Ja zur Abzocker-Initiative

Ja zur Abzocker-Initiative

Überlegungen eines ehemaligen Staatssekretärs für Aussenwirtschaft

von Dr. Cornelio Sommaruga

Ich werde öfters gefragt, warum ich als ehemaliger Staatssekretär für Aussenwirtschaft für die Initiative Minder sei. Die Antwort ist nicht schwierig. Wie jedem Schweizerbürger waren mir in den letzten Jahrzenten die enormen Vergütungen an sogenannte Elite-Manager, seien das Verwaltungsräte oder Direktionsmitglieder, immer mehr negativ aufgefallen. Unverständlich war mir ausserdem, dass Leuten auch dann «golden hand­shakes» ausbezahlt wurden, wenn die Firmengeschäfte offensichtlich schlecht gegangen waren. Auch die Einstiegsprämien, die «golden welcomes», scheinen mir unangebracht.
Ich habe mich auch daran erinnert, dass die Bestimmungen des Obligationenrechts von den Leitern der Aktiengesellschaften Treue und Ehrlichkeit gegenüber der eigenen Firma verlangen. Nichts von alledem in sehr vielen Fällen, deren Namen nun in der Öffentlichkeit bekannt sind und die daher nicht wiederholt werden müssen.
Als ich vor sechs Jahren von der eidgenössischen Initiative gegen die Abzockerei erfuhr, hatte ich eine grosse Bewunderung für Thomas Minder, einen mittelständischen Unternehmer in Schaffhausen, welcher alleine, ohne Unterstützung einer Partei, in der Lage war, nicht nur einen mutigen Text vorzubereiten, sondern auch in der kurzen vom Gesetz festgelegten Zeit mehr als die 100 000 nötigen Unterschriften zu sammeln. Als ich den Verlauf im Parlament verfolgte, war ich entsetzt über die langsame Prozedur und die unendlichen Diskussionen über einen Gegenvorschlag. Schliesslich hat die Bundesversammlung, trotz Annahme der Initiative seitens des Nationalrates, einen indirekten Gegenvorschlag beschlossen, der Volk und Ständen am 3. März nicht zur Abstimmung vorliegt, da es sich um Gesetzesänderungen handelt. Volle fünf Jahre haben Bundesrat und beide Räte gebraucht, um zu einer Einigung zu kommen. Das alles zeigt eine regelrechte Verachtung der Initiative und von Thomas Minder selbst.
Die Initiative ist kategorisch, um die Aktionärsrechte zu stärken, wenn nötig sogar mit elektronischer Stimmabgabe von ferne, und sie fordert dies auch von den Pensionskassen, von denen vor allem Transparenz verlangt wird. Die Mitglieder des Verwaltungsrates, auch der Präsident, sind für ein Jahr gewählt, und es sind die Aktionäre, welche die Gesamtsumme aller Vergütungen des Verwaltungsrates und der Geschäftsleitung bestimmen. Es wird keine Vorauszahlungen und keine Abgangsentschädigungen für Verwaltungsräte und Direktionsmitglieder mehr geben. Unter den verschiedenen anderen wichtigen Bestimmungen enthält die Ini­tiative auch Strafbestimmungen. Der Gegenvorschlag ist eine schlechte Kopie, welche Abzocker-Dynamik und Hintertüren nicht notwendigerweise schliesst.
Die oft gehörte Behauptung, der Gegenvorschlag trete gleich in Kraft, wenn die Ini­tiative abgelehnt wird, ist nicht stichhaltig, da es sich um Gesetzesänderungen handelt, die dem fakultativen Referendum unterworfen sind, was mehrere Monate in Anspruch nimmt, auch wenn das Referendum nicht ergriffen würde – was sehr unsicher ist. Die Ini­tiative dagegen verlangt vom Bundesrat, innerhalb eines Jahres nach deren Annahme in Verordnungen Ausführungsbestimmungen zu beschliessen, bis wann das Parlament allfällige Gesetzesänderungen vorzunehmen hat.
Aber was viel bedeutender ist: Es ist Zeit für einen Paukenschlag, so dass die Abzocker und mögliche künftige Begüns­tigte sowie die politische Klasse und die Finma verstehen, dass Marktfundamentalismus in der Schweiz entschieden abgelehnt wird. Es gibt in der Schweiz genügend Manager-Kandidaten, Frauen und Männer, die bereit sind, Führungsverantwortung in grösseren Unternehmen zu übernehmen und sie erfolgreich zu führen. Übrigens ist es des öfteren eine Frage des gesunden Teamworks. Gegenüber dem Ausland setzten wir endlich ein positives Signal einer Schweiz, die sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst ist. Es ist daher wichtig, ohne Zögern ein Ja zur Minder-Initiative einzulegen.    •

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