«Wer die islamische Welt in Gegenwart und Zukunft verstehen will, muss al-Afghani verstehen»

«Wer die islamische Welt in Gegenwart und Zukunft verstehen will, muss al-Afghani verstehen»

Pankaj Mishra über Jamal al-Din al-Afghani – ein liberaler, gemässigter Muslim und «grosser Revolutionär» (US-Botschafter Robert Finn, 2002) oder geistiger Vater von Osama bin Laden und den Salafisten?

von Thomas Schaffner

Seit 9/11 haben es Menschen muslimischen Glaubens in unserer westlichen Welt schwer. Durch die Bush-Administration unter Generalverdacht gestellt (siehe z.B. New York Magazine vom 25. August 2013, wonach nach 9/11 die New Yorker Polizei einen eigenen Geheimdienst für die Beobachtung der Muslime der Stadt einrichtete1), zum Feindbild in Computergames geworden und in die Nähe von real existierenden Terrorgruppen gerückt, leben die über eine Milliarde Moslems in Dutzenden von Ländern unter zum Teil prekären Situationen, die längst nicht alle selbstverschuldet sind. Stichworte wie arabischer Frühling sind in den westlichen Medien präsent, auch wenn vielerorts bereits vom arabischen Winter gesprochen wird. Auch wenn der angebliche Kampf der Kulturen medial in den Hintergrund gerückt worden ist und US-Experten wie Präsident ­Obamas ehemaliger Wirtschaftsberater Larry Summers2 die Auseinandersetzung mit der islamischen Welt im Vergleich zum Aufstieg Asiens als zweitrangig erachten, stellt sich doch die Frage, wie der Westen ein friedliches Zusammenleben mit der muslimischen Welt gestalten könnte. Kishore Mabhubani hat es immer wieder betont: Die 12 % Westler sind nicht die Welt, die 88 % Nicht-Westler hätten die westliche Doppelmoral endgültig durchschaut und satt, ja die Abscheu sei irreversibel. Woher das kommt, zeigt er in seinen Texten und Büchern. Ein anderer, der die Hintergründe der heutigen Misere aufzeigt, um durch das Verstehenlernen der anderen Seite eine Versöhnung in die Wege zu leiten, ist der Träger des Leipziger Buchpreises für die europäische Verständigung, der in Zeit-Fragen bereits einmal vorgestellte indische Schriftsteller Pankaj Mishra. In seinem Buch zeigt er uns Westlern, wie Asien das 20. Jahrhundert erlebt hat, welche Demütigungen durch den westlichen Imperialismus in seiner klassischen Zeit, aber auch in der Ära bis zu den Dekolonisierungen erlitten wurden. Mishra betont, es gehe nicht darum, «eine um Europa oder den Westen zentrierte Perspektive durch eine um Asien zentrierte Sicht zu ersetzen.» (Mishra, S. 17) Vielmehr, so sein Anliegen und wohl auch einer der Hauptgründe der Jury, einen Nicht-Europäer auszuzeichnen, soll eine polyperspektivische Betrachtungsweise gefährliche Irrtümer im Westen verhindern helfen.
Wie die islamische Welt den Westen wahrnahm, zeigt Mishra am Beispiel des gebürtigen Iraners namens Jamal al-Din al-Afghani. Dieser durchaus schillernden Persönlichkeit, die vom US-Amerikaner Robert Dreyfuss in seinem Werk «Devil’s Game» gar als britischer Agent bezeichnet wird, sei dieser zweite Artikel auf Grundlage des Buches von Mishra gewidmet. Der Leser wird dabei mitgenommen auf eine Reise nicht nur in die eigene westliche, kolonialistische und imperialistische Vergangenheit, sondern auch auf einen Tour d’horizon durch einen islamischen Kosmos, der, Kontinente übergreifend, zutiefst erniedrigt wurde und sich eigene Wege ins 21. Jahrhundert suchte und immer noch sucht.

Er und seine Schriften waren Diskussionsthema unter den Exiliranern im Paris der 1960er Jahre, die nach dem angloamerikanisch unterstützten Putsch von 1953 gegen Mossadegh in der französischen Metropole Zuflucht gefunden hatten: der 1838 in Nordwestpersien geborene Jamal al-Din al-Afghani. Er selbst hätte sich gerne als islamischen Martin Luther gesehen, doch die Umstände verunmöglichten ihm, als grosser Reformer des Islam in die Geschichte einzugehen. Stattdessen lobte man ihn in der gesamten muslimischen Welt, immerhin, als «bahnbrechenden antiimperialistischen Führer und Denker» – und im Iran als «geistigen Vater der Islamischen Revolution.» (Mishra, S. 64) Nach Pankaj Mishra reicht al-Afghanis Einfluss «in seiner Langlebigkeit an den von Marx» heran. (Mishra, S. 64)
Wer aber kennt al-Afghani bei uns im Westen? Einen Mann, über den gesagt wurde, wer den Islam und die Muslime wie auch unsere Gegenwart und Zukunft verstehen wolle, der müsse besonders ihn verstehen?

«Die westlichen Mächte wollen unser Land spurlos verschwinden lassen»

Schon ein erstes Zitat zeigt, dass al-Afghanis Aussagen zeitlos wirken, die Worte hätten durchaus auch im letzen Jahrzehnt, insbesondere nach 9/11, geäussert werden können. Man schrieb aber das Jahr 1892. Damals hatte al-Afghani in einer an den osmanischen Sultan gerichteten Schrift dem ganzen Westen den Kampf angesagt: Denn diese westlichen Mächte würden «nur danach streben, unser Land spurlos verschwinden zu lassen. Und darin gibt es keinen Unterschied zwischen Russland, England, Deutschland oder Frankreich, vor allem wenn sie unsere Schwäche und Ohnmacht erkennen, ihren Plänen Widerstand zu leisten. Wenn wir dagegen einig sind, wenn die Muslime wie ein Mann zusammenstehen, können wir sowohl schaden als auch nützen, und man wird unsere Stimme hören.» (zit. nach Mishra, S. 64)
Der Lebenslauf al-Afghanis nimmt den Westler auf eine Weltreise der eigenen Art mit: eine Reise durch die muslimisch geprägte Welt und ihre Regionen, die in westlichen Geschichtsbüchern oft erst dann in Erscheinung treten, wenn sie vom Westen «entdeckt» und unterworfen werden.

Entwicklung einer antiimperialistischen Strategie

Al-Afghani, als Schiit in Persien aufgewachsen, legte sich schon bald eine afghanische Herkunft zu, um für seine Reformtätigkeiten in der islamischen Welt als Sunnit zu gelten. Kurzfristig soll er in Ägypten aber auch Freimaurer gewesen sein. Wie auch immer: Sein Hauptanliegen war gemäss Mishra die Entwicklung einer antiimperialistischen Strategie, wozu er seine Jahre in Bombay und Kalkutta, unter britischer Herrschaft, nutzte. 1866 siedelte er nach Afghanistan, wo er bald darauf Berater des dortigen Emirs wurde. Die Afghanen waren erbitterte und erfolgreiche Gegner der Briten und deren Übergriffe auf ihr Land. Was al-Afghani in einer Geschichte Afghanistans aus dem Jahre 1878 über die Einheimischen schrieb, scheint bis heute zuzutreffen, denkt man nur an die Niederlage der Sowjets und nun der Amerikaner gegen Kabul: «Ihr Seelenadel veranlasst sie, einen ehrenhaften Tod über ein Leben in Erniedrigung unter fremder Herrschaft zu stellen.» (zit. nach Mishra, S. 70)
Nach der brutalen Niederschlagung des indischen Aufstandes von 1857 durch die Briten, die vor allem die Moslems dafür verantwortlich machten und massakrierten, wuchs in al-Afghani der Hass gegen das «perfide Albion» ins Uferlose. Er sah in den Fortschritten der westlichen Erziehung und Bildung und in deren gleichzeitigem Niedergang in der muslimischen Welt eines der Hauptprobleme der Unterjochung Asiens. Die westliche Auffassung vom Fortschritt, welchen die Briten nach Indien gebracht hätten, liess al-Afghani nicht gelten und wies sie in den Bereich der Siegergeschichtsschreibung. So wie auch später Jawaharlal Nehru die Eisenbahn als «eisernes Band, das Indien einengt und zum Gefängnis macht», bezeichnete. (zit. nach Mishra, S. 76) Eine Metapher, die auch der deutsche Literaturnobelpreisträger Gerhart Hauptmann in seiner Meisternovelle «Bahnwärter Thiel» brauchte, wo der Eisenstrang, der den märkischen Forst durchschneidet, sich wie ein Gespinst um den Protagonisten legt und ihn niederzwingt.

«Paranoide Gegner der Modernisierung …»

Gegen dieses eiserne Band begehrte al-Afghani auf. Wo auch immer er sich bewegte, als roten Faden in seinem Leben definiert Mishra «sein besorgtes Misstrauen gegenüber der westlichen, vor allem britischen Macht und deren einheimischen Kollaborateuren in den muslimischen Ländern». (Mishra, S. 76)
Selbst das mächtigste muslimische Reich seiner Zeit, das osmanische, welches er 1869 besuchte, war in Abhängigkeit vom Westen geraten. Istanbul, die grösste Stadt in der damaligen muslimischen Welt und politisches Zentrum für Araber und Perser, war seit dem Freihandelsabkommen mit den Briten von 1838 eine stark westorientierte multikulturelle Metropole geworden. Schon in der Jahrhundertmitte war das Reich mit den sogenannten Tanzimat-Reformen («Regulierungen») nach französischem Vorbild umgebaut worden. Die Verwestlichung und damit einhergehende Auflösung der eigenen Tradition und Kultur führte zu breitem Widerstand, bis sich 1876 auch der Sultan dem Panislamismus verschrieb, als Bollwerk gegen das Eindringen des Westens in die eigene Kultur. Al-Afghani lebte nur zwei Jahre in Istanbul, dann wurde er ausgewiesen, hatte er doch vertreten, dass die Scharia des Propheten Mohammed nicht unveränderbar, sondern offen für eine Revision durch Philosophen sei. «Doch die paranoiden Gegner der Modernisierung in der Türkei meinten, al-Afghani komme mit seinen Aussagen in die Nähe der Apostasie, und er müsse unverzüglich hingerichtet werden», fasst Mishra den Konflikt zusammen. (Mishra, S. 90)

Islamische Welt reif für einen Martin Luther namens al-Afghani?

Seine nächste Station war Ägypten. Ein Land, welches um 1840 zu einem der Hauptexporteure von Baumwolle nach Frankreich und Grossbritannien geworden war und sich schnell modernisierte: So besass es Telegraphen und Eisenbahnnetze, und dies Jahrzehnte vor Japan und China. Kairo wurde zum Finanz- und Kulturzentrum der arabischen Welt. Der osmanische Vizekönig in Ägypten Ismail, der Kedive, liess die Stadt nach dem Vorbild von Paris umgestalten. Um 1870 lebten an die 200 000 Europäer in der Stadt, 1869 war der Suezkanal eröffnet worden. Ismail soll gesagt haben: «Mein Land liegt nicht mehr in Afrika, es liegt in Eu­ropa.» (zit. nach Mishra, S. 95)
Hochverschuldet bei europäischen Banken, die Ismails Verschwendungssucht noch förderten, musste der Kedive gar europäische Minister in sein Kabinett aufnehmen. Im Volk und in der aufsteigenden Mittelschicht begann es deshalb zu gären. Hohe Steuern und Billigprodukte aus den europäischen Industrieländern zerstörten die heimische Wirtschaft. In dieser Situation begann al-Afghani die verarmte Menge aufzuwiegeln. Daneben dozierte er für konservative Muslime häretisch klingende Lehren: Er war zunehmend davon überzeugt, dass die islamische Welt reif für eine Reformation sei, mit ihm, al-Afghani, in der Rolle eines Luthers.

Gegen Fanatismus und politische Tyrannei in Asien

In einem Vortrag in Alexandria Ende 1879 wandte er sich unter anderem der Frage zu, warum die asiatischen Völker gegenüber dem Westen derart ins Hintertreffen geraten seien. Zwei Grundübel seien zu verorten: der Fanatismus und die politische Tyrannei. Den Muslimen könne nur eines helfen, nämlich «Eifer», und den besässen nur Völker, die «wissen, dass ihre Ehre in ihrer Rasse, ihre Macht in ihrer Gemeinschaft (umma) und ihr Ruhm in ihrem Vaterland liegt». (zit. nach Mishra, S. 106)
Er regte die Schaffung einer nationalen ­politischen Partei und eines parlamentarischen Systems an, welches auf Ausländer verzichten könne. Weiter forderte er eine Nationalsprache, eine Nationalliteratur und eine rechtliche Besserstellung der Frau.
Auf Grund von Aufrufen zur Revolution und Kriegsrufen gegen Ausländer erhöhten die Briten noch vor ihrem militärischen Einmarsch in Ägypten den Druck auf den Kediven, der schliesslich im Sommer 1879 al-Afghani des Landes verwies und nach Indien abschob.

Al-Afghanis Kehrtwende: für Panislamismus und «Heiligen Krieg»

Al-Afghani setzte im Kampf gegen den Westen nun neue Akzente: So trat er fortan für einen Nationalismus ein, den er nicht mehr ethnisch oder weltlich, sondern religiös begründete. Zudem operierte er nun mit Begriffen wie «Panislamismus» und «Heiliger Krieg». Dahinter standen die bitteren Erfahrungen Ägyptens, welches trotz Modernisierung dem britischen Druck erlag und auf Grund der globalisierten Wirtschaft zu einem untergeordneten Vasallenstaat verkam.
Als al-Afghani 1882 seinen zweiten Aufenthalt in Indien beendete, gab er sich als orthodoxer Muslim und Verteidiger des Islam gegen Einmischungen durch den Westen. Frommer war er, so das Urteil von Mishra, allerdings nicht geworden. Doch er war überzeugt, dass Angriffe gegen die Religion die moralische Grundlage der Gesellschaft untergruben und den sozialen Kitt einer Gemeinschaft schwächten. Diese Schwächung hatte seiner Meinung nach die Muslime weltweit in die Krise gestürzt.
Al-Afghani setzte nun immer mehr auf die Karte des bewaffneten Kampfes gegen den Westen. Die Siege des legendären Mahdis im Sudan gegen die Briten bestärkten ihn in dieser Auffassung. Er trat für den gemeinsamen Kampf von Hindus und Moslems in Indien ein, quasi als Einheitsfront im Kampf gegen die Briten.

Zuerst starker panislamischer Herrscher, dann islamische Reformation

1883 reiste al-Afghani nach Paris, das Mekka für politisch Unzufriedene aller Richtungen im 19. Jahrhundert. Gesponsert von einem reichen Reformer aus Tunesien publizierte er die erste internationale Zeitschrift für Muslime, die zum Panislamismus, zur Rückkehr zur alten Grösse, Macht und Geltung des Islam und zur Befreiung seiner Völker aus der Fremdherrschaft aufrief. Dies trug ihm die Aufmerksamkeit der britischen und französischen Geheimdienste ein. Er begann sich nun auch anders zu kleiden, legte wehende Gewänder und Turban ab und hüllte sich in Anzug mit steifen weissen Kragen und Krawatte. Nun kam es auch zu einer Debatte mit Ernest Renan, der ersten grösseren öffentlichen Debatte zwischen einem europäischen und einem muslimischen Intellektuellen. Al-Afghani wies dabei erneut darauf hin, dass der Islam eine Reformation brauche, mit ihm als Luther. Bis es soweit sei, brauche die muslimische Weltgemeinschaft aber einen starken Herrscher, etwa den Mahdi oder den Sultan in Istanbul.

Wer lenkte wen? Al-Afghani die Briten oder die Briten al-Afghani?

Al-Afghanis Versuch, in London die britische Regierung für einen gemeinsamen Kampf gegen Russland zu gewinnen, indem er den Dschihad gegen die Russen ausrufe, wenn die Briten Ägypten wieder freigäben, wurde von den britischen Eliten abgelehnt – anders handelten hundert Jahre später die USA, als sie im Kampf gegen die Sowjetunion in Afghanistan die Zusammenarbeit mit den Dschihadisten suchten. Zwei Aussagen Mishras, die Bestätigung und Widerspruch finden: Was die Zusammenarbeit der USA mit den Muslimkriegern betrifft, hat der damalige Sicherheitsberater von Jimmy Carter, Zbigniew Brzezinski, dies mit viel Selbstlob bestätigt.3 Was hingegen die Beziehungen zwischen al-Afghani und den Briten betrifft, gewichtet der US-Amerikaner Robert Dreyfuss die Rolle al-Afghanis in seinem Buch «Devils Game» ganz anders: Ihm zufolge, und das Werk des Jewish American Dreyfuss ist aus grosser Sorge um Israel heute geschrieben, steht die Instrumentalisierung des fundamentalistischen Islam durch die amerikanische Aussenpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg bis heute ganz in der Tradition der Briten. Diese hätten al-Afghani für die Bildung eines rechtsgerichteten Panislamismus gewonnen, mit welchem Russland bekämpft werden sollte. Dreyfuss bezeichnet in seinem Buch al-Afghani als Atheisten und Freimaurer und damit auch implizit als Agent im Dienste des britischen Empires. Sein Schüler Mohammed Abduh habe dann die Muslim-Bruderschaft gegründet und die Briten gegen die ägyptischen Nationalisten unterstützt. Wer brauchte also wen? Wer war der wirkliche Strippenzieher? Und wer der Gelenkte? Oder waren beide Seiten «lenkende Gelenkte» oder «gelenkte Lenkende»? Vielleicht haben, wie so oft in der Geschichte, beide recht, Mishra und Dreyfuss?
Übereinstimmung zwischen Mishra und Dreyfuss findet sich dann allerdings wieder in der Einschätzung, dass al-Afghani als geistiger Ahne von Osama bin Laden einzuordnen sei.

Briten und Russen aufeinanderhetzen, um Asien zu befreien?

1886 fuhr al-Afghani nach Persien, wo er mehrere Monate in der Hafenstadt Buschehr verbrachte und mit Mitgliedern der persischen Intelligenz über den Panislamismus diskutierte. Nach einem Besuch beim Schah verwies ihn jener des Landes, weil er ihn als potentiellen Unruhestifter einstufte. Danach versuchte al-Afghani in Moskau, die russische Regierung zum Handeln gegen den britischen Einfluss in der muslimischen Welt zu bewegen. Al-Afghanis Plan war, einen russisch-britischen Krieg auszulösen, der zur Befreiung Indiens, aber auch zur Beseitigung jeglicher europäischer Präsenz in muslimischen Ländern führen sollte. Doch der Zar liess sich weder zu einer Unterredung herab, und schon gar nicht, den Plan auch durchzuführen. Al-Afghani hatte mit seinem Moskauer Zwischenspiel aber so grossen Eindruck auf den Schah gemacht, dass der ihn wieder einladen liess.

Ausverkauf Irans an Baron Reuter durch Russland verhindert

Wie positionierte sich aber Persien zu der Zeit im «Great Game» der Grossmächte Grossbritannien und Russland? Bis in die 1880er Jahre hatte sich Persien relativ frei von westlichen Einflüssen und Übergriffen entwickelt, der Schah hielt sich bei äusseren Retouchen auf, so die beissende Kritik zweier japanischer Diplomaten auf Staatsbesuch. Russland und Grossbritannien beäugten sich und ihre Interessen in der Region argwöhnisch. Russ­land verhinderte 1872, dass der Schah dem britischen Baron Reuter, dem Gründer der gleichnamigen Nachrichtenagentur, ein Monopol auf den Bau von Bergwerken, Dämmen, Fabriken, Strassen und Eisenbahnen gewährte. Mishra dazu: «Selbst der hartgesottene Imperialist Lord Curzon bezeichnete den [später wieder rückgängig gemachten, ts.] Verkauf als ‹die vollständigste Übergabe der gesamten Ressourcen eines Königreiches in ausländische Hände, die jemals in der Geschichte erträumt, geschweige denn verwirklicht wurde›.» (Mishra, S. 134)

Wirtschaftsberater, Schakale, Armee: der westliche Dreischritt gestern – und heute?

Al-Afghani hatte mehrfach in anderen muslimischen Gebieten miterlebt, mit welch unseligem Dreischritt Länder in die Abhängigkeit der westlichen Mächte fielen, wie finanzielle Abhängigkeit erzeugt wurde und wie schnell auf harmlose Händler Soldaten folgten – ein Schema, welches der US-Amerikaner John Perkins in seinem Buch «The Economic Hitman» für das 20. Jahrhundert ganz ähnlich beschrieb: In der Tradition der amerikanischen Spielart des klassischen Imperialismus, des Dollar-Imperialismus, habe man zuerst den «Economic Hit Man», einen «Wirtschaftskiller» oder einen Wirtschaftsberater im Nadelstreifenanzug, geschickt, der der fremden Regierung Grossaufträge aufschwatzte, um sie in finanzielle Abhängigkeit zu bringen. Habe sich das Zielobjekt nicht darauf eingelassen und sich stattdessen für die eigene Bevölkerung eingesetzt, sei Stufe zwei angewandt worden, man habe die Schakale geschickt, Geheimdienstleute mit der Lizenz zum Töten. Habe auch dies nicht zum Ziel geführt, sei als Stufe drei die Armee in Marsch gesetzt worden. Ein Vorgang, den Perkins – wieso auch immer – preisgibt und mit Beispielen belegt, der offensichtlich, wie Mishra in seinem Buch beschreibt, keine Erfindung des 20. Jahrhunderts ist …

«Wie kannst du verstehen, was eine Bank ist?»

Zurück in den Iran des 19. Jahrhunderts: Al-Afghani warnte dort seine Landsleute vor dem Ausverkauf ihres Landes: «Bevor ihr zu Sklaven der Ausländer werdet wie die einheimischen Einwohner Indiens, müsst ihr ein Gegenmittel finden.» (zit. nach Mishra, S. 135) Mit seiner Auffassung, dass die Grundlagen des Islam Voraussetzung genug böten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aufzubauen, fand er breite Zustimmung. Nur nicht beim Schah, der ihn des Landes verwies. Als derselbe Schah 1891 einem britischen Geschäftsmann faktisch das Monopol zum Kauf, Verkauf und Export des Tabaks übertrug, machten von al-Afghani in Teheran gegründete Geheimgesellschaften Opposition dagegen. Die Massenproteste von 1891 waren gut koordiniert, auch dank der Telegraphie, die von den Briten als Verbindungslinie nach Indien gebaut worden war …
In Briefen an schiitische Geistliche rief er sie zum Widerstand auf und klärte gleichzeitig auf: «Wie kannst du verstehen, was eine Bank ist? Sie bedeutet die vollständige Übergabe der Zügel an die Feinde des Islam, die Versklavung des Volkes durch diesen Feind, die Abtretung (…) jeglicher Herrschaft und Autorität an den ausländischen Gegner.» (zit. nach Mishra, S. 136) Heutige Kritiker der Weltbank und des IWFs würden hier wohl mehr als zustimmen.

Mossadeghs Kindheitserlebnisse – kein Ruhmesblatt für den Westen

Al-Afghanis Aktionen zeitigten Erfolg: Auf Grund einer Fatwa, die das von ihm aufgeklärte schiitische Oberhaupt erlassen hatte, sah sich der Schah gezwungen, die Tabakkonzession für den britischen Geschäftsmann aufzuheben. Und von enormer geschichtlicher Bedeutung: Ein neunjähriger Knabe entwickelte durch diese Vorgänge «sein schicksalhaftes Misstrauen gegenüber ausländischen Unternehmen». Es war Mohammed Mossadegh, der spätere, 1953 von CIA und MI 6 weggeputschte Ministerpräsident Persiens. Solche Verbindungslinien machen das Buch von Mishra zu einem Hochgenuss und dienen dem besseren Verständnis unserer Gegenwart.
Al-Afghani, zwischenzeitlich in London domiziliert, versuchte von dort aus nicht nur, gegen den Schah zu agitieren, sondern auch den Briten zu erklären, dass sie auf das falsche Pferd setzten: «So absonderlich es erscheinen mag, ist es doch eine Tatsache, dass der Schah nach jedem Besuch in Europa die Tyrannei über sein Volk noch verschärft. Wahrscheinlich geht das mehr oder weniger auf seinen Empfang (…) in Europa zurück. So kommt es, dass die Massen in Persien (…) ihr wachsendes Leid auf europäische Einflüsse zurückführten, und ihre Abneigung gegen die Europäer verstärkte sich genau zu dem Zeitpunkt, als es leicht zu einer Annäherung hätte kommen können.» (zit. nach Mishra, S. 137) Zeilen, die nicht etwa aus den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts stammen, auch wenn sie solchen zum Verwechseln ähneln.

Mister Reuters Nachrichtenmonopol und moderne Desinformation

Medienkundlich spannend auch folgender Sachverhalt: Al-Afghani bemängelte die einseitige Berichterstattung aus Persien, die die Demonstranten als religiöse Fanatiker hinstellte, obwohl die nichts anderes wollten als ein Gesetzbuch und Reformen und sich gegen einen absolutistischen Herrscher wehrten – ein Vorgang, der dem auf seinen Parlamentarismus stolzen Grossbritannien eigentlich hätte gefallen müssen. Doch wer hatte das Nachrichtenmonopol? Die Firma eines Mannes, der via andere Firmen über Schürf­rechte und Banklizenzen im Iran verfügte: Ein Mister Reuter mit seiner gleichnamigen Agentur. Leider verzichtet Mishra auf einen Verweis auf die heutige Situation des Nachrichtenbusiness, vielleicht auch nur, weil das Beispiel genügend ins Auge springt … Oder ist es heute doch nicht so weit her mit kritischer Medienerziehung in unseren Schulen? Werden die Studien, z. B. von Prof. Russ-Mohl in der «Neuen Zürcher Zeitung» referiert, wonach 80 % aller heutigen Nachrichten lediglich aus einer Quelle stammen, somit beliebig sind, zur Kenntnis genommen?4 Oder die Aussagen von Fernsehintendanten, dass wir dem nicht trauen können, was wir sehen? Dass die Fernsehwelt sich immer mehr von der Wirklichkeit entferne? Dass die TV-Macher auf dem Weg seien, das Publikum gezielt zu desinformieren? Dass die Wahrheit das erste Opfer in Konflikten sei? 5,6

Islamischer Luther, Freimaurer, Briten-Freund oder -Feind?

Zurück zu al-Afghani und zu seiner Tätigkeit in London, dem Zentrum des von ihm bekämpften Empires: In seinen von britischen Presseprodukten veröffentlichten Artikeln verlangte er auch den Abzug der Briten aus Indien und Ägypten, um die feindselige Haltung der Muslime abzubauen. Ein erstaunlicher Umstand, auf den Mishra gerne kurz hätte hinweisen dürfen: Auch wenn die Briten unbestreitbar Greueltaten in ihren Kolonien begingen, im Homeland wahrten sie die Meinungsäusserungsfreiheit auch eines in ihren Augen durchaus gefährlichen Agitators. Auf das Drängen des Schahs, den Kritiker mundtot zu machen, gab die britische Regierung vor, nichts gegen ihn unternehmen zu können. Wieweit die Briten al-Afghanis Ansatz doch noch zu nutzen hofften, lässt Mishra offen. Doch Sätze wie die folgenden zeigen, dass man ihn trotz aller Kritik dennoch auch als Brückenbauer in der Hinterhand behalten konnte – oder doch gar als Agent, wie Robert Dreyfuss in Devil’s Game unterstellt? So äusserte al-Afghani in einem Interview mit der Pall Mall Gazette im Dezember 1891, die Perser seien unter den Asiaten jene, die am offensten für Reformen seien, und er, al-Afghani, könne als Katalysator des Wandels wirken: «Der wahre Geist des Koran steht vollkommen im Einklang mit modernen Freiheiten. (…) Ein gebildeter Muslim, der sich mit den liberalen Grundsätzen Europas auskennt, kann sie seinem Volk leicht mit der Autorität des Koran vermitteln, ohne dass ihm die Schwierigkeiten erwüchsen, mit denen Luther zu kämpfen hatte.» (zit. nach Mishra, S. 138) Al-Afgahni, ein Wandler zwischen den Welten? Ein islamischer Luther? Gleichzeitig aber Freimaurer? Feind der Briten oder deren Agent?

Gegen westlichen Imperialismus, nicht gegen christliche Werte

1892 übersiedelte al-Afghani nach Istanbul, wo der Sultan ihm eine Leibrente zuwies. Er hoffte, ihn als Propagandist eines osmanischen Kalifats zu gewinnen, zudem konnte er ihn in Istanbul unter Kontrolle behalten. Gestützt auf einen brutalen Machtapparat, fasziniert von Japans Entwicklung gegenüber den westlichen Grossmächten, holte der Sultan Grössen aus Indien und Syrien an seinen Hof, brauchte aber auch Denker wie al-Afghani. Der sammelte wieder eine multinationale Gefolgschaft um sich und verfocht weiterhin die Idee des Panislamismus, lehnte nicht nur das Schisma zwischen Sunniten und Schiiten, sondern auch eine Nachahmung des Westens ab, wobei er differenzierte: Am Westen lehne er nur den Imperialismus ab, nicht etwa die christlichen Werte. Der Koran sei vollkommen vereinbar mit moderner Wissenschaft, Politik und Ökonomie, und notwendig seien Verfassungsreformen. Bespitzelt und verdächtig, kein richtiger Moslem zu sein, wollte er 1895 einen britischen Pass bekommen, um zu fliehen. Doch die Briten weigerten sich, ihrem alten Feind zu helfen.
Als 1896 einer seiner Schüler den persischen Schah ermordete, wurde al-Afghani in Istanbul auf Drängen der persischen Regierung inhaftiert. Eine jahrelange Haft oder gar Auslieferung blieb ihm, der eine Verwicklung in das Mordkomplott abstritt, erspart, da ihn, den starken Raucher, 1897 der Krebstod ereilte.

Willkür durch Recht, Fanatismus durch Toleranz ersetzen

Ein halbes Jahrhundert gerieten seine Gedanken in Vergessenheit, bis er von jungen politisierten Muslimen wiederentdeckt wurde, die seinem Lieblingsvers aus dem Koran nachleben wollten: «Allah verändert nicht sein Verhalten zu einem Volk, ehe es nicht seiner Seelen Gedanken verändert.» (zit. nach Mishra, S. 145) Oder mit al-Afghanis eigenen Worten kurz vor seinem Tode: «Ich kämpfte und kämpfe immer noch für eine Reformbewegung im heruntergekommenen Orient, wo ich Willkür durch Recht, Tyrannei durch Gerechtigkeit und Fanatismus durch Toleranz ersetzen möchte.» (zit. nach Mishra, S. 144f)

Konsequent nur in seinem Antiimperialismus?

Al-Afghani liegt heute in einem Mausoleum auf dem Gelände der Kabuler Universität in Afghanistan begraben. Mit der Restaurierung des Grabmals im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts ging auch die Instrumentalisierung des «Revolutionärs, der Muslime von Ägypten bis nach Indien inspirierte» (US-Botschafter Robert Finn im Oktober 2002), einher. Die USA wollten in ihm den nach 9/11 lange gesuchten liberalen und gemässigten Muslim sehen. Nichts falscher als das, so Mishra. Er sei ein Mann gewesen, der seine Ideen aus dem Stegreif entwickelt habe und konsequent nur in seinem Antiimperialismus gewesen sei. Er habe erkannt, dass der Übermacht des Westens nur durch die Aneignung von Wissenschaft, Bildung und militärischer Stärke durch die Muslime zu begegnen sei. Die Früchte seiner Arbeit seien heute im arabischen Frühling zu sehen. Er habe den Boden gelegt, dass die Muslime von Objekten zu Akteuren der Geschichte geworden seien, getreu dem schon weiter oben zitierten Koranvers, dass ein Volk zuerst «seiner Seelen Gedanken» ändern müsse, bevor Allah sich seiner annehme.
Al-Afghani muss nach Mishra als Vorläufer Muhammad Iqbals in Indien, Sayyid Qutbs in Ägypten und, richtig gelesen, Osama bin Ladens in Saudi-Arabien gelten – eine Einschätzung, welche US-Botschafter Robert Finn wohl nicht teilen bzw. zurückweisen würde, ansonsten im Minimum die US-Spende für al-Afghanis Mausoleum zurückgezogen werden müsste. Denn wer bekämpft schon einen Mann als Topterroristen und würdigt gleichzeitig dessen geistigen Vater? Oder ist hier doch Dreyfuss’ Devil’s Game zu beobachten?

Salafisten – als Söhne al-Afghanis für Erneuerung nach japanischem Vorbild?

In vielen Ländern gilt al-Afghani heute als Begründer des modernen politischen Islam. Und dies gemeinsam mit Mohammed Abduh, seinem wichtigsten Schüler, und wiederum dessen Schülern. Al-Afghanis Grundüberzeugung, dass der Islam den Boden für eine antiwestliche Solidarität bilde, formulierte der türkische Kulturnationalist und Dichter Ziya Gökalp wie folgt: «Die Minarette sind unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme, die Moscheen unsere Kasernen und die Gläubigen unsere Armee.» (zit. nach Mishra, S. 150)
Aber auch der Salafismus gehört zu al-Afghanis gemischtem Erbe. Die Bewegung richtet sich an den rechtgläubigen Altvorderen des Islam (Salaf) aus und ist in sich wieder vielgestaltig. Rashid Rida als Führerfigur des Salafismus griff auf al-Afghanis konservative panislamistische Vorstellungen zurück und inspirierte die 1928 gegründete Muslimbruderschaft und andere ähnliche Bewegungen in ganz Asien und auch Afrika. Die Salafisten nutzten in ihren Aktivitäten gegen die europäischen Mächte und deren einheimische Unterstützer durchaus westliche Mittel wie die Presse und politische Organisationen. Der Islam galt ihnen als Motor des Wandels, und zwar in sozialer, ökonomischer und politischer Hinsicht. 1930 warnte Rida davor, den Weg der Türkei und Ägyptens einzuschlagen und schlug eine Erneuerung nach dem Vorbild Japans vor. Wieder lassen die Fernwirkungen von Tshushima grüssen!

Texte von Ayatollah Khomeini – Originalton al-Afghanis?

Die Salafisten wurden in ihren jeweiligen Ländern von westlich ausgerichteten Despoten verfolgt. In Afghanistan verquickte sich ihr Ansatz in der Gestalt von Ayman al-Zawahiri, einem Mitverschwörer bei der Ermordung des ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat, mit dem aus Arabien stammenden wahhabitischen Islam, verkörpert durch Osama bin Laden. Da die in Afghanistan versammelten islamistischen Flüchtlinge al-Afghanis internationalistischen Antiimperialismus aufgriffen und einen weltlichen Dschihad ausriefen, der sich auch und vor allem gegen die westlichen Schutzherren der diversen islamischen Regimes richtete, wirkt die Ehrung al-Afghanis durch den US-Botschafter, wie oben beschrieben, nur um so grotesker.
Auch Texte von Ayatollah Khomeini, die Mishra zitiert, könnten original von al-Afghani stammen, wenn es da heisst: «Der Kolonialismus hat unsere Heimat geteilt und die Muslime in getrennte Völker verwandelt. (…) Unsere einzige Möglichkeit, die muslimische Nation zu einen, ihre Länder aus dem Griff der Kolonialisten zu befreien und die Marionettenregierungen des Kolonialismus zu stürzen, ist der Versuch, unseren islamischen Staat zu schaffen.» (zit. nach Mishra, S. 151)

Weg von den Eliten, hin zum Volk

Anders als Khomeini und bin Laden setzte aber al-Afghani nicht auf Gewalt, sondern auf die Umkehr der Herrscher. Dass er bei dieser Elite kein Gehör fand, liess ihn gegen Ende seines Lebens verbittern. So sagte er einem deutschen Journalisten in Istanbul: «Die ganze orientalische Welt ist so ganz und gar verrottet und unfähig, die Wahrheit zu hören und ihr zu folgen, dass ich mir eine Flut oder ein Erdbeben wünschte, die sie verschlingen und begraben.» (zit. nach Mishra, S. 152) Spät, zu spät erkannte und bereute er, dass er seine Ideen auf «das Salz und den unfruchtbaren Boden» (zit. nach Mishra, S. 153) der Eliten gestreut habe: «Ich wollte, ich hätte die ganze Saat meiner Ideen im empfänglichen Boden des Denkens der Menschen ausgesät.» (zit. nach Mishra, S. 153)
So wandte sich al-Afghani am Ende seines Lebens von der Idee ab, aufgeklärte Despoten könnten einen Wandel herbeiführen – so wie dies ja auch westliche Denker wie etwa ein Friedrich Schiller vertraten. Verabscheute aber Schiller die Revolution nach den Blutexzessen der Jakobiner in Frankreich und gab sein Ehrenbürgerrecht zurück, so setzte al-Afhgani ganz auf radikale, vom Volk getragene Revolutionen, die sowohl Basis als auch Überbau der Unterdrückung, so die hier marxistisch klingende Diktion von Pankaj Mishra, zerstören müssten.

Blieben die Fundamente der Despotie unangetastet?

Die Fundamente der Despotie seien zu zerstören, nicht deren einzelne Agenten zu vertreiben, sonst sei gar nichts gemacht: Genau in diesem Punkt sieht Mishra auch, und damit schliesst er das Kapitel über al-Afghani und den politischen Islam, genau darin sieht er das Problem des arabischen Frühlings: Was, «wenn die Fundamente der Despotie in Wirklichkeit unangetastet blieben?» (Mishra, S. 153)
Und Mishra, der Träger des «Leipziger Buchpreises zur Europäischen Verständigung», würdigt al-Afghanis Lebenswerk mit folgendem Schlusssatz, den man, dies wohl auch ganz im Sinne der Leipziger Jury, länger nachklingen lassen sollte: «Wie gewaltig al-Afghanis selbstgestellte Aufgabe war, zeigt sich darin, dass die von ihm angegangenen Probleme immer noch so beängstigend hartnäckig sind wie damals und ihre Verzweigungen sich nicht nur durch die von ihm bereisten muslimischen Länder ziehen, sondern auch durch den Rest der Welt.» (Mishra, S. 153)     •

1    New York Magazine: The NYPD Division of Un-American Activities. By Matt Apuzzo and Adam Goldman. <link http: www.nymag.com news features nypd-demographics-unit-2013-9>www.nymag.com/news/features/nypd-demographics-unit-2013-9/
2    Kishore Mahbubani. Die Rückkehr Asiens – das Ende der westlichen Dominanz. Berlin 2008. ISBN 978-354907351-3. S. 16f
3    Interview mit Zbigniew Brzezinski in Le Nouvel Observateur (Frankreich), 15. Januar 1998 mit dem Titel: «Brzezinski: Oui, la CIA est entrée en Afghanistan avant les Russes.»
4    Stephan Russ-Mohl. Wer hat die Fäden in der Hand? Zur Machtbalance zwischen PR und Journalismus. Neue Zürcher Zeitung Nr. 251 vom 27.10.2000, S. 81
5    Bernd Dost (Regie). Hat Kohl Madonna geküsst? Wie man mit Bildern manipulieren kann. Deutschland 1996. ISBN 978-3-939356-06-6. Darin z.B. die Aussagen von Fritz Pleitgen, damaliger Intendant des WDR.
6    Gordana Mijuk, Klaus-Helge Donath. Krieg der Lügen. NZZ am Sonntag vom 27. April 2014, S. 22f

Literatur:
Pankaj Mishra. Aus den Ruinen des Empires. Die Revolte gegen den Westen und der Wiederaufstieg Asiens. Frankfurt a.M.2013. ISBN 978-3-10-048838-1.
John Perkins. Bekenntnisse eines Economic Hit Man. München 2005. ISBN 978-357050066-8.
Vgl. dazu auch diverse Filme mit und über John Perkins: z. B. ORF2, gesendet am 14. Mai 2010: «Im Dienste der Wirtschaftsmafia – ein Geheimagent packt aus». Original-Titel: Apology of an Economic Hit Man. Oder diverse Filme auf youtube:
z. B. <link http: www.youtube.com>www.youtube.com/watch?v=WdPMSMTBf-Q 
Robert Dreyfuss. Devil’s Game – How the United States Helped Unleash Fundamentalist Islam. Henry Holt and Co. (Metropolitan Books), American Empire Project Series. 2005, ISBN: 978-0805-081374.)

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