Die Regierung unter Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache wurde angelobt. Das Regierungsprogramm hält bei den Themen Zuwanderung und Grenzschutz, was sich Wähler von ihm erwarten. Bei anderen Bereichen wie der EU oder der direkten Demokratie sind vor allem viele FPÖ-Wähler enttäuscht. Ein Überblick und eine Analyse.
Beim Thema Zuwanderung verspricht die Koalition im Regierungsprogramm weitgehend, was die Wähler von ÖVP und FPÖ von ihr erwarten: dass «die illegale Migration in unser Land gestoppt und qualifizierte Zuwanderung am Bedarf Österreichs ausgerichtet werden muss». Jene Menschen, die wirklich asylberechtigt sind, sollen «Schutz für die Dauer ihrer Verfolgung» bekommen – also Asyl auf Zeit, so wie es ja auch in der Genfer Flüchtlingskonvention steht. Weiters versprochen werden 2100 zusätzliche Polizisten sowie «eine Auslotung und Ergreifung sämtlicher Möglichkeiten von nationalen Grenzschutzmassnahmen, solange der europäische Aussengrenzschutz nicht gesichert ist».
Erstmals benennt eine Regierung, welche Strömungen wirklich gefährlich für Österreich sind: «Wie schon in den letzten Jahren geht die grösste Gefahr für die innere Sicherheit Österreichs vor allem von islamistischem Extremismus aus.» Wurde im SPÖ-ÖVP-Regierungsprogramm 2013 allenfalls der Rechtsradikalismus als Gefahr gesehen, so heisst es diesmal: «Der politische Islam, der zu Radikalisierung, Antisemitismus, Gewalt und Terrorismus führen kann, hat keinen Platz in unserer Gesellschaft.»
Ein ganzer Katalog zeigt auf, wie Asylmissbrauch verhindert und Rahmenbedingungen für rasche Asylverfahren geschaffen werden können. Für besonderes Aufsehen sorgten zwei Punkte:
Ein ähnliches Modell verfolgt Dänemark und hat damit die Attraktivität für Asylanten stark verringert – 2017 kamen nur mehr rund 3000, nach Österreich ungefähr zehnmal mehr.
Im Regierungsprogramm ist die Auflistung der geplanten Massnahmen für eine im Sinne der Mehrheit der Österreicher vernünftige Einwanderungs- und Asylpolitik lang. Ein paar wichtige Punkte daraus:
Ausserdem kündigt Türkis-Blau an, die öffentlichen Geldflüsse an Nichtregierungsorganisationen (NGO) im Zuwanderungsbereich besser zu kontrollieren, Integration zu verbessern, das gesamte Asyl- und Fremdenrecht neu zu schreiben und einen EU-Beitritt der Türkei strikt abzulehnen. Viele Österreicher hoffen, dass das Umdenken in der unkontrollierten Zuwanderung gerade noch rechtzeitig kommt, um dem Land noch mehr Kriminalität zu ersparen und No-go-Zonen sowie bürgerkriegsähnliche Zustände ganz zu verhindern. Ein Innenminister Herbert Kickl soll dies garantieren.
Jedoch findet sich gut versteckt ein Punkt, über den auf offiziellem Weg Tausende Asylanten nach Österreich kommen könnten – und auf den das Magazin alles roger? bereits mehrmals aufmerksam machte: «Für besonders vulnerable Gruppen», also «verletzliche» Gruppen, soll die Regierung «ein österreichisches Resettlement-Kontingent vorsehen», heisst es. Resettlement bedeutet Ansiedlung von Asylwerbern, meist über Flugzeug direkt aus deren Heimatland. Sebastian Kurz nannte 2016 in einem Interview mit dem ORF die Zahl von 10 000 bis 15 000 pro Jahr – was mit Familiennachzug und eigenen Kindern binnen zehn Jahren Hunderttausende weitere Kulturfremde in Österreich bedeuten würde.
Grosse Kritik gab es hingegen vor allem von Unterstützern der FPÖ am Bruch eines zentralen Wahlversprechens: der Einführung der direkten Demokratie nach Vorbild der Schweiz. Das Regierungsprogramm legt fest, dass Volksbegehren erst ab 2022 in Volksabstimmungen münden können, also frühestens am Ende der Legislaturperiode. 900 000 Stimmen wären dafür notwendig – von allen 39 Volksbegehren erreichten nur 3 diese enorm hohe Hürde. Interessant ist, dass die Anzahl von 900 000 nicht nur weit über den etwa 260 000 Unterschriften liegt, die die FPÖ im Wahlprogramm als Grenze vorgesehen hatte, sondern auch deutlich über den rund 650 000 Unterschriften des ÖVP-Versprechens liegt. Themen, die EU-Recht widersprechen, dürfen vom Volk nicht abgestimmt werden, wenn es nach der neuen Regierung geht. Die österreichische EU-Mitgliedschaft ist erst recht tabu.
Der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung «Die Presse» und alles-roger?-Kolumnist Andreas Unterberger erklärte dazu in seinem Blog: «Die grösste Frustration ist zweifellos das Begräbnis erster Klasse für die von beiden (!) ‹Parteien› versprochene direkte Demokratie.» Die Ankündigung der Koalition, die Bürger frühestens 2022 erstmals abstimmen zu lassen, sei «der kaum getarnte Tod des grossen Projekts». Ähnlich scharf formulierte es die überparteiliche Initiative Heimat und Umwelt (IHU), die wegen der direkten Demokratie die FPÖ bei der Nationalratswahl unterstützt hatte. Die neue Regierung wolle Österreich «zur rechtlosen EU-Kolonie herabstufen», hiess es hier. Die neue Regierung hat sich laut IHU-Obfrau Inge Rauscher «von vornherein in Geiselhaft der plutokratisch gesteuerten EU» begeben und könne «dadurch nicht dem österreichischen Staatsvolk dienen». Die eineinhalb Jahre dauernde Unterstützung der FPÖ sei somit beendet.
Harsche Kritik aus den eigenen Reihen musste die FPÖ bei der Zustimmung zum EU-Kanada-Freihandelsabkommen CETA einstecken. Bisher hatten Heinz-Christian Strache und Norbert Hofer eine Volksabstimmung darüber gefordert – weil CETA die klein- und mittelständisch geprägte Wirtschaft und Landwirtschaft gefährde. Ausserdem bekennt sich die Bundesregierung zwar zur immerwährenden Neutralität, führt diese aber mit der Ankündigung verstärkter Auslandseinsätze des Bundesheeres und der bereits beschlossenen Teilnahme Österreichs an der EU-Militärunion (PESCO) ad absurdum.
Bei EU-Fragen wie CETA und bei der direkten Demokratie stand aber nicht nur die ÖVP auf der Bremse, sondern offensichtlich noch viel stärker Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Bei der Angelobung der neuen Regierung am 18. Dezember sprach er von einem «Konsens, dass die sorgsame Vorbereitung, Vorgangsweise der direkten Demokratie ebenso zentral ist wie eine klare Prioritätensetzung bei den wichtigen Zukunftsthemen wie Digitalisierung und Klimaschutz». Mit anderen Worten: Das Volk ist zu dumm, um über sein eigenes Schicksal in Volksabstimmungen zu entscheiden. Und alle haben laut Van der Bellen dem zugestimmt. Die FPÖ dürfte vor der Wahl gestanden sein, entweder auf die Regierungsbeteiligung oder auf die direkte Demokratie zu verzichten. Doch um einigermassen glaubhaft zu bleiben, wird die Regierung besonders beim Thema Grenzkontrollen mit Van der Bellen und Brüssel Konflikte riskieren müssen: Denn laut EU-Recht darf es Grenzkontrollen nur in Ausnahmesituationen geben.
Abseits von der Kritik bei zentralen Punkten wie direkte Demokratie oder Neutralität gibt es für das ÖVP-FPÖ-Programm Lob von unterschiedlichen Seiten, besonders von Vertretern der Wirtschaft.
Viele Aspekte erscheinen tatsächlich neu und positiv:
Es fällt auf, dass viele kritische oder für die Zukunft entscheidende Bereiche im Regierungsprogramm nicht erwähnt sind:
Licht und Schatten wechseln im Regierungsprogramm also einander ab. Wie es aussieht, hängt das Wohl und Wehe der neuen Regierung in erster Linie vom Erfolg bei der Ausländerpolitik ab. •
Quelle: «alles roger – Das Querformat für Querdenken»; <link http: www.allesroger.at artikel das-will-die-neue-regierung>www.allesroger.at/artikel/das-will-die-neue-regierung
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