Deutschlands Rolle in der Ukraine?

Deutschlands Rolle in der Ukraine?

von Karl Müller

Allem Anschein nach führen die deutschen Massenmedien derzeit eine Kampagne gegen die Regierung der Ukraine und über diese Kampagne eine ebensolche gegen die Regierung Russlands. Was tatsächlich in der Ukraine passiert, entzieht sich deshalb der Kenntnis all derer, die darauf angewiesen sind, ihre Informationen aus den Massenmedien zu erhalten und sich auf der Grundlage dieser «Informationen» eine Meinung zu bilden.
Nichtsdestoweniger ist es möglich, selbst auf der Grundlage des öffentlich Berichteten ein paar Fragen zu stellen, auf deren Beantwortung zu bestehen ist:

  1. Die deutschen Massenmedien und auch die deutsche Regierung fordern lautstark, die Regierung der Ukraine müsse das Recht auf friedliche Proteste achten. Zählt die deutsche Regierung Hausbesetzungen, Blockaden, Barrikadenbau, massive Sachbeschädigungen und die Anwendung von Brachialgewalt zu «friedlichen Protesten»? Warum werden diese offensichtlichen Rechtsbrüche, die in Deutschland strafrechtlich als Haus- und Landfriedensbruch geahndet würden, nicht verurteilt, wenn es um die Ukraine geht?
  2. Die «Proteste» in der Hauptstadt der Ukraine gleichen ähnlichen Vorgängen, in denen mit Einfluss von aussen Regierungswechsel (Regime change) herbeigeführt werden sollten, und zwar nicht auf der Grundlage verfassungsmässiger Regeln, sondern mit einem staatsstreichartigen «Druck von der Strasse», nachdem derartige Machtwechsel mittels eines Militärputschs nicht mehr überall en vogue sind.1 Vitali Klitschko ist ein deutsches Produkt, aufgebaut von der Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU.2 Wie begründet die deutsche Regierung ihren massiven Verstoss gegen das von der Uno-Charta festgeschriebene Verbot der Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen souveränen Staates?
  3. Manche Kommentare erinnern, auch wenn sie auf ganz anderes zielen, daran, dass ein Land auch von aussen gezielt in bürgerkriegsähnliche Zustände gedrängt werden kann. So heisst es in einem Kommentar der «Süddeutschen Zeitung» vom 23. Januar: «Es stimmt, dass noch kein Bürgerkrieg in der Ukraine herrscht. Es stimmt aber auch, dass jeder Bürgerkrieg so oder ähnlich begonnen hat. In Syrien hat sich die westliche Diplomatie unter Qualen damit abgefunden, wenig ausrichten zu können. Das darf im Falle der Ukraine nicht passieren.» Aus Syrien weiss man, wie sehr der Westen, auch Deutschland, gezündelt hat. Kann die deutsche Regierung garantieren, dass es für die Ukraine keine ähnlich finsteren Pläne gibt?
  4. Unter Berücksichtigung der vorliegenden geopolitischen und strategischen Analysen zur Rolle der Ukraine in der Weltpolitik gibt es Anhaltspunkte für den Verdacht, dass es der deutschen Regierung nicht um die Menschenrechte in der Ukraine, nicht um Demokratie in der Ukraine, nicht um das Wohl der Menschen in der Ukraine geht. Seit Mitte der neunziger Jahre (Brzezinski: «Die einzige Weltmacht») ist es bekannt, dass die Ukraine die westliche Speerspitze der USA und ihrer Verbündeten im Kampf gegen Russland sein soll. Dem dienen die Versuche, die Ukraine in die EU und in die Nato zu «integrieren». Kann die deutsche Regierung glaubhaft darlegen, dass diese Analysen gegenstandslos sind und die deutsche Regierung in ihrer Politik gegenüber der Ukraine und gegenüber Russland nur von den besten Absichten, nämlich vom Gedanken des friedlichen und gleichberechtigten Miteinanders souveräner Staaten bestimmt wird?

Die Völker der Ukraine, Deutschlands und Russlands wollen nicht, dass die Menschen ihrer Länder in blutige Auseinandersetzungen getrieben werden. Sie leben auf einem Kontinent, in dem jedes Land die Zusammenarbeit mit den anderen Ländern braucht. Sie wissen, was es bedeutet, wenn mit verlogenen Kampagnen innerhalb und zwischen ihren Ländern gezündelt wird. Sie wissen um die Vielzahl der Opfer, wenn die Eskalation auf die Spitze getrieben wird. Dieses Jahr jährt sich der Beginn des Ersten Weltkriegs zum hundertsten Mal. Ist das nicht Mahnung genug für alle Völker Europas?
Und sie fragen sich zu Recht, welchen Sinn es haben soll, dass eine Medienkampagne nach der anderen folgt. Wozu sollen sie immer wieder von den dringenden Aufgaben, die tatsächlich in ihren Ländern und in Europa anstehen, abgehalten werden? Glaubt die politische Klasse in Deutschland und im «Westen» wirklich, mit einer lauten Medienkampagane vom eigenen Versagen ablenken zu können? Wäre es nicht an der Zeit, innezuhalten? Warum fehlt eine ehrliche, an grundlegenden Werten orientierte Politik?3    •

1    vgl. Wayne Madson: NATO’s Eastern Prize,
<link http: www.strategic-culture.org news ukraine-nato-eastern-prize.html>www.strategic-culture.org/news/2013/12/16/ukraine-nato-eastern-prize.html  vom 16.12.2013; in deutscher Übersetzung: Die Ukraine: Ein Staat im Osten, den die NATO gern vereinnahmen möchte, <link http: www.luftpost-kl.de luftpost-archiv lp_13 lp20113_221213.pdf>www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_13/LP20113_221213.pdf  vom 22.12.2013
2    vgl. Zeit-Fragen, Nr. 39 vom 17. Dezember 2013
3    vgl. «Standortbestimmung», in: Zeit-Fragen, Nr. 1 vom 14. Januar 2014

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