«Seidenstrasse 2018 – Handeln auf neuen Wegen»

«Seidenstrasse 2018 – Handeln auf neuen Wegen»

Internationale Konferenz in Nürnberg am 25. Juli 2018

von Nils Opel, Nürnberg

Am 25. Juli 2018 fand im Nürnberger Messe­zentrum der eintägige Kongress «Seidenstrasse 2018 – Handeln auf neuen Wegen» statt. Veranstalter war die «NürnbergMesse Group», unterstützt vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Energie und Technologie und den Industrie- und Handelskammern in Bayern.

Gesellschafter der NürnbergMesse Group, eine der grossen Messegesellschaften der Welt, sind zu je knapp 50 % die Stadt Nürnberg und der Freistaat Bayern sowie die Industrie- und Handelskammer Nürnberg (IHK) und die Handwerkskammern in Mittelfranken mit je rund 0,03 %. Mit 51 Vertretungen ist die NürnbergMesse Group in weltweit 116 Ländern aktiv. Sie hat 7 Tochtergesellschaften in den USA, China, Indien, Brasilien, Italien und Österreich.

Ausrichtung nach Asien und Südamerika

Das internationale Messeprogramm für 2018 zeigt deutlich die Ausrichtung im Auslandsgeschäft nach Asien und Südamerika. 31 Veranstaltungen in Nürnberg, 14 in Indien, 10 in Brasilien, 8 in China, 2 in Thailand und jeweils eine in Italien, Russland und den USA.
Der Mitveranstalter Freistaat Bayern unterhält weltweit 28 Auslandsvertretungen. Im Juli 2018 wurde bereits die dritte bayerische Repräsentanz in China in der zentralchinesischen Stadt Chengdu eröffnet, die bisherigen befinden sich in Shandong und Shenzen. 2017 war die Volksrepublik China zweitwichtigster bayerischer Handelspartner. Nach den neuesten Zahlen wird China 2018 zum wichtigsten bayerischen Handelspartner aufsteigen, wie der bayerische Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer in seiner Kongress­Eröffnungrede erläuterte.
Zwischen der Stadt Nürnberg und der südchinesischen Stadt Shenzen besteht seit 1997 eine Städtepartnerschaft. Seit 2015 pendelt zwischen Nürnberg und Chengdu wöchentlich ein Intermodalzug mit 54 Containern. Gute Gründe, um Nürnberg als Veranstaltungsort für den mit etwa 250 Besuchern ersten öffentlichen, in Deutschland stattfindenden Kongress, der sich mit dem Projekt der «Neuen Seidenstrasse» befasste, zu wählen.
Im asiatischen Raum stösst dieses Projekt auf weitaus grösseres Interesse. So wird beispielsweise in Hongkong seit drei Jahren jährlich ein Kongress abgehalten, der zuletzt im Juni dieses Jahres 5000 Besucher anlockte. Zugegen ist auf den Hongkonger Kongressen regelmässig die Industrie- und Handelskammer Nürnberg, in Stellvertretung für alle deutschen Industrie- und Handelskammern.

Das Projekt «Neue Seidenstrasse»

Das Projekt «Neue Seidenstrasse» wurde unter dem Namen «One Belt, One Road» im September 2013 von Chinas Staatspräsident Xi Jinping bei seinem Staatsbesuch in Kasachstan (Schwerpunkt Belt) und wenige Monate später in Jakarta (Schwerpunkt Road) präsentiert. «Belt» bezeichnet den «Gürtel» über Land, der China mit Europa verbindet. Dieser beinhaltet die bestehende nördliche Eisenbahnroute über Kasachstan/Russland und die im Bau befindliche südliche Route über Zentralasien/Türkei/Westbalkan. Bereits heute gibt es in 14 europäischen Staaten Zielbahnhöfe in 40 Städten. Seit 2008 haben 8000 Güterzugfahrten stattgefunden. Mit «Road» ist der Seeweg von der chinesischen Ostküste über den Indischen Ozean und das Rote Meer Richtung Südeuropa gemeint. Inzwischen wird das Vorhaben «Belt-and-Road-Initiative», kurz BRI, genannt. Die chinesische Regierung möchte ein interkontinentales Infrastruktur-Netz zwischen China und Euro­­pa, Afrika, dem Nahen Osten, Süd­asien, Zentralasien und Südostasien aufbauen. Die Region umfasst 90 Staaten mit 70 % der Weltbevölkerung. Wirtschaftsräume sollen vernetzt und weiterentwickelt und strukturschwache Regionen wirtschaftlich vorangebracht werden. Bisher sind 900 Projekte mit prognostizierten Investitionen in Höhe von 900 Milliarden US-Dollar initiiert.

Eine Strasse der Kooperation …

Da die Weltbank und die Asia Development Bank (ADB) nicht in der Lage sein dürften, diesen Finanzbedarf zu decken, so ­Jingqiu Mao, Generalkonsulin der Volksrepublik China in München, wurde auf Initiative Chinas hin 2015 die Asia Infrastructure Investment Bank (AIIB) gegründet. Frau Mao erläuterte in ihrer Kongress-Eröffnungsrede ausführlich die «Belt-and-Road-Initiative». Sie betonte, dass die Initiative kein strategisches Instrument im Dienste chinesischer Geopolitik sei. Die «Neue Seidenstrasse» sei keine private Strasse einer bestimmten Partei, sondern eine breite Strasse, die von allen gemeinsam gebaut werde und die allen zugute kommen soll. Sie sprach sich ausdrücklich für freien Handel und Globalisierung aus, betonte aber auch den Nutzen für die Realwirtschaft: Die «Neue Seidenstrasse» sei eine Strasse der Kooperationen, die der Wirtschaft neues Blut zuführe. Der Aufbau der Infrastruktur solle den tatsächlichen Nachfragen entsprechen.

… und der Öffnung Chinas

Angesichts zunehmender protektionistischer Tendenzen im Welthandel und der Turbulenzen in der Wirtschaft sei eine umfangreichere, hochwertigere und tiefgehendere Zusammenarbeit notwendig. Man dürfe nicht mehr in das Zeitalter der gegenseitigen Abschottung zurückfallen. Die «Neue Seiden­strasse» sei ein Produkt der Öffnung und Kooperation in Zeiten der Globalisierung. China sei ein verantwortungsvoller Teilnehmer und Mitbauer des bestehenden internationalen Systems. Sie verwies auf die Wichtigkeit des Projektes sowohl für Deutschland als auch für China an den beiden Enden der Seidenstrasse: «Wenn beide Länder gemeinsam die Möglichkeiten der neuen Kooperationsfelder und -räume der ‹Neuen Seidenstrasse› ausloten können, wird dies mit Sicherheit für die Völker beider Länder sowie für die Länder entlang der Seidenstrasse und ihre Menschen grossen wirtschaftlichen Nutzen und auch konkrete Vorteile mit sich bringen.»

Ein riesiges Wachstumspotential

Professor Gabriel Felbermayr, Leiter des ifoZentrums für Aussenwirtschaft am ifo Institut für Wirtschaftsforschung in München, wartete mit vielen Wirtschaftsdaten auf. Eurasien sei ein grosser Kontinent mit 4,8 Milliarden Konsumenten in 92 Ländern und 60 % der Weltwirtschaftsleistung, mit Wirtschaftsoasen an den Rändern, die sich angeglichen hätten. Die verfügbaren Einkommen pro Kopf lägen 2018 in Nürnberg bei 28 000 Euro und in Shanghai bei 21 000 Euro. Es gehe um den eurasischen Zwischenraum, der offenstehe für die wirtschaftliche Entwicklung. Eurasischer Handel (hier: Volumen des Güterhandels) habe 2017 zwischen EU und «Greater China» (China, Macau, Hongkong, Taiwan) bei 772 Milliarden Euro gelegen, das entspreche in etwa dem Handel zwischen der EU und den Nafta-Ländern (USA, Kanada, Mexiko). Das Wachstumspotential in den nächsten 10 Jahren sei mit 80 % (EU und Greater China) prognostiziert und damit dreimal so hoch wie das Wachstumspotential über den Atlantik.
Dreiviertel des zukünftigen weltweiten Wachstums bis zur ersten Hälfte des Jahrhunderts seien in Eurasien zu erwarten. Die Zukunft spiele sich in Eurasien und nicht in der transatlantischen Volkswirtschaft ab. Im Verlauf der letzten 1000 Jahre hätte sich der Anteil Chinas und Indiens an der Weltproduktion jeweils auf 25 % belaufen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts setzte der starke Abstieg Chinas ein, bei gleichzeitigem Aufstieg des Westens, der heutigen G-7-Staaten (USA, Kanada, Grossbritannien, Frankreich, Deutschland, Italien, Japan).
Im Verlauf der letzten 40 Jahre sei es nun zu einem Status gekommen, welcher der Grösse Chinas gerecht würde. Die OECD schätze, bis 2045 werde der Anteil Chinas am Weltsozialprodukt auf 25 % ansteigen (1990 waren es 4 %!). Ein Vorgang, der so in der Wirtschaftsgeschichte bisher nicht vorgekommen sei. Der Wechsel vollziehe sich gerade eben (2018 liegen EU, USA, China etwa gleichauf bei 20 %), und das sei der Grund, weshalb US-Präsident Donald Trump vor allem in China den strategischen Gegner sehe.

«Den Asiaten gehört die Zukunft»

Den Asiaten gehöre die Zukunft, und Nordamerika müsse die Führerschaft in der Weltwirtschaft abgeben. Laut ADB-Schätzung lägen die nötigen Investitionen in das BRI-Projekt bei 8 Billionen US-Dollar (2010–2020). Das seien zweimal soviel wie das BIP der Bundesrepublik Deutschland. Präsident Xi spreche allerdings nur von 1 Billion. Bisher seien 340 Milliarden US-Dollar geflossen (2014–2017). Serbien erhielt zum Beispiel 4,9 Milliarden US-Dollar, Griechenland 3,6 Milliarden, Pakistan 60 Milliarden. Chinas Investitionen in der Welt seien in etwa so hoch wie die Investitionen vom Ausland in China (8–9 % der Ströme von Investitionen in der Welt, etwa 150 Milliarden US-Dollar Auslandsdirektinvestitionen pro Jahr).

China ist Deutschlands wichtigster Handelspartner

Vehikel der Investitionen und der Zusammenarbeit mit Europa sei die 2015 gegründete AIIB, bei der es keine Dominanz Chinas gebe. Seit 2017 sei China Deutschlands wichtigster Handelspartner (das Handelsvolumen betrug 2017 187 Milliarden Euro), und der Abstand zu den anderen Handelspartnern werde noch deutlich grösser werden. Die Transportkosten lägen bei 9–13 Milliarden Euro pro Jahr (5–7 % des Handelsvolumens). Jedes Prozent Absenkung der Transportkosten werde 3–4 % zusätzlichen Handel generieren. Einsparungen über die Seiden­strasse könnten ein zusätzliches Handelsvolumen von 23 Milliarden Euro generieren, bezogen auf EU-China sogar 200 Milliarden Euro. Mittlerweile seien Transportkosten wichtigere Handelsbarrieren als Zölle. Aber es gehe nicht nur um den Handel zwischen den Ballungszentren, sondern auch um die Erschliessung des eurasischen Zwischenraumes. Es gehe auch darum, Handelsüberschüsse gewinnbringend zu investieren, nicht nur in amerikanische Staatsanleihen. «Raus aus amerikanischen Staatsanleihen, rein in Realinvestitionen», das mache auch für Deutschland Sinn. Chinas Aufstieg sei ein Faktum, Europa brauche eine eurasische Strategie, müsse Realitäten akzeptieren, Kompromisse suchen und schliessen und Chancen realisieren.

Zentrale Rolle der Asia Infrastructure Investment Bank AIIB

Im weiteren Verlauf des Kongresses stellte Nikolai Putscher die AIIB vor. Putscher ist als Director im Board of Directors bei der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) für die Entwicklung der strategischen Ausrichtung sowie für die Wahrnehmung der Kontroll- und Lenkungsfunktionen zuständig (zuvor war er u. a. beim IWF tätig). China habe das Angebot gemacht, dass sich alle Länder an der BRI beteiligen könnten, und auch ein Angebot, eine Bank zu entwickeln, die für Asien, aber auch für andere Teile der Welt da sein soll. Die AIIB sei eine rechtlich unabhängige Institution, inzwischen mit 86 Mitgliedsländern.
Deutschland sehe, anders als bei der BRICS-Entwicklungsbank, in der AIIB keine Parallelstrukturen. Ziel der Bundesregierung sei der Erhalt der internationalen Finanzstruktur unter Einbeziehung Chinas. Es soll keine Verwässerung der Umwelt- und Sozialstandards geben, die zum Beispiel von Weltbank, Asian Development Bank und African Development Bank gesetzt seien. Deutschland stelle erhebliche Ressourcen für die Vertretung deutscher und EU-Interessen in der AIIB bereit. In der Bank gebe es eine sehr offene und internationale Diskussion. Überraschend stark sei die Geschäftsentwicklung. Die AIIB habe in 2 Jahren 25 Projekte mit einem Volumen von 4,4 Milliarden US-Dollar genehmigt. (Die ADB hätte im Gegensatz dazu 3 Jahre gebraucht, um das erste Projekt auf die Beine zu stellen.) Der chinesische Anteil sei mit 26 % recht gering und werde vermutlich noch weiter sinken. Die Bank sei keine chinesische Bank, wie in der amerikanischen Presse verbreitet werde. Sie sei tatsächlich für Asien ausgelegt und auch keine reine Seidenstrassen-Bank. Die Bank sei recht schlank und habe derzeit 450 Mitarbeiter (Vergleich ADB: 3000, Weltbank: 15 000).

Details zur Eisenbahnverbindung China-Europa

Uwe Leuschner ist Senior Vice President Eurasia bei der DB Cargo AG und CEO von DB Cargo Russia und bereits seit 1993 in verschiedenen Führungsfunktionen in der Logistikindustrie in Russland und China aktiv. In der Diskussionsrunde gab er viele Details bezüglich der Eisenbahnverbindung China-Europa bekannt. 2008 sei der erste «Chinazug» zwischen Chongqing und Hamburg gefahren. Dieses Jahr werden etwa 5000 Züge zwischen China und Europa rollen. Das Wachstum beim Intermodalcontainerkonzept liege bei 30 % pro Jahr. Es führen Blockzüge mit 41 Containern, die in Russland und Kasachstan auf Breitspur zu Zügen mit bis zu 120 Containern zusammengestellt würden. Die Chinesen möchten 2025 bereits 3,5 Millionen Container auf diesem Weg bewegen. Es gebe ein Projekt (geplant ungefähr für 2028/29), High-Speed-Cargo-Trains zwischen China und Europa bis nach Berlin fahren zu lassen, alle 20 Minuten ein Zug mit 300 Tonnen bei 350–400km/h. Das werde logistisch auf dieser Welt sehr viel verändern. Es gebe von chinesischer Seite die Zusicherung der Finanzierung der benötigten 6000 Kilometer Neubaustrecke Normalspur. Im Moment stocke das Projekt, da die russische Regierung bisher noch auf Breitspur bestehe. China habe in den letzten 20 Jahren ein Eisenbahnsystem geschaffen, welches das grösste der Welt sei. In den letzten 10 Jahren ist ein Hochgeschwindigkeitsnetz von 22 000 Kilometern entstanden, bis 2025 sollen es 35 000 Kilometer werden.

Grosse Bedeutung des eurasischen Zwischenraumes

Der eurasische Zwischenraum habe gröss­tes Potential für Wirtschaftswachstum und Investitionen für die Zukunft. Die Chinesen hätten Ideen für die Industrialisierung, zum Beispiel Projekte an der europäischen Aussengrenze wie den grössten von China ausserhalb Chinas gebauten Industriepark bei Minsk in Weissrussland (Fläche fast 100 Quadratkilometer), wo Infrastruktur und Investitionen mit Regierungen in der eurasischen Union verhandelt werden und dort sehr erwünscht seien. Chinesen würden darüber reden, und mit Russen und Kasachen hätten sie schon Verträge geschlossen. Es sei sehr wichtig, mit den Chinesen auf allen Ebenen zu kommunizieren. Miteinander reden und kooperieren sei die Basis für die zukünftigen Entwicklungen.

Konkrete Seidenstrassen-Projekte

Konkrete Seidenstrassen-Projekte und Strategien wurden von Corinne Abele und Dr. Uwe Strohbach vorgestellt. Corinne Abele ist seit 1998 für Germany Trade&Invest (GTAI) in Greater China tätig (GTAI: Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Aussenwirtschaft und Standortmarketing). Bereits zwei Jahrzehnte lang analysiert die Journalistin, Diplom-Volkswirtin und Osteuropa-Historikerin Chinas Wirtschaftsgeschehen und Branchenentwicklungen. Dr. Uwe Strohbach ist bei GTAI Regionalmanager für Zentral­asien und den Südkaukasus. Zuvor war er u. a. Projektkoordinator für Osteuropa-Forschung im Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung in Berlin. Momentan befasst sich Uwe Strohbach u. a. mit den eurasischen Transportkorridoren und dem Ausbau der Transitwege zwischen China und Europa.

Zum Beispiel: erneuerbare Energien

Corinne Abele stellte Entwicklungen im Bereich erneuerbare Energien vor. China werde bis 2020 770 GW in «New Energies» installiert haben. Bereits 2016 habe es die EU überholt, was die Solarkapazität angehe. Bis 2020 sollten 20 % des Primärenergieverbrauchs nicht fossilen Ursprungs sein. Der Stromverbrauch sei schon jetzt zu 25 % nicht fossil. Im KFZ-Bereich sollten bis 2025 25 % aus «New Energies» stammen (abgedeckt zu 80 % mit chinesischen Marken).
China habe die Vision eines globalen Stromversorgungsnetzes. China habe von 2013–2018 123 Milliarden US-Dollar in Stromnetze investiert, viele im Bereich der Seidenstrasse. Beispielsweise in Pakistan, dort seien 62 Milliarden US-Dollar für Projekte in Wasserkraft und Stromnetze vorgesehen. Schon lange sei China auch in Brasilien aktiv. Es sei dort grösster Energieerzeuger und grösster Stromnetzbetreiber. China investiere in Ultrahochspannungsgleichstromleitungen, eine Technologie, die auch von Siemens und ABB beherrscht werde. 35 000 Kilometer von diesen Leitungen seien in Bau, weitere sollen folgen. Das Volumen beträgt 250 Milliarden US-Dollar. China habe in den letzten 5 Jahren 475 Milliarden US-Dollar ausserhalb Chinas in den Energiebereich investiert. China sei inzwischen Weltmarktführer, was Umweltschutzgüter angehe, hauptsächlich im Bereich der erneuerbaren Energien.

Die wichtige Rolle Zentralasiens

Uwe Strohbach legte seinen Fokus auf die Regionen Zentralasien (Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Kirgistan, Tadschikistan) und Südkaukasus (Aserbaidschan, Georgien, Armenien). Zentralasien habe die zehnfache Fläche von Deutschland mit 72 Millionen Einwohnern. Das BIP betrage aber nur 6 % des deutschen. Die Exporte Deutschlands nach Zentralasien würden seit 2017 wieder wachsen, aber es gebe noch ein sehr grosses Potential. Ebenso im Südkaukasus, der halb so gross wie Deutschland sei, bei 17 Millionen Einwohnern. Das BIP betrage aber nur 1,8 % des deutschen. Die Staaten dort würden sich durch die BRI einen Dreiklang erhoffen: Modernisierung, Diversifizierung und Exporte. Der Aussenhandel China/Zentralasien sei von 1 Milliarde US-Dollar (2002) auf 60 Milliarden (2017) gestiegen und werde 2020 voraussichtlich mindestens 100 Milliarden US-Dollar betragen. Strohbach stellte von den vielen geplanten und begonnenen Projekten (allein 50 in Kasachstan mit 27 Milliarden US-Dollar chinesischer Investitionen und 100 Projekten in Usbekistan mit 23 Milliarden US-Dollar chinesischer Investitionen) mehrere vor, von denen hier ein paar Beispiele genannt sein sollen:

  • Bahnlinie Astana-Almaty, etwa 1300 Kilometer bis 2021, und Bahnlinie Taldykorgan-Öskemen, 790 Kilometer 2017–2020 (Kasachstan),
  • Bau eines Gas-Chemiekomplexes und ­Polyolefinkomplexes Atyrau bis 2021 (Kasachstan),
  • Forcierung der Trasse China-Kasachstan-Turkmenistan-Iran (Testzüge waren erfolgreich),
  • Autobahn und Eisenbahn von Duschanbe (Tadschikistan) nach Kaschgar (China),
  • Strang 4 der Pipeline Turkmenistan-China,
  • südliches Luftfahrtdrehkreuz Dangara,
  • Bahnlinie Usbekistan-Kirgistan-China (Kaschgar): Verkürzung der Trasse Ostasien-Zentralasien-Europa um 900 Kilometer,
  • Asiatischer Stern: grösster Agroindustriepark in Zentralasien (internationales Zentrum für Geflügelzucht und Fleischprodukte in Kirgistan).

Auch innerhalb Europas sind Projekte bereits angestossen

Doch nicht nur in Zentralasien und an den Aussengrenzen Europas, sondern auch innerhalb der EU sind bereits Projekte angestossen. Eine chinesische Firma hat die Hälfte des Hafens von Piräus in Griechenland für viele Jahre gepachtet und will hier im grossen Stil investieren. Dazu ist auch eine Güterzugverbindung vom Hafen in Piräus bis nach Belgrad in Serbien geplant. Und die Chinesen wünschen sich eine Verlängerung der Route über Budapest und Wien nach München. Laut Dr. Margot Schüller, China-Expertin am GIGA Institut für Asien-Studien, sei dieses Projekt in Griechenland von der EU-Kommission bereits «abgesegnet». Es sei ein Projekt der 16+1-Initiative. In dieser stehen 16 ost- und südosteuropäische Länder in Verhandlungen mit China über Finanzierungsmöglichkeiten von Infrastrukturprojekten. Das Projekt in Griechenland ist im Zusammenhang zu sehen mit der eingangs erwähnten südlichen Route der Seidenstrasse. Diese soll, von Deutschland kommend, ebenfalls über Belgrad weiter über die Türkei, Iran und die zentralasiatischen Länder Turkmenistan, Usbekistan und Kirgistan nach Westchina führen. Der Tunnel unter dem Bosporus wird derzeit ausgebaut und erweitert, um ihn für Ferngüterzüge tauglich zu machen. Teile der Strecke in der Türkei und in Iran sind bereits fertiggestellt. Weiterhin gibt es schon eine Nordanbindung Irans an China, die kurz vor der Freigabe für den Güterverkehr steht.

Anders als die Berlin-Bagdad-Bahn

Die Südroute der Seidenstrasse ähnelt sehr der vor über 100 Jahren geplanten Eisenbahnverbindung Berlin-Bagdad. Eventuell ist das ein Grund für die jüngsten Sanktionen gegen die Türkei und Iran. Doch zurück nach Europa. Wie sich die EU bezüglich des BRI-Projektes positionieren wird, ist noch unklar. Doch Dr. Skala-Kuhmann, China-Expertin bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sagte hierzu: «Auch wenn Europa und auch wenn Berlin keine klare Strategie und leider keine klaren Statements bisher zu ‹Belt and Road› abgeben, […] es passiert viel mehr, als wir vielleicht meinen.»    •

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