«Die Schweiz ist quasi Teil der Nato-Grossmanöver»

«Die Schweiz ist quasi Teil der Nato-Grossmanöver»

Interview mit Nationalrat Adrian Amstutz, Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrates (SiK-NR) und Fraktionspräsident der SVP

Zeit-Fragen: Am 17. Februar hat der Bundesrat das «Übungsprogramm für die internationale militärische Zusammenarbeit 2016» genehmigt. Heisst das, dass die Schweiz über die sogenannten Friedensmissionen (zum Beispiel Swisscoy im Kosovo) hinaus in weitere Nato-Programme eingebunden ist?

Adrian Amstutz: Ja, die mit Partnership for Peace (PfP) bestehende Verbindung zur Nato beinhaltet neben der Teilnahme an friedenserhaltenden und friedensschaffenden Missionen der Nato auch die Teilnahme an gemeinsamen Truppenübungen. Das Ausmass der Zusammenarbeit kann von jedem an PfP teilnehmenden Staat selbst bestimmt werden. Von einer «Einbindung in weitere Nato-Programme» – wie Sie es nennen – ist bei gemeinsamen Übungen offiziell nicht die Rede, im Ergebnis haben Sie jedoch recht. Mit der Regelmässigkeit, mit der die Schweiz an solchen Übungen teilnimmt, ist die Schweiz quasi Teil der Nato-Grossmanöver. Bereits im vergangenen Jahr trainierte die Schweizer Luftwaffe im hohen Norden. Im Rahmen des «Arctic Challenge Exercise 2015» nahm die Schweiz an Pfingsten 2015 an einem Grossmanöver westlicher Streitkräfte über Skandinavien teil. Neutralitätspolitisch war dies aus Sicht der SVP nicht zu verantworten. Zuerst lud das VBS in jenem Jahr die Russen von der Air-14-Flugshow in Payerne aus und nahm anschliessend an einer Nato-Übung teil, welche inoffiziell eine Machtdemonstration gegenüber Russland war. Aus Sicht der SVP hat unsere Armee an solchen Übungen nichts verloren.

Eine der multinationalen Übungen, an denen sich die Schweizer Armee dieses Jahr beteiligen soll, ist Jawtex (siehe Kasten). Wie glaubwürdig ist die Beteuerung des Bundesrates, die Schweiz werde von aussen immer noch als neutral wahrgenommen?

Bereits im Jahr 2014 hat die Schweiz – zusammen mit anderen Nationen – an der Grossübung der deutschen Bundeswehr [gemeint ist Jawtex] teilgenommen. Dieses Jahr ist die nächste Übung geplant, gemäss Mitteilung des VBS wird die Schweizer Armee an dieser Übung teilnehmen. In welchem Rahmen sie dies tun wird und mit welchem Auftrag, ist für die SVP nicht relevant. Zentral ist, dass es keinen militärischen oder ausbildungstechnischen Grund gibt, an dieser Übung teilzunehmen. Aus Sicht der SVP sollte sich die Schweizer Armee nur dann ins Ausland begeben, um eigenes Material zu testen, weil dies aus geografischen oder aus Gründen von Lärm- oder Umweltschutz in der Schweiz nicht möglich ist. Gemäss Bundesverfassung «dient die Armee der Kriegsverhinderung und trägt bei zur Erhaltung des Friedens; sie verteidigt das Land und seine Bevölkerung» (Art. 58 Abs. 2 BV). Die erwähnte Übung mit der Bundeswehr hat bestimmt nicht friedenserhaltende Massnahmen zum Ziel, was ein Blick auf die Übung 2014 zeigt.

Ist etwas dagegen geplant?

Ich werde in der Sommersession dem Bundesrat eine entsprechende Frage vorlegen und erläuternde Erklärungen verlangen.  

Herr Nationalrat Amstutz, vielen Dank für das Gespräch.    •

(Interview Marianne Wüthrich)

«Zuerst lud das VBS in jenem Jahr die Russen von der Air-14-­Flugshow in ­Payerne aus, und nahm anschliessend an einer Nato-Übung teil, welche inoffi­ziell eine Machtdemonstration gegenüber Russ­land war.»

Nationalrat Adrian Amstutz

Nato-Kriegsmanöver Jawtex – die Schweizer Armee unter deutschem Kommando

mw. Eines der Projekte aus dem reichbefrachteten «Übungsprogramm 2016 für die militärische Ausbildungszusammenarbeit» des Bundesrates ist Jawtex (Joint Air Warfare Tactical Exercise), bei dem Schweizer Truppen bereits vor zwei Jahren dabei waren. Nationalrat Adrian Amstutz spricht im Interview Klartext: «Neutralitätspolitisch» ist die Beteiligung der Schweiz an solchen Nato-Grossmanövern «nicht zu verantworten». Denn Jawtex 2014 – und es ist anzunehmen, auch Jawtex 2016 – ist ein Kriegsmanöver, das in Ost- und Norddeutschland stattfindet und Richtung Osten gerichtet ist: «Die Übung wird praktisch im gesamten Norden und Nord-Osten der Bundesrepublik durchgeführt. […] Von Köln aus beteiligt sich die Luftwaffe mit einem A-310-Tanker, die Nato stellt aus Geilenkirchen das fliegende Überwachungssystem AWACS zur Verfügung, welches während des Übungszeitraumes von Oerland (Norwegen) aus fliegt.» So ist auf der Homepage der deutschen Bundeswehr zu lesen. (<link http: www.luftwaffe.de>www.luftwaffe.de)
Auch für unser grosses Nachbarland im Norden ist Jawtex ein grosskalibriges Unterfangen: «Es ist die Schwerpunktübung der Bundeswehr für das Jahr 2014: Jawtex 2014 […] eine Übung in einer Grössenordnung, wie sie in Deutschland nur noch selten stattfindet […]: Fast 4500 Übungsteilnehmer, mehr als 800 davon werden durch elf Partnernationen gestellt. Neben Deutschland beteiligen sich die Niederlande, Italien, Frankreich, Finnland, Slowenien, Griechenland, Österreich, Schweiz, Türkei, Ungarn und die USA. Vorbereitung, Durchführung und Auswertung der Übung liegen in der Verantwortung des Zentrum Luftoperationen in Kalkar, das neben dem Exercise Director (Leiter der Übung) auch wesentliche Teile des Planungsstabes stellt.» (<link http: www.luftwaffe.de>www.luftwaffe.de)
Und an diesen Nato-Kriegsspielen unter dem Kommando des deutschen «Exercise Director» soll sich die neutrale Schweiz ein weiteres Mal beteiligen? Nationalrat Adrian Amstutz wird in der Sommersession (im Juni 2016 wird Jawtex stattfinden) vom Bundesrat eine Erklärung dazu verlangen – da werden wir uns aber nicht mit nebulösen Allgemeinplätzen abspeisen lassen.

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