Schwerter zu Pflugscharen

Schwerter zu Pflugscharen

Ein Leben im Krieg und eine Zukunft in Frieden und Wohlstand

mw. Ein mutiges und kompromissloses Buch legt uns der US-Amerikaner Ron Paul* vor, «gewidmet einer neuen Generation, die Frieden sucht und den Begriff des unvermeidlichen Krieges ablehnt». Der Arzt und langjährige Kongressabgeordnete wendet sich an die Menschen überall auf der Welt, besonders aber an die Bevölkerung seines eigenen Landes, der USA, deren Regierungen, seit er ein kleiner Junge war, fast ununterbrochen Krieg führten und führen. Aus seiner persönlichen tiefen Überzeugung heraus, aber auch mit einem fundierten Wissen spricht er die Leser an und ruft sie zum Widerstand gegen den Krieg auf. Geboren 1935 in einer US-amerikanischen Familie mit deutschen Wurzeln, erhielt Ron Paul schon als Junge Einblick in die Sinnlosigkeit des Krieges, in dem Brüder gegen Brüder kämpfen und sich gegenseitig töten: «Bereits im Alter von zehn Jahren, als der Zweite Weltkrieg endete, war ich mir sicher, dass Krieg nach Möglichkeit vermieden werden muss.» In seiner College-Zeit, während des Korea-Krieges, rechnete Ron Paul damit, dass er später zum Militärdienst einberufen werden könnte – was auch geschah – und beschloss, Medizin zu studieren: «Ich wusste genau, dass ich mit Töten nichts zu tun haben wollte und es mehr nach meinem Geschmack war, ein Lebensretter zu sein.» (S. 22) So wurde Ron Paul in den frühen sechziger Jahren Arzt bei der Air Force, aber «ganz sicher kein Held», wie er rückblickend feststellt; als «heroisch» bezeichnet er dagegen den weltberühmten Boxer Muhammed Ali, dessen Verhaftung als Kriegsdienstverweigerer in der ganzen Welt bekannt wurde.

Als Kriegsgegner im Kongress

Zum aktiven und immer entschiedeneren Kriegsgegner wurde Ron Paul im Laufe seiner langjährigen Mandate als Kongressabgeordneter. Die Tatsache, dass die USA stets in Konflikte involviert waren, die viel Geld und viele Menschenleben kosteten, «stärkte mehr und mehr meinen Glauben, dass eine noninterventionistische Aussenpolitik eine Notwendigkeit dafür ist, damit eine freie Gesellschaft existieren und gedeihen kann. […] Mit jedem Jahr – beginnend mit meiner ersten Kampagne 1973/74 bis zu meinem Ausscheiden im Januar 2013 – wuchs meine Überzeugung, dass die meisten Kriege in unserer Geschichte hätten vermieden werden können». (S. 54) Denn es wurde ihm immer wieder vor Augen geführt, dass Krieg fast ausnahmslos nicht aus «humanitären Gründen» betrieben wird, sondern «wegen Öl, Macht, Profiten für den militärisch-industriellen Komplex usw.», also aus wirtschaftlichen und machtpolitischen Gründen. (S. 119) In Kapitel X «Der Einfluss der Zentralbank auf die Aussenpolitik» zeigt Ron Paul auch die fatale Rolle der FED auf, welche seit ihrer Gründung 1913 nicht nur die amerikanischen Kriege finanziert, sondern auch direkt in die Aussenpolitik eingreift, und er kommt zum Schluss: «Wir werden niemals eine Politik verfolgen können, die zu Frieden und Wohlstand führt, solange es eine Zentralbank gibt, die unbegrenzt Geld drucken und zentralplanerisch tätig werden kann, indem sie die Märkte und Zinssätze manipuliert und ihren Freunden Vorteile verschafft.» (S. 123)
Auf Grund von Pauls klarer Haltung gegen die von den USA geführten Kriege wurde ihm der Zugang zu einflussreichen Kongress-Komitees immer wieder verwehrt, doch «nach stetigem, höflichem Ersuchen» konnte er Einzug ins Foreign Affairs Committee halten. Dort war er bestrebt, sich der «Besessenheit der Neokonservativen von einer Neugestaltung des Nahen Ostens» und der darauf gründenden Kriegspropaganda entgegenzustellen. (S. 58) In dieser Zeit musste er miterleben, dass Präsident George W. Bush die Kongress­vollmacht, die er sich nach 9/11 geben liess, als Blankoschein «für stetigen Krieg überall auf der Welt» nutzte: «Der Einmarsch und der Krieg gegen Afghanistan sowie seine Besetzung, um das Land umzugestalten, ging weit über die Vollmacht des Kongresses hinaus. Die Handlungen in Afghanistan waren illegal, ohne jede Kriegserklärung, genauso wie es im Irak und an vielen anderen Orten der Fall war.» (S. 58/59)

Der Mensch ist von Natur aus friedlich

Durch seine intensive Auseinandersetzung mit Krieg und Frieden ist der Autor davon überzeugt, dass Kriege nicht in der Natur des Menschen liegen. Vielmehr sind die Menschen von Natur aus friedlich, und die allermeisten fühlen sich abgestossen vom «systematischen Töten Unschuldiger in sinnlosen Kriegen auf Betreiben einiger weniger». (S. 37) Kriege zwischen christlichen Nationen stehen im Gegensatz zur Friedensbotschaft Christi, aber auch die gegenseitige Bekämpfung von christlichen und islamischen Gruppen sind nicht in diesen Religionen angelegt. Das berühmte Beispiel der spontanen Unterbrechung der Kämpfe zur gemeinsamen Weihnachtsfeier am Heiligabend 1914 zwischen britischen, französischen und belgischen sowie deutschen Soldaten «illustriert den Konflikt, in den friedliche Menschen geraten, wenn sie von kriegslüsternen Menschen zum Kämpfen genötigt werden». (S. 38) Nur durch ununterbrochene Propaganda und Lügen werden die Menschen so weit gebracht, dass sie bereit sind, ihr Leben herzugeben und die Kriege zu bezahlen. Ron Paul erinnert an die Lügen und die Hysterie im Vorfeld des Golf-Krieges (angeblich aus Brutkästen geworfene Babys) und später des Angriffs auf den Irak (angebliche Massenvernichtungswaffen). Pausenlose Lügenkampagnen durch kriegsbefürwortende Politiker und Kader der Rüstungsindustrie wurden von willfährigen Medien unterstützt: «Um die Propaganda am Leben zu erhalten, nachdem die Feindseligkeiten ausgebrochen waren, gab es die ‹embedded journalists›, die an der Seite des Militärs berichteten, was von den politischen und militärischen Führern genehmigt wurde.» (S. 77/78)

Dezentrale Organisation und Neutralität statt staatliche Kriegspolitik

Während seiner Zeit als Kongressabgeordneter las Ron Paul, wie er berichtet, die Schriften vieler liberaler und libertärer Autoren. (S. 51) An etlichen Stellen seines Buches kommt denn auch seine Überzeugung zum Ausdruck, dass die Ursache der Kriege in der Existenz der Staaten begründet sei. Denn Ziel der Staaten sei es nicht, wie die meisten Menschen glaubten, für Frieden, Freiheit und Sicherheit zu sorgen, sondern «Staaten setzen Gewalt ein, einschliesslich kriegerischer Gewalt, um sich Macht und Wohlstand zum Vorteil der privilegierten Klasse und auf Kosten aller anderen Menschen zu sichern». (S. 84) Ganz besonders gelte dies für die Vereinigten Staaten, deren kriegerische Aussenpolitik, vor allem unter der Regie der Neokonservativen, dem alleinigen Zweck diene, ein Weltreich zu errichten. (vgl. Kapitel VI «Das angestrebte US-Weltreich», S. 79ff)
Auf Grund seiner persönlichen Auseinandersetzung mit libertärem und liberalem Gedankengut kommt der Autor zum Schluss, dass die Dezentralisierung der Staaten und der freie Handel Grundvoraussetzung für ein menschenwürdiges und gleichwertiges Zusammenleben aller Menschen auf diesem Planeten sind: «Das unmoralische Monopol des Staates, Gewalt initiieren zu dürfen, existiert schon viel zu lange […]. Es wird Zeit, dem ein Ende zu setzen. Kleinere Verwaltungseinheiten, die Regeln des freien Marktes und des Privateigentums sind viel besser für unsere Sicherheit und unseren Wohlstand». (S. 239) Ron Pauls Ablehnung des Staates gründet in seiner Erfahrung mit dem von Grossfinanz und Rüstungskonzernen beherrschten US-Staat. Demgegenüber steht das Modell des gemeinwohlorientierten Rechtsstaates, dessen Legitimation und Aufgabe der Schutz der Rechte und Freiheiten aller seiner Bürger und die Förderung ihrer gemeinsamen Wohlfahrt und Entwicklung ist. Mit «freiem Markt» sind hier nicht globalisierte Wirtschaftsordnungen wie WTO oder TTIP gemeint, sondern ein wirklich freier Handel von gleich zu gleich.
In Kapitel IV «Die Antwort lautet: Frieden» nennt Ron Paul als Vorbild für eine kluge Aussenpolitik die Neutralität der Schweiz: «Die Entscheidung für eine Politik der Neutralität hat die Schweiz im 20. Jahrhundert im Zentrum Europas unbeschadet das Blutbad der beiden Weltkriege überstehen lassen. Die USA dagegen haben die dringende Empfehlung unserer frühen Führer [der Gründerväter der Vereinigten Staaten; d. Verf.] stets ignoriert – und häufig auch die Stimme des Volkes – sich aus den inneren Angelegenheiten anderer Nationen herauszuhalten und die Verstrickungen in Allianzen zu vermeiden.» Daraus zieht Paul die Konsequenz, es gebe keinen Grund, warum die USA nicht eine ähnliche Aussenpolitik wie die Schweiz betreiben sollten «statt einer Aussenpolitik ähnlich dem Römischen Reich oder der Sowjetunion.» (S. 66/67)

Was ist zu tun?

Obwohl die Kriege im Laufe der Geschichte und besonders im 20. und 21. Jahrhundert immer zerstörerischer geworden sind, bleibt Ron Paul bei seinem guten und hoffnungsvollen Menschenbild: «Und trotzdem glaube ich, dass Menschen sich ändern können und dass viele künftige Kriege vermieden werden können.» (S. 227) Dazu brauche es den Widerstand vieler Menschen überall auf der Welt. Denn selbst in dezentralen, lokalen Verwaltungen kann es einzelne Machtgierige oder eine Gruppe davon geben, gegen die wir uns wappnen müssen. Wenn es durch verfassungsmässige Einschränkungen der Staatsmacht und durch Wahlen nicht gelingt, «böse Menschen aus den Ämtern fernzuhalten», dann «können die Menschen in den Streik treten und sich weigern, illegitime Kriege zu finanzieren oder in ihnen zu kämpfen. Damit das funktioniert, müssen sich Menschen auf der ganzen Welt weigern, den nicht legitimierten Kriegen ihren Segen zu geben. Allen Regierungen sollte aufs Schärfste misstraut werden, wenn sie mit Kriegspropaganda beginnen.» (S. 238/239)
Ron Paul hat es uns vorgemacht, als menschenfreundlicher Arzt und unermüdlicher Kämpfer gegen die Kriege der US-amerikanischen Regierungen beider politischer Parteien. Aufgabe und Pflicht von uns allen ist es, seinen Weg weiterzugehen.     •

*    Ron Paul (geboren am 20. August 1935 in Pennsylvania) ist ein US-amerikanischer Arzt und Politiker. Er ist Mitglied der Republikanischen Partei und war zwischen 1976 und 2013 (mit Unterbrechungen) Abgeordneter im Repräsentantenhaus der Vereinigten Staaten. Paul kandidierte dreimal für die US-Präsidentschaftswahl, 1988 als Kandidat der Libertarian Party sowie 2008 und 2012 als Kandidat der republikanischen Partei.

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