Werden die Kriegskosten für die USA unbezahlbar?

Werden die Kriegskosten für die USA unbezahlbar?

von Beat Kappeler

Das hängt alles zusammen – erneute US-Kämpfer in Afghanistan, der Kampf zuhause um die Schuldengrenze, ums Budgetdefizit, sowie der Dollar- und der Frankenkurs.

Um den Durchblick auf längere Frist zu gewinnen, leihen wir uns eine Methode des britischen Historikers Peter Heather aus. In seiner Studie «The Fall of the Roman Empire» schildert er, wie die fallenden Staatseinnahmen und steigenden Defizite Roms immer weniger Truppen des Reiches bezahlen konnten. Das Geld wurde knapper, je mehr Land und Provinzen verlorengingen, und mit immer weniger Truppen fielen erneut Provinzen den Feinden zu, eine Todesspirale.

Das rechnen wir nun auf die USA um, wo Kongress und Präsident um eine höhere Schuldengrenze ringen. Denn die Schulden sind schon höher als eine Jahresproduktion des Riesenlandes. Sie wurden aber bisher mit Krediten finanziert. Rom zahlte in immer schlechteren Münzen. So oder so, hier setzt der unerbittliche Hebel der Geschichte an. Das Defizit im Budget beträgt 680 Milliarden Dollar, gleich hoch sind die Militärausgaben und gleich hoch wiederum das wirtschaftliche Wachstum in Dollar. Die Rechnung ist daher einfach – alles, was mehr produziert wird, geht in die Militärausgaben, und diese werden auf Pump aufgenommen. Diese laufenden Defizite fressen das ganze Wachstum und alle Lohn- und Preiserhöhungen weg. Dadurch aber wachsen die Schulden verhältnismässig schneller als die Volkswirtschaft, sie holen mächtig auf, Jahr für Jahr. Dafür fallen Zinsen an, welche das Defizit weiter treiben.

Im Gegensatz zum alten Rom wurden aber diese Militärschulden vorerst mit Papier bezahlt – mit Obligationen, die der Staat ausgab. Neta Crawford vom Watson Institute schätzt die Ausgaben für alle imperialen Anti-Terroreinsätze im Irak, in Syrien, Pakistan und Afghanistan seit 2001 auf 5000 Milliarden Dollar. Und 4000 Milliarden Dollar an Staatsschulden hat die Zentralbank seither aufgekauft. Entsprechend viel neu gedrucktes Geld floss in die Börsenhausse, in Gewinne des Finanzsektors, auf die Konten der Banken bei der Notenbank, aber weniger in die Volkswirtschaft. Durch den Aufkauf der Schuldpapiere fielen die Zinsen des Staates dafür auf 1,3 % im Schnitt, oder 266 Milliarden im Jahr. Jetzt will die Notenbank keine Staatspapiere mehr kaufen und die Zinsen wieder auf ein normales Niveau laufen lassen, was den Zinsendienst künftiger Jahre auf 600 Milliarden und mehr hissen kann. Das heisst, die vergangenen Militärausgaben drücken die künftigen Defizite massiv herauf, die Stunde der Wahrheit rückt näher: Die USA werden dann sparen müssen. Wie im alten Rom fehlt dann jedes Jahr mehr Geld für ganze Legionen. Da die Ausgaben für die Umverteilungen im Inland weitgehend gebunden und politisch unangreifbar sind, wird man nur am Militär sparen können, und zwar massiv. Der einzige Ausweg wäre über die Notenbank, die wiederum zur massiven Geldschöpfung zurückkehrte. Dann aber taucht der Dollar, und die Weltgeltung der USA nähme auch noch auf diesem Wege ab. Schon drohen die Rating-Agenturen, die Bonität des Imperiums erneut herabzustufen. Der Franken würde sich leider entsprechend aufwerten.

Kriege haben auch menschlich dramatische Folgen, auch diese wirken sich wirtschaftlich auf die USA aus. Auf einen aktiven Soldaten im Felde sitzen heute schon zuhause 16 Veteranen. 21 Millionen sind es, fast doppelt soviel wie die USA noch Industriearbeiter zählen. Das kostet zweimal, denn es fehlt die wirtschaftliche Leistung von Millionen junger Männer, und die Renten, die Krankheiten der Veteranen sind teuer. Dies dreht auch das hohe Aussenhandelsdefizit auf. Die Lebensqualität der Amerikaner sinkt aus fehlendem Geld fürs Inland. Der massive Afghanistan-Einsatz unter Präsident Obama, das Vorbild für den heutigen Einsatz, kostete 100 Milliarden im Jahr – wiederkehrend. Das ist soviel wie Präsident Trump für die wackligen Infrastrukturen ausgeben wollte. Auch schon weg.

Gäbe es Alternativen? Denn der Irak, Syrien, Pakistan und Afghanistan sind alle nicht «a better place» geworden, wie man in den USA jeweilen sagt.

Viele sehen das Motiv der Bodenschätze für das weltweite Ausgreifen der USA. Der Erdbauminister Afghanistans pries sie diese Woche in Höhe von 3000 Milliarden an. Doch an diese Minen oder ans Öl im Mittleren Osten kommt man auch, indem man den dortigen Stämmen und Machthabern etwas in die allzu willigen Hände drückt. Das kostet viel weniger, und Wohlverhalten kriegt man mit dessen anzudrohender Sperre auch. Das Römische Reich und Habsburg erkauften sich beide gegen 200 Jahre Ruhe mit Tributzahlungen an Barbaren oder die Osmanen. Doch würden die westlichen Firmen zahlen, gingen sie in der Empörung der Ethiker und Governance-Verfechter unter. Klagen, Gerichtsurteile und Milliardenbussen kämen dazu. Aber hat man jetzt diese Ethiker und Governance-Leute ebenso gegen den neuen Krieg aufheulen gehört? Nein, Aktienrecht, penibel saubere Buchhaltung und sture Polit-Governance sind wichtiger als leicht anrüchiger Frieden. Lieber Krieg statt Handsalben. Nicht nur Trump hat keine Moral, der Westen hat sie auch völlig verquer.  •

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