Heute, schon mitten im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts, sind solche Botschaften dringend notwendig. Der «Westen» muss lernen, ehrlich umzudenken.    •

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