Nein zum Bundesbeschluss «medizinische Grundversorgung»

Nein zum Bundesbeschluss «medizinische Grundversorgung»

mw. Während über den Gripen oder die Mindestlohn-Initiative in allen Medien breite Diskussionen stattfinden, wird der geplante Verfassungsartikel über die medizinische Grundversorgung, der am 18. Mai ebenfalls zur Abstimmung kommen wird, weitgehend ausgeblendet. Zeit-Fragen ist eine der wenigen Zeitungen, die ihre Leser gründlich darüber informiert, dass die Annahme dieser Vorlage tiefgreifende und bedrohliche Eingriffe in unsere anerkanntermassen ausgezeichnete Gesundheitsversorgung, in grundlegende Rechte des Patienten und nicht zuletzt in die verfassungsmässige – und sinnvolle! – Zuständigkeit der Kantone für das Gesundheitswesen mit sich brächte (vgl. Zeit-Fragen Nr. 7 und Nr. 8/2014). Entsprechend gross ist auch das Echo unserer Leser, die sich mit der mangelhaften Information durch die Mainstream-Medien und die geradezu irreführenden Ausführungen im Abstimmungsbüchlein (Erläuterungen des Bundesrates) zu Recht nicht zufrieden geben wollen. So wird dort zum Beispiel fälschlicherweise behauptet, es gehe um die Behebung des Mangels an Hausärzten und um eine rechtliche Grundlage für eine optimale Weiterentwicklung der medizinischen Grundversorgung in der Schweiz. «Wer will da dagegen sein?» fragt einer der Leserbriefschreiber und protestiert gegen derart manipulative Verharmlosungen. Weiter steht im Abstimmungsbüchlein, mit dem neuen Verfassungsartikel blieben die Zuständigkeiten von Bund und Kantonen «im Wesentlichen» erhalten. Demgegenüber hält ein anderer Leser richtig fest, dass der Gegenvorschlag nicht nur einen radikalen Wandel und eine massive Verschlechterung unseres bewährten Gesundheitssystems mit sich bringen würde, sondern auch einen gefährlichen Angriff auf die Kantonssouveränität darstellt.
Im folgenden drucken wir einige Leserbriefe zu dieser Abstimmungsvorlage ab. Jeder Stimmbürger, der sich mündlich oder schriftlich in die demokratische Meinungsbildung einbringt, hat seine Wirkung! 

 

Die Hausarztinitiative wollte etwas anderes – deshalb nein zur «medizinischen Grundversorgung»

Dem Hausarzt kommt eine grundlegende, unentbehrliche Rolle zu. Er ist für jeden Kranken und jede Familie die erste Anlaufstelle.
Denn diese Situation kennt jeder Mensch: Krankheitssymptome plagen ihn, und er hat den Wunsch, wieder gesund zu werden. Die Hilfe aus der Hausapotheke genügt nicht. Was ist zu tun? Er sucht seinen Hausarzt auf.
Der Hausarzt als Allgemeinarzt oder auch als Spezialarzt für innere Medizin hat eine breitgefächerte und fundierte Ausbildung. Er kennt sich mit den Grundlagen der medizinischen Behandlung aus, besucht regelmässig Fortbildungen, kann selbsterstellte Röntgenaufnahmen beurteilen, Wunden versorgen, kleinere Operationen durchführen oder auch einen Gips anlegen. Oft behandelt er auch Kinder. Das Tätigkeitsfeld eines Hausarztes ist sehr vielfältig und anspruchsvoll. In dringenden Fällen besucht der Hausarzt einen Patienten zu Hause. Er betreut oft mehrere Mitglieder der Familie oder auch mehrere Generationen einer Familie. Ein Hausarzt geniesst in der Gemeinde neben dem Pfarrer und dem Lehrer ein hohes Ansehen. Schweizer Hausärzte führen auch Fahrtauglichkeitsprüfungen durch oder arbeiten eng mit der Spitex und den Samaritern zusammen. Im Falle, dass bei einer Erkrankung spezielle Abklärungen notwendig sind, verweist der Hausarzt den Patienten an einen ihm wohlbekannten Spezialisten seines Vertrauens oder in ein Spital.
Neben körperlichen Erkrankungen führen den Patienten auch persönliche Sorgen oder seelische Probleme häufig als erstes zu seinem Hausarzt, da zwischen ihnen ein gutes langjährig aufgebautes Vertrauensverhältnis entstanden ist. Vom ersten Moment der Begegnung an ist es die Aufgabe des Arztes, den Patienten als Menschen entgegenzunehmen. Das wird gelingen, wenn er sorgfältig nachfragt, was den Patienten zu ihm geführt hat, und er dabei sein Fachwissen und seine berufliche Erfahrung vollumfänglich einbringt.
Wenn ein Patient nach einer stationären Behandlung ein Spital verlässt, wird er gefragt, an welchen Hausarzt der Entlassungsbericht geschickt werden soll. Diese Frage bedeutet, welchem Arzt der Patient vertraut, dass er ihn gut weiterbehandelt.
Sie merken aus der oben geschilderten vielfältigen, verantwortungsvollen Tätigkeit, dass der selbständige Hausarzt eine tragende Säule des guten, föderalistisch aufgebauten Schweizer Gesundheitswesens ist.
Dass die Hausarzt-Initiative innerhalb von nur 6 Monaten von mehr als 200'000 Menschen unterschrieben wurde, drückt den Wunsch der Bürger aus, dass der Hausarzt in seiner bisherigen Funktion erhalten bleibt.

Dr. med. Andreas Bau, Schweizersholz

 

Gegenvorschlag zur Initiative «Ja zur Hausarztmedizin» ist zweckfremd!

Liebe Leserinnen, liebe Leser. Vorab herzlichen Dank an Redakteurinnen und Redaktoren, die Leserbriefe veröffentlichen. Solche Zeitungen sind gegenwärtig dringend nötig. Bleiben Sie diesen treu. Überlegen Sie, ob ein Geschenk­abonnement an jemanden dauernd Freude bereiten würde. Dank dem föderalistischen Aufbau ist das schweizerische Gesundheitswesen weltweit eines der besten. OECD, WHO und BAG wissen das. Doch jetzt stehen Veränderungen bevor. Zur Eidgenössischen Volksinitiative «Ja zur Hausarztmedizin» kamen über 200 000 Unterschriften zusammen. Leider wurde diese zugunsten des Bundes-Gegenvorschlages zurückgezogen.
Die zur Abstimmung stehende Vorlage berücksichtigt die Begehren der Initiative nicht. Sie will mit Krankenversorgungssystemen aus den USA und dem EU-Raum unsere Top-Organisation umkrempeln. Statt die Ärzte zu stärken, sollen hierzulande unbekannte Berufsleute das Gesundheitswesen verändern. Qualitätsminderung und Kostenanstieg sind vorprogrammiert.
Für uns freie Schweizer ist noch etwas anderes nicht akzeptabel. Mit der Annahme dieser und auch anderer (Schleier)-Gesetze schlittern wir unbemerkt, frontal und unaufhaltsam in die machtgierige EU! Wir haben Politiker, die das schon länger wissen. Leider sagen sie es nicht. Ein naturverbundener Waldpfleger wie ich darf dies wagen. Ich tue es nicht gerne, doch ich muss.
Am Abend des 26. April arbeitete ich an diesem Leserbrief. Sonntagmorgens (übrigens unser 46. Hochzeitstag) durchfuhr mich ein «Geistesblitz». Der vorgeschlagene Verfassungsartikel «Medizinische Grundversorgung» will nicht unser hochstehendes Gesundheitswesen weiterentwickeln. Via Salamitaktik soll die Nation Schweiz in den «Moloch» EU integriert werden!
Daher ein Nein zu dieser Mogelpackungsvorlage! Leserbriefe sollen kurz sein. Wer verantwortungsbewusst abstimmt, informiert sich nicht nur über das Bundesbüchlein. Die Fernsehsendung «Arena» (Befürworter wie Gegner beobachten und hören) sowie die Wochenzeitung «Zeit-Fragen» lesen helfen entscheidend.

Fritz Trachsel-Zürcher, Zell

 

Erfahrungen aus Dänemark gebieten ein Nein

Die Schweiz hat weltweit das beste Gesundheitssystem. Zu Recht lehnte die Bevölkerung  bisher jede Zentralisierung und Ökonomisierung nach EU und anderen Vorgaben ab. Die Kantone sind weiterhin für das bewährte Gesundheitswesen verantwortlich. Nun soll mit einer weiteren Verschleierungskampagne mit ansprechenden Formulierungen «Ja zur medizinischen Grundversorgung», «nachhaltige Lösungen» oder «kosteneffiziente Medizin» unser bewährtes System abgebaut werden. Sogar Mediziner müssen viel Zeit aufwenden, um die umfangreichen Unterlagen genau zu erfassen. Viele Bürger vertrauen den Behörden und den Medien. Die notwendigen Prinzipien von Ehrlichkeit, Treu und Glauben, sachlicher Information und Meinungsvielfalt sind im Zusammenleben und für unsere direkte Demokratie entscheidend. Tatsache ist aber, dass über den geplanten, folgenschweren Verfassungsartikel nicht ehrlich informiert wird und das gesamte Gesundheitswesen und die notwendige vertrauensvolle Arzt-Patienten-Beziehung immer mehr aufgelöst werden sollen. In vielen Bereichen soll nun «Gesundheitspersonal» dem Arzt gleichgestellt werden. In Schweden und Dänemark hat man schon seit Jahren die für alle gut zugängliche medizinische Grundversorgung weitgehend ruiniert. Wir kennen die dortigen Verhältnisse gut. Die Menschen haben weite Wege zu den wenigen grossen Gesundheitszentren und haben keine feste Arzt-Patienten-Beziehung mehr. Sie werden da und dort «zugewiesen». Wer Glück hat, findet eine gute ärztliche Vertrauensbeziehung. Diese wichtigen Aspekte werden verschwiegen, sind aber entscheidend. Genügend Schweizer Hausärzte müssen nicht durch eine Gesetzänderung gefördert werden, sondern durch viel mehr Ausbildungsplätze, gerechte Entlöhnung und gute Arbeitsbedingungen in allen Landesteilen. So kann auch das nötige positive Berufsethos wieder gestärkt werden. Deshalb ein klares Nein zu dieser verantwortungslosen Verschleierungstaktik.

Urs und Lene Knoblauch, Gymnasiallehrer, dipl. Psychologin IAP, Fruthwilen/TG

Wo führt es hin, wenn «Pflegefachpersonen» entscheiden, wer zu einem Arzt darf?

Danke den beiden Autorinnen für die genaue und klare Information zur Mogelpackung des Bundesrates über die medizinische Grundversorgung «Ja zur Hausarztmedizin». Der/die nicht informierte Patient/Patientin macht doch nichts lieber, als seinen vertrauten Hausarzt zu unterstützen, also geht er an die Urne mit einem Ja! Wie kommt es, dass Hausärzte sich selber Schaden zufügen, indem sie dieses Ja befürworten? Sind sie so wenig informiert? Erhoffen sie sich weg von dieser «Bobologie» zu kommen, oder erhoffen sie, gemässigtere Arbeitszeiten durch das neue Modell zu erhalten?
Ich erinnere mich noch gut an unseren Hausarzt, den wir als Kinder hatten. Seine angenehme Stimme, wenn er die Treppe hoch an mein Krankenbett gerufen wurde. Er war im ganzen Dorf sehr geschätzt, und für ihn war kein Hausbesuch ein unangenehmer aufwendiger Weg. Und jetzt sollen nach Bundesrat Berset die Hausärzte allmählich verschwinden, jetzt sollen wir Bürger in die Hände von APN-Pflegefachfrauen übergeben werden, die dann entscheiden sollen, wer zu einem Arzt darf! Wo führt das hin?
Dieses Modell erinnert mich, wenn auch nicht ganz zu vergleichen, an die Zeiten der Kulturrevolution durch Mao. Eine seiner Eskapaden war, kompetente Mediziner zur Landarbeit zu zwingen und die Patienten dem Pflegepersonal zu übergeben. Wie viele hatten damals ihr Leben lassen müssen, weil das qualifizierte Wissen des Arztes nicht erwünscht war. Aber, dies sei doch erwähnt, Mao selbst hatte für sich privat – man vergesse das nie! – den besten Arzt, den er auffinden konnte!
Wie wird es mit unserem Bundespersonal aussehen? Werden sie auch dereinst die besten Möglichkeiten erhalten, um sofort an die kompetentesten Ärzte zu gelangen?

Christina Hassenstein, Berner Oberland

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