Gewollter Niedergang der Schweizer Armee

Gewollter Niedergang der Schweizer Armee

von Prof. Dr. Albert A. Stahel

Bis 1995 war die Schweizer Armee eine Miliz­armee, deren Hauptauftrag die Verteidigung der Schweiz im Falle eines Krieges war. Ausrüstung, Bewaffnung und Organisation dieser Armee beruhten auf der Konzeption der militärischen Landesverteidigung vom 6.6.1966. Dank den in einem Aktivdienst aufgebotenen 400 000 Wehrpflichtigen, den vielen künstlichen Hindernissen, Sperranlagen und vorbereiteten Sprengobjekten wäre in einem Kriegsfall eine breit abgestützte Verteidigung des Landes gegenüber einem Angreifer möglich gewesen. Dieser wäre bei einem Angriff auf unser Land mit einer gut vorbereiteten und ausgerüsteten Armee konfrontiert gewesen, die er vermutlich nicht hätte überwinden können.
1995 wurde das damalige Militärdepartement durch Bundesrat Adolf Ogi übernommen. Dieser liess sich von US-freundlichen Beamten und Berufsoffizieren, die in den USA in Fort Leavenworth ausgebildet worden waren, überzeugen, dass die Schweizer Milizarmee überholt sei und dass sie durch eine Einsatzarmee nach Nato-Norm ersetzt werden müsse. Die neu zu bildende Armee sollte in Anlehnung an das Reformprojekt der US-Army die Bezeichnung Armee XXI erhalten. Zur Hinführung einer voll einsatzfähigen Nato-Armee waren die historisch gewachsenen Strukturen und Beziehungen zwischen der Armee und den Kantonen zu beseitigen. In einer Art Übereuphorie und Traumwelt waren «überschüssiges» Material und Waffen zu liquidieren, Zeughäuser und Grosse Verbände aufzulösen und die Armee auf einen Sollbestand von 220 000 Wehrpflichtigen zu verkleinern. In dieser Euphorie liess Bundesrat Ogi sein Department als Departement für «Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport» umbezeichnen, was einige Verteidigungsattachés in der Schweiz mit Spott quittierten und die Abkürzung als «Volleyball, Basketball und Schwimmen» bezeichneten. Mit diesem Reformprojekt wurde nicht nur eine während über 150 Jahren andauernde Militärtradition der Schweiz liquidiert, sondern unser Land auch seiner Verteidigungsfähigkeit beraubt.
Die Armee XXI konnte erst unter dem Nachfolger von Bundesrat Ogi, Bundesrat Samuel Schmid, verwirklicht werden. Trotz der veränderten Weltlage nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA beharrte Bundesrat Schmid in einer Art Nibelungentreue zu Bundesrat Ogi auf der Verwirklichung des Projektes Armee XXI. Sehr bald zeigten sich aber die strukturellen Schwächen und das gravierende Ungenügen der Armee XXI zur Erfüllung des Verteidigungsauftrages. Zur Beseitigung der wichtigsten Lücken und Schwächen boxte Bundesrat Schmid im Parlament den Entwicklungsschritt 08/11 durch.
Entwicklungsschritt 08/11 erwies sich, nach dem durch die Affäre des kompromittierten Chefs der Armee erzwungenen Rücktritt von Bundesrat Schmid, als Flickwerk und damit als Fiasko. Nun richteten sich alle Hoffnungen auf seinen Nachfolger, auf Bundesrat Ueli Maurer. Dieser liess zuerst die Hoffnung aufkeimen, dass er die durch seine Vorgänger begangenen Fehler und die Demontage der Milizarmee beseitigen würde. Sehr bald trat Bundesrat Maurer aber mit einem neuen Reformprojekt, der Weiterentwicklung der Armee (WEA), auf. Nun waren nicht nur «überzählige» schwere Waffen wie Kampfpanzer und Panzerhaubitzen zu verschrotten bzw. ins Ausland zu verschleudern, sondern die Armee auf einen Sollbestand von 100 000 Wehrpflichtigen zu reduzieren. Den Hauptauftrag Verteidigung sollten weniger als 30 000 Wehrpflichtige erfüllen. Dass eine solche Vorgabe nicht erreicht werden kann, leuchtet auch einem Laien ein. Mit der Ablehnung der Beschaffung des Kampfflugzeuges Gripen durch ein Volksmehr 2014 war bereits ein Fanal über die Maurer-Herrschaft über das VBS gesetzt. Eine Armee, die über keine einsatzfähige Luftverteidigung verfügt, ist für die Verteidigung eines Landes unbrauchbar. Trotz der einsetzenden Kritik von Milizoffizieren hielt Bundesrat Maurer unbeirrbar an seiner WEA fest.
Mit der Wahl von Herrn Guy Parmelin zum Bundesrat und der Übernahme des VBS 2016 durch ihn hofften wiederum viele Naiv­linge, dass jetzt eine Trendumkehr erfolgen und dass das unbrauchbare Projekt WEA sistiert würde. Weit gefehlt. Seit das Referendum gegen die WEA als Folge der Sabotage durch die Classe politique verhindert wurde, hält Bundesrat Parmelin, der leider nur über wenige Kenntnisse in militärischen Sachfragen verfügen dürfte, getrieben durch seinen Hauptberater, den Botschafter Catrina, unbeirrt an der WEA fest. Auf Grund dieser Situation muss damit gerechnet werden, dass die Schweiz sehr bald über keine einsatzfähige Armee mehr verfügen und deshalb auch nicht mehr verteidigungsfähig sein wird.
Diese Ausführungen geben nicht nur den Niedergang der Schweizer Armee wieder, sondern auch den gewollten Schritt in eine Katastrophe, die vermutlich erst unsere Nachkommen erleben werden. Die heute eingesetzte Destabilisierung der strategischen Lage in Europa, im Mittleren Osten und in Ostasien lässt bereits jetzt, wie die bekannte Schrift an der Wand in Babylon1, das kommende Unheil erahnen. Beinahe ungläubig muss man zur Kenntnis nehmen, dass Bundesrat Parmelin der vierte VBS-Chef in einer Reihe ist, bestellt durch die SVP, der sich zwecks Anpassung unserer Verteidigung an die Nato-Normen durch den Hilfsfourier und Botschafter Catrina instrumentalisieren lässt. Wahrlich, unter Bundesrat Ogi erfolgte, getrieben durch Schalmeienklänge der USA-Hörigen im Verteidigungsdepartement, der Totschlag der Milizarmee. Unter Bundesrat Schmid wurde die Rumpfarmee eingesargt, und durch Bundesrat Maurer und seine Helfer wurde der Rest schlussendlich beerdigt. Nun erfolgt unter Bundesrat Parmelin eine Art Leichenfledderei an den Überbleibseln.

1    Daniel 5, 26, Mene, Mene, Thekel, Upharsin.

Quelle: Institut für Strategische Studien vom 11.12.2016

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