Am 21. September hat der Nationalrat als Erst-rat mit der Debatte zur Änderung des Ausländergesetzes begonnen, mit dem Auftrag, die von Volk und Ständen angenommene Verfassungsbestimmung zur Steuerung der Zuwanderung umzusetzen. Was dem Schweizervolk da präsentiert wurde, war ein raffiniert eingefädeltes Trauerspiel. Mit Demokratie jedenfalls hatte es nichts zu tun.
Das Schweizervolk will nicht in die EU, in die Nato schon gar nicht. Seit dem denkwürdigen Nein zum EWR-Beitritt am 6. Dezember 1992 ist das jedem klar, und es hat sich seit damals nicht geändert. Jeder Schweizer weiss, dass es mit dem EU-Beitritt endgültig aus wäre mit dem Schweizer Modell. Dank diesem einzigartigen Modell – direkte Demokratie, Föderalismus, Gemeindeautonomie, Neutralität – steht die Schweiz in jeder Beziehung stabil und zukunftsfähig da. Die starke Stellung der KMU am Wirtschaftsstandort, die tiefe Staatsverschuldung, der starke Franken sind Ausfluss des Schweizer Modells. Dahinter steht die tiefverwurzelte Sicherheit der Bevölkerung: Wir sind die Macher in diesem Land, wir sorgen für gesunde Gemeinden, wir erhalten und stärken den Wirtschaftsstandort mit der dualen Berufsbildung und der Identifikation der Arbeitnehmer mit ihrem KMU-Betrieb, wir sorgen mit der vom Volk eingeführten Schuldenbremse dafür, dass unsere expandierenden Kantons- und Bundesverwaltungen wenigstens noch eine Barriere haben. Wir stellen uns in jeder Meinungsumfrage mit über 90 Prozent hinter die immerwährende bewaffnete Neutralität.
Die Gegner ruhen nicht. Politiker und ganze Verwaltungsabteilungen in Bund und Kantonen haben den Kampf gegen das Schweizer Modell aufgenommen und geben den Kurs vor: Der Kleinstaat Schweiz soll in die EU und in die Nato integriert und damit aufgelöst werden. Schon vor 1992, aber vor allem seither, haben sie begonnen, an den Stützpfeilern zu sägen: Drogenpolitik, Schulreformen, Bergier-Bericht – lauter Giftpfeile von aussen, aber ohne eine starke 5. Kolonne im Inneren hätten sie wenig Wirkung gehabt. Zersetzung der Gemeindeautonomie durch die stetige Schwächung der Gemeinden und die Stärkung und Zentralisierung der Verwaltungen (EU-Regionalpolitik, Fusionen, Naturpärke, Metropolitan-räume), Eindringen der EU-ausgerichteten Bundesverwaltung in jeden Winkel der souveränen Kantone (Gesundheitswesen, Volksschule, Bildung überhaupt), Ersetzung der im Volk verankerten Milizarmee durch sogenannte «Durchdiener» (Richtung Berufsarmee) und Unterhöhlung der Neutralität durch immer engere «Kooperation» mit der Nato. Alles am Volk vorbei, ein stetiger Staatsstreich von oben herab gegen das Volk.
Die direkte Demokratie ist die Crux für Strategen, die sich von aussen in ein immer engeres Netz einbinden lassen – aus Ruhmessucht? Weil sie erpressbar sind? Weil sie die globale Wirtschaft im «globalen Dorf» besser zu steuern hoffen? Aber: An den Volksabstimmungen kommt bis jetzt in der Schweiz keiner vorbei. Also muss man die direkte Demokratie von oben her angreifen und allmählich demontieren. Mit dem Lehrplan 21 kann man die geplante Strategie beschleunigen: Wer nicht mehr lesen und schreiben kann, ist für die direkte Demokratie verloren: Die gesamten aufwachsenden Generationen sollen nicht mehr fähig sein, den Staat als mündige Bürger zu tragen – eine menschenverachtende Gemeinheit ohnegleichen.
Damit es etwas schneller geht, werden immer mehr Volksentscheide ganz einfach nicht mehr umgesetzt. Die über siebenstündige Nationalratsdebatte am 21. September zur Umsetzung von Artikel 121a der Bundesverfassung (Steuerung der Zuwanderung) ist eine Demonstration der zersetzenden Kräfte, gegen die eine starke Antwort nötig sein wird.
So CVP-Präsident Nationalrat Gerhard Pfister auf die Frage von Roger Köppel in der Weltwoche vom 8. September 2016.
Mit dem Zusammengehen der grossen bürgerlichen Parteien (SVP, FDP, CVP) hätte der Nationalrat eine «einseitige Schutzklausel» und einen «Inländervorrang», die diesen Namen verdienen, hingekriegt und dem Volkswillen, der in der Bundesverfassung festgeschrieben ist, entsprochen. In der grossen Show vom 21. September im Nationalrat war dies nicht der Fall, was alle Räte vorher schon wussten. Denn in der vorbereitenden Staatspolitischen Kommission SPK-NR waren die Kräfte bereits gebündelt: Alle anderen Parteien gegen die SVP. Entsprechend wurde die Szenerie im Rat konstruiert.
Roger Köppel: «Am 29. April sagten Sie in einem Interview, es gebe einen Konsens unter den bürgerlichen Parteien, dass man die Migrationssteuerung eigenständig durchsetzen wolle, sofern es keine einvernehmliche Einigung mit der EU gebe. Jetzt wurde auf jede Eigenständigkeit verzichtet. Die Schweiz muss bei jeder Massnahme, die über die bessere Nutzung des inländischen Potentials hinausgeht, die EU um Erlaubnis bitten. Warum zerfiel der bürgerliche Konsens?»
Gerhard Pfister: «Er löste sich auf. Er bestand bis etwa eine Woche vor der Kommissionssitzung. Die FDP liess durchblicken, dass für sie Höchstzahlen absolut nicht in Frage kommen würden, auch nicht in abgeschwächter Form. Die FDP begann, sich auf einzelne Wörtchen zu versteifen. Es gab auf einmal starre Fronten.»
So managten die Strategen denn auch die Nationalratsdebatte: nicht nach Schweizer Art! Die Kommissionsanträge wurden nicht vom Kommissionspräsidenten, dem SVPler Heinz Brand, vorgebracht, sondern vom Vize Kurt Fluri, FDP, der sich schon in der Kommission als Sachwalter der EU präsentiert hatte. Der Rückweisungsantrag von Nationalrat Adrian Amstutz, SVP BE (siehe Kasten), in dem der Verfassungsbruch auf der ganzen Linie angeprangert wurde, wurde mit allen Stimmen gegen die SVP abgelehnt. Die FDP-Fraktion hatte Fraktionszwang beschlossen – ein in der Schweizer Konsensdemokratie äusserst befremdender Vorgang! Demgemäss trauten sich einige FDP-Nationalräte lediglich, sich der Stimme zu enthalten, drei waren es bei der Abstimmung über den Rückweisungsantrag Amstutz (Thierry Burkart, FDP AG, Benoît Genecand, FDP GE und Hanspeter Portmann, FDP ZH). Als Protest gegen die vorher beschlossene Front gegen die Umsetzung des Volkswillens hatten die SVP-Nationalräte sich geeinigt, sich mit vielen Fragen zum Antrag Amstutz einzubringen. Damit brachten sie Ratspräsidentin Christa Markwalder, FDP BE, (die sich seit jeher für den EU-Beitritt starkgemacht hatte) in Rage: «Kommen Sie zu Ihrer Frage!» … «Die Frage!»
Als einziger FDP-Nationalrat hatte Hanspeter Portmann, FDP ZH, es gewagt, einen Antrag zu stellen, der das Steuer doch noch in Schweizer Hände zu legen versuchte. «Kann sich der gemischte Ausschuss (Art. 14 Abs. 2FZA) nicht einigen, beantragt der Bundesrat der Bundesversammlung Abhilfemassnahmen zur einseitigen Umsetzung.» (Art. 17d Absatz 4bis Entwurf AuG)
Ein ähnlicher Antrag von Gerhard Pfister, CVP ZG:
«Der Bundesrat entscheidet in Absprache mit den Kantonen über die Abhilfemassnahmen und deren Unterbreitung im gemischten Ausschuss (Art. 14 Abs. 2 FZA). Erfolgt innerhalb von 60 Tagen nach dem Antrag der Schweiz keine Einigung, kann der Bundesrat befristete Abhilfemassnahmen beschliessen.»
Beide Anträge wurden zwar abgelehnt, aber nur knapp: Neben den SVP-Räten stimmten die meisten CVP-Räte und einige aus der FDP dafür.
Bis eine eigenständige Regelung der Zuwanderung schliesslich steht, fliesst noch viel Wasser den Rhein hinunter. Es ist zu hoffen, dass der Ständerat besser als die grosse Kammer weiss, was er zu tun hat. Andernfalls gibt es immer noch das Referendumsrecht.
Das ändert aber nichts daran, dass die Nationalratsmehrheit sich am letzten Mittwoch schlicht und einfach geweigert hat, den Volkswillen umzusetzen. Wenn man bedenkt, dass die Aufkündigung der Bilateralen Verträge mit der Schweiz aus Sicht der EU gar nicht zur Diskussion steht, wie Jean-Claude Juncker am 19. September in Zürich zugegeben hat – schliesslich hätte ja die EU einiges mehr zu verlieren als wir! – stellt sich uns schon die Frage, wie unsere «Volksvertreter» dazu kommen, die Schweiz einem maroden Konstrukt überlassen zu wollen, aus dem andere Staaten zu entkommen versuchen, bevor sie bis zum letzten Penny ausgesaugt werden.
Die Vorlage 16.027 ist an die SPK-N zurückzuweisen mit dem Auftrag, sie gemäss Entscheid von Volk und Ständen vom 9. Februar 2014 verfassungskonform auszugestalten. Der von der SPK-N ausgearbeitete Vorschlag zur Umsetzung von Art. 121a der Bundesverfassung sowie den entsprechenden Übergangsbestimmungen ist klar verfassungswidrig. Der Verfassungsauftrag von Volk und Ständen lautet:
1 Die Schweiz steuert die Zuwanderung von Ausländerinnen und Ausländern eigenständig.
– Nicht erfüllt!
2 Die Zahl der Bewilligungen für den Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz wird durch jährliche Höchstzahlen
– Nicht erfüllt!
und Kontingente begrenzt.
– Nicht erfüllt!
Die Höchstzahlen gelten für sämtliche Bewilligungen des Ausländerrechts unter Einbezug des Asylwesens.
– Nicht erfüllt!
Der Anspruch auf dauerhaften Aufenthalt, auf Familiennachzug und auf Sozialleistungen kann beschränkt werden.
– Nicht erfüllt!
3 Die jährlichen Höchstzahlen und Kontingente für erwerbstätige Ausländerinnen und Ausländer sind auf die gesamtwirtschaftlichen Interessen der Schweiz unter Berücksichtigung eines Vorranges für Schweizerinnen und Schweizer auszurichten;
– Nicht erfüllt!
die Grenzgängerinnen und Grenzgänger sind einzubeziehen.
– Nicht erfüllt!
Massgebende Kriterien für die Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen sind insbesondere das Gesuch eines Arbeitgebers,
– Nicht erfüllt!
die Integrationsfähigkeit und eine ausreichende, eigenständige Existenzgrundlage.
– Nicht erfüllt!
4 Es dürfen keine völkerrechtlichen Verträge abgeschlossen werden, die gegen diesen Artikel verstossen.
– Nicht erfüllt (Kroatien-Protokoll)!
11 Übergangsbestimmung zu Art. 121a (Steuerung der Zuwanderung)
1 Völkerrechtliche Verträge, die Artikel 121a widersprechen, sind innerhalb von drei Jahren nach dessen Annahme durch Volk und Stände neu zu verhandeln und anzupassen.
– Nicht erfüllt!
Das Initiativkomitee «Ja zum HarmoS-Ausstieg» fordert zusammen mit einem beachtlichen Stimmenanteil der Stimmbürger die Regierung und den Erziehungsrat auf, die Kinder ins Zentrum der Schulpolitik zu setzen. Das vom St. Galler Stimmbürger beschlossene Ja zum HarmoS-Verbleib bedeutet keinen Freipass für weitere schädliche Schulreformen.
Die Regierung und die meisten Medien haben keine Mühe gescheut, die Initiative zum HarmoS-Ausstieg zu diskreditieren. Das mediale Beinahe-Monopol der HarmoS-Befürworter hat bestimmt zum Verbleib im HarmoS-Konkordat massiv beigetragen. Allen Bürgern, die unsere Initiative unterstützt haben, und allen, die trotz massiver Medienkampagne mit Ja gestimmt haben für einen HarmoS-Austritt möchten wir unseren Dank aussprechen.
Die Regierung muss nun daran gemessen werden, ob sie ihre Versprechungen einhält und bereit ist, das Kind auch mit dem HarmoS-Konkordat in den Mittelpunkt zu stellen, die Lehrer-Schüler-Beziehung zu stärken und den Lehrerinnen und Lehrern die Methodenfreiheit zu belassen. Auch sind die wiederholten Versprechen umzusetzen, dass nach viel Unruhe die Reformwut beendet und endlich wieder einmal Ruhe in die Schulpolitik gebracht werden soll.
HarmoS darf auch nicht weiterhin als Hebel für ideologische Umgestaltungen der Schule benutzt werden. Die Stimmbürger haben ja gesagt zu einer sinnvollen Koordination der kantonalen Schulen, aber nicht zu einer radikalen Veränderung der Volksschule. Schritte zum selbstorganisierten Lernen sollen gestoppt werden.
Rechnen, Lesen und Schreiben in deutscher Sprache sollen wieder als Grundlagen das nötige Gewicht erhalten. Das Kostbarste in der Volksschule, die vom verantwortlichen Lehrer gestaltete und geführte Klassengemeinschaft, muss auf alle Fälle erhalten bleiben.
Wir bleiben dran und werden uns weiter einsetzen gegen unsinnige Reformen und für eine starke Volksschule St. Gallen.
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