Exportüberschüsse: Segen oder Fluch?

Exportüberschüsse: Segen oder Fluch?

von Prof. Dr. Eberhard Hamer

Gerade hat das deutsche Statistische Bundesamt einen neuen Monatsrekord bei den Exporten verkündet. Der deutsche Export-überschuss liegt mit 8,8 % BIP relativ fast viermal so hoch wie der Chinas. Nur durch die deutschen Export-überschüsse werden die Defizite der süd-europäischen Mitgliedsländer für den Euro noch tragbar.

Während die deutsche Exportwirtschaft seit Jahren behauptet, dass sie durch ihre Überschüsse den Wohlstand Deutschlands trage, wird dies von der Mittelstandsforschung bestritten, denn die deutschen Überschüsse sind Aussenhandelsdefizite der Partnerländer, die dafür Schulden machen müssen. Dadurch ist die Schuldenspirale in Europa entstanden mit den hohen Target-Salden (Verrechnungskonten) bei der EZB. Diese Schulden der europäischen Mitgliedsländer an Deutschland sind inzwischen so hoch geworden, dass sie nie mehr zurückgezahlt werden können. Wir müssen also damit rechnen, dass sie früher oder später eingefroren oder gestrichen werden. Dies bedeutet nichts anderes, als dass unsere Exportindustrie zu einem grossen Anteil in überschuldete Mitgliedsländer liefert und wir dafür zwar Guthaben, aber nie Bezahlung bekommen. Wir könnten also unsere Exportgüter an Griechenland, Italien, Frankreich oder anderen auch verschenken, was auf das Gleiche hinausliefe. Letztlich sind also permanente Exportüberschüsse durch Scheinguthaben verschleierter Vermögenstransfer und eine Subventionierung der Defizitstaaten zu Lasten der Überschüsse.

Der Aussenhandel Deutschlands mit den USA betrug 2015 113,73 Milliarden Euro und das Defizit der USA gegenüber Deutschland 53 Milliarden Dollar. Das ist zwar noch gering gegenüber dem Defizit der USA an China (350 Milliarden Dollar); der neue Präsident Trump hat aber die Aussenhandelsdefizite der USA mit Recht grundsätzlich aufs Korn genommen. Er will die jährliche Verschuldung der USA von etwa 800 Milliarden Dollar abbauen – theoretisch richtig. Bisher wurden die Defizite gegenüber Deutschland durch Besatzungskostenzahlungen, Militärkäufe, Strafzahlungen unserer Konzerne und vor allem durch Verkauf wertloser Wertpapiere auszugleichen versucht. Im Falle der USA haben wir also ebenso wie bei den europäischen Schuldenstaaten für unsere Aussenhandelsüberschüsse nichts bekommen: Luft statt Werte.

Wenn nun der neue Präsident Trump das US-Handelsdefizit rapide zurückführen will, steht dabei zuerst China als grösster Aussenhandelsgläubiger der USA im Vordergrund. Deutschland dürfte aber ebenfalls schon bald in den Fokus rücken. Dies würde bedeuten, dass Zölle, Vorschriften und wie jetzt US-juristischer Kampf (Strafzahlungen) gegen deutsche Grossunternehmen den amerikanischen Markt für alle Exporte reduzieren oder gar schliessen. Ausserdem sind sechs der wichtigsten deutschen Exportdestinationen wirtschaftlich und politisch instabil (Griechenland, Italien, Frankreich und andere), was ebenfalls unsere Exporte in diese Länder künftig reduzieren dürfte.

Das Mittelstandsinstitut rechnet deshalb in den nächsten Jahren nicht mehr mit wesentlichen deutschen Exportüberschüssen, also mit sinkenden Exporten und sinkendem – oder keinem – Exportüberschuss.

Dies hätte einige Folgen:

  1. Der Aussenhandels- und Zahlungsbilanzausgleich zwischen den europäischen Ländern hätte in den Schuldenstaaten eine Konsolidierungswirkung, im bisherigen Überschussland eine Normalisierung.
  2. Wenn aber keine deutschen Exportüberschüsse mehr zum Ausgleich in Europa verfügbar sind, wird die bisher damit finanzierte Verschuldung der Euro-Länder schwieriger, müssen sie entweder sparen oder müsste die EZB zu ihren Gunsten noch hemmungsloser die Geldmenge aufblasen.
  3. Rückgang der deutschen Exporte bedeutet auch Rückgang der deutschen Wirtschaft – vor allem der Grosswirtschaft, Rückgang des Wachstums, Rückgang der Investitionen, der Beschäftigung, der Steuern und der Sozialabgaben. Die Zeit des Überflusses könnte enden.

Die vergangenen Jahrzehnte einseitiger Aussenhandelsüberschüsse Deutschlands oder Chinas werden also künftig nicht mehr Dauerzustand sein, nicht mehr geduldet, sind auch unwirtschaftlich (Überschuldung). Es könnte deshalb sein, dass der Grundsatz unseres Stabilitätsgesetzes «Ausgleich von Handels- und Zahlungsbilanz» künftig wieder anzustrebender Normalzustand wird.  •

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