Kein Kriegseintritt der Bundesrepublik Deutschland!

Kein Kriegseintritt der Bundesrepublik Deutschland!

Offener Brief an die Nürnberger Bundestagsabgeordneten

Eines vorab: An Mitgefühl mit Frankreich, mit Paris und vor allem mit den Angehörigen der Opfer und an Abscheu vor dem hinterhältigen Anschlag lasse ich mich von niemandem überbieten. Ich habe selbst ein Jahr in Paris gelebt, im Quartier Latin gewohnt und an der Sorbonne studiert. Ich habe den Geist und die Atmosphäre dieser Stadt in mir aufgenommen und fühle förmlich am eigenen Leib die Schmerzen, die dieser Stadt zugefügt wurden.
Dennoch wende ich mich gegen einen Kriegseintritt Deutschlands, so harmlos ihn die Bundesregierung auch darzustellen versucht: Keine Bodentruppen, nur Beihilfe zum Bombardieren, alles begrenzt auf ein Jahr. In Wahrheit ist dies aber ein Einstieg in einen Krieg, von dem niemand sagen kann, ob und wann man daraus wieder aussteigen kann. (Die Experten vom Bundeswehrverband kalkulieren mit mindestens 10 Jahren.) In der heterogenen Allianz der Kriegswilligen gibt es weder einheitliche Vorstellungen über die Kriegsziele noch einen auch nur annähernden Konsens über eine Nachkriegsordnung, die den Menschen in Syrien und im Irak ein geordnetes Leben ohne Terror und militärische Gewalt bringen könnte. Ausserdem ist das Risiko einer militärischen Konfrontation innerhalb der Anti-IS-Mission angesichts der völlig unterschiedlichen Interessenlagen riesengross. Im Ernstfall droht der Syrien-Krieg völlig ausser Kontrolle zu geraten und ganz Europa mit in den Abgrund zu reissen.
Der angestrebte Beschluss zum Einstieg in den Krieg entbehrt zudem einer tragfähigen rechtlichen Grundlage. Es ist bestürzend, dass die meisten Abgeordneten der grossen Koalition anscheinend nichts dabei finden, sich von Geist und Buchstaben des Grundgesetzes immer weiter zu entfernen und sich in immer gewagtere Interpretationen dessen flüchten, was uns unsere Verfassung aus gutem Grund an Zurückhaltung eigentlich auferlegt.
Die bitteren Lehren aus dem gescheiterten Krieg in Afghanistan scheinen noch nicht verinnerlicht zu sein: 14 Jahre Krieg, ungezählte, vor allem auch zivile Opfer, 40 Milliarden Euro Kosten für den deutschen Steuerzahler mit dem Ergebnis, dass die Afghanen zu Zehntausenden nach Eu­ropa flüchten, weil sie in ihrer Heimat keine Zukunft sehen.
Soll sich dies nun unter anderen Vorzeichen ein weiteres Mal wiederholen?
Ich fordere Sie, die Nürnberger Bundestagsabgeordneten, mit Nachdruck auf, den verhängnisvollen Kriegspfad nicht zu betreten, sondern nach Wegen zu suchen, die deutsche Solidarität mit Frankreich ohne Kriegsbeteiligung zum Ausdruck zu bringen.

Peter Schönlein, Oberbürgermeister a.D., Nürnberg

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