Während die asiatischen Länder mit ihren traditionellen Bildungssystemen weiterhin Weltspitze sind, stürzen die westlichen Länder, die ihr Bildungswesen auf die neoliberale «OECD-Kompetenzorientierung» radikal umgebaut haben, seit Jahren beim Pisa-Ranking immer weiter ab.
Was ist das Geheimnis des schulischen Erfolgs der asiatischen Spitzenländer? Bei ihnen wird beim Lernen die Beziehungsorientierung hochgehalten. Sie streben eine breite Allgemeinbildung mit der Sozialform des Klassenunterrichts an, wo der Lehrer erklärt und die Schüler zusammenfassen. Dabei erfolgt die Integration verschiedener Meinungen. Gesunder Wettbewerb ist nicht verpönt. Schulische Leistungen bestehen primär darin, sich möglichst viel vom Wissen des Lehrers anzueignen. Systematisches Auswendiglernen und Verinnerlichen gilt als sehr wichtig. Dabei kommen Techniken des Memorierens zur Anwendung, bei denen eine möglichst umfassende Darstellung der Lehrinhalte durch entsprechende Dokumentation zum Auswendiglernen angereichert wird. Als Persönlichkeitsideal gilt Bescheidenheit, soziale Verantwortung und Vertrauen, Selbstbeherrschung und Konflikttoleranz sowie Respekt und Höflichkeit. Autorität muss nicht weiter legitimiert werden. Die Lehrer haben in allen asiatischen Ländern traditionell ein hohes Ansehen. Je mehr ein Lehrer weiss und weitergibt, desto mehr Achtung wird ihm gezollt.
Das sind alles Merkmale, die auch in der europäischen Bildungstradition bis in die 1990er Jahre einen hohen Stellenwert hatten. Die radikale Wende wurde von der 1961 gegründeten Wirtschaftsorganisation OECD eingeleitet, als dort die Chicagoer Schule mit ihrem Neoliberalismus Einzug hielt. Obwohl die Chicago Boys von der blutigen Militärdiktatur in Chile in den 1970er Jahren freie Hand erhielten, alle staatlichen Institutionen inklusive Bildungswesen nach ihren neoliberalen Wirtschaftstheorien radikal umzubauen und für den globalen Markt zu privatisieren, scheiterten sie kläglich und hinterliessen einen Scherbenhaufen, von dem sich Chile bis heute nicht erholt hat. Selbst die grösste Weltwirtschaftskrise 2008 mit dem Scheitern der «Globalisierung» hat nicht zu einem Umdenken bei der neoliberalen Ausrichtung der OECD auf die globalen Bildungskonzerne geführt, die diesen weltweite Umsätze von über 6000 Milliarden USD pro Jahr bringt.
Mit ihrer neoliberalen «Kompetenzorientierung», die die OECD vom Psychologen Weinert 1999 «konstruieren» liess, wird seither in einem OECD-Land nach dem anderen das bewährte Bildungswesen samt Klassenunterricht und Lehrer abgeschafft. Der Klassenunterricht wird mit dem umstrittenen «selbstgesteuerten Lernen» ersetzt, das einen Wissensabbau von mindestens 50 % bringt und in den «Grundlagen für den Lehrplan 21» als die «moderne» Methode propagiert wird.
«Vieles, was wir grossartig als ‹Globalisierung› und ‹Anpassung an internationale Standards› feiern, ist in Wirklichkeit Anpassung an den US-amerikanischen Provinzialismus.» (G. Fröhlich. Evaluation wissenschaftlicher Leistungen. Schweizerische Gesellschaft für Strahlenbiologie und Medizinische Physik, Bulletin 2/2006)
Zur Methode des Lehrplans 21, dem «selbstgesteuerten Lernen» siehe das Video => Ich lerne, was ich will! (www.youtube.com/watch?v=Y3nR8op9hNg)
Der Artikel von Dieter Sprock über die Bedeutung der Erziehung in der Ausgabe Nr. 25/26 vom 8. November 2016 spricht mir aus der Seele. Seine Bedeutung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Dem Autor ist es gelungen, ungünstige Haltungen und Verhaltensweisen gegenüber Kindern so zu beschreiben, dass Eltern und Erzieher zum Nachdenken angeregt werden, sich angesprochen und nicht angegriffen fühlen. Ebenso hat er den Bogen vom Kinderzimmer ins Schulzimmer gespannt, wo dieselben Fehlinterpretationen zu falschen Lernkonzepten (Gemeinschaftsschule), Unterforderung und letztlich mangelnder Ausbildung führen.
Er hat den Unterschied zwischen Motivation und Zwang sowie zwischen Führung und Strenge sehr gut aufgezeigt und damit den Kern des «Erziehungsnotstandes» getroffen. Diese Verwechslung wurde allerdings seit den 68er Jahren systematisch in die Erziehungswissenschaften eingespeist und ist jetzt leider nicht nur gesamtgesellschaftliches Gedankengut geworden. Die Verunsicherung hat auch die Gemüter erfasst.
Als Kinder- und Jugendärztin erlebe ich tagtäglich, wie sehr es zur Normalität geworden ist, dass die Eltern beziehungsweise Erwachsenen die Kinder zufriedenstellen möchten und um die Gunst der Kinder ringen. Viele Eltern befinden sich in einem Konflikt. Einerseits wissen sie sehr genau, was ihren Kindern guttun würde; zum Beispiel den Schnuller abzugewöhnen, weil der den Kiefer verformt; keine süssen Getränke zu geben und die Zähne zu putzen, damit keine Karies entsteht; die PCSpiele zu limitieren, weil die Schulleistungen und das Familienleben darunter leiden usw.
Aus der Angst heraus, ihrem Kind womöglich einen Zwang anzutun, scheuen sie die Auseinandersetzung und nehmen dann die negativen Folgen in Kauf. Ich mache in meiner Praxis immer wieder die Erfahrung, wie erleichtert Eltern sind, wenn sie angeleitet werden, ihr Kind liebevoll, aber fest in seinem Lernen zu unterstützen und zu ermutigen. Ebenso ist es jedes Mal eine Freude, wenn mir beim nächsten Besuch die Kinder mit glänzenden Augen berichten, dass sie zum Beispiel jetzt keinen Schnuller beziehungsweise keine Windel mehr brauchen, sich alleine anziehen können oder auch bessere Schulnoten schreiben, weil Mama das Handy konfisziert hat. Die meisten Eltern sind erstaunt, dass das Gebrüll ihrer Kinder und der Streit in der Familie aufhören, wenn sie innerlich fest überzeugt ihrem Kind den Weg aufzeigen. Ich habe den Artikel in meiner Praxis ausgelegt und empfehle die Lektüre allen Eltern, Kindergärtnern und Lehrern.
Ich möchte eine Bemerkung nachschicken zur Auseinandersetzung über das Schicksal der Familie in der BRD und in der DDR. Mein Kerngedanke war: Die marxistisch-leninistisch geprägte Politik der DDR hat versucht, in die Familie einzudringen und sie sich zu Diensten zu machen. Wie sie auch die Jugendverbände in den Dienst des Staates stellten. Andere Staaten mit totalitären Tendenzen taten und tun das auch. Als sozialistischer Staat lehrte sie ihre Jugend die Vaterlandsliebe und den Stolz auf die Errungenschaften des Landes. Die «neue Linke» in der BRD aber, allen voran die Frankfurter Schule, und das ist der grosse Unterschied zur DDR, wollte nicht die Familie in ihren Dienst stellen, geschweige denn die Vaterlandsliebe zur BRD pflegen. Der Kern ihrer Ideologie war die Auflösung der Familie und die Auflösung der Vaterlandsliebe und die Auflösung der religiösen Bindungen. Vaterlandsliebe und deutsche Volkslieder wurden verachtet. Die Vaterlandsliebe unterdrückter Völker sowie deren Volkslieder wurden gefeiert. Die Familie wurde von der «neuen Linken» und Frankfurter Schule als «Sozialisationsagentur des bürgerlichen Staates» und als Brutstätte des «faschistischen Charakters» und die Religion als Untertanenschmiede verachtet. Die Bindung an sie sollte aus den Köpfen verschwinden, und dazu missbrauchte man die Psychologie, vor allem die Psychoanalyse. Die ausdrücklich geforderte Auflösung von Familie, Religion und Nationalstaatlichkeit sollte einen Rückfall in Faschismus und Diktatur verhindern! Das hat die Führung der DDR nicht getan. Das nannte das von mir zitierte Mitglied der letzten DDR-Regierung verrückt. Und das spürt man heute noch, wenn man mit Menschen aus der ehemaligen DDR redet, als Tendenz.
Unsere Website verwendet Cookies, damit wir die Page fortlaufend verbessern und Ihnen ein optimiertes Besucher-Erlebnis ermöglichen können. Wenn Sie auf dieser Webseite weiterlesen, erklären Sie sich mit der Verwendung von Cookies einverstanden.
Weitere Informationen zu Cookies finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Wenn Sie das Setzen von Cookies z.B. durch Google Analytics unterbinden möchten, können Sie dies mithilfe dieses Browser Add-Ons einrichten.