Zur Goethe-Zeit gab es noch eine Goldumlaufwährung. Geld bestand aus Gold- oder Silbermünzen. Da Edelmetall begrenzt war, gerieten auch die Fürsten immer wieder in Finanzschwierigkeiten, wenn sie mehr ausgeben wollten, als sie einnehmen konnten.
Finanzminister Necker hatte Ludwig XVI. zuerst einen Ausweg gezeigt: Er gab – wie die EZB – statt Metallmünzen ungedeckte Papiergeldscheine aus, die vom Volk angenommen wurden und dem König ein Jahrzehnt übermässiges Luxusleben (zum Beispiel Versailles) erlaubten – bis der Schwindel in einem Crash endete.
Goethe hat diese Scheinwohlstandsblase durch Scheingeld in Faust II aufgegriffen. Mephisto machte dem Kaiser den Vorschlag einer Geldschöpfung durch Papier.
Der Kanzler verkündete:
«Zu wissen sei es jedem, der’s begehrt:
Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.
Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand,
Unzahl vergrabnen Guts im Kaiserland.
Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz,
sogleich gehoben, diene zum Ersatz.»
Der Kaiser hatte jedoch Bedenken wegen der Wertlosigkeit des Papiergeldes:
«Ich ahne Frevel, ungeheuren Trug!
Wer fälschte hier des Kaisers Namenszug?
Ist solch Verbrechen ungestraft geblieben?»
Der Schatzmeister dagegen entgegnet ihm:
«Erinnere dich! Hast selbst es unterschrieben;
erst heute Nacht. Du standst als grosser Pan.
Der Kanzler sprach mit uns zu dir heran:
‹Gewähre dir das hohe Festvergnügen,
des Volkes Heil mit wenig Federzügen.›
Du zogst sie rein, dann ward’s in dieser Nacht
durch tausend Künstler schnell vertausendfacht.
Damit die Wohltat allen gleich gedeihe,
so stempelten wir gleich die ganze Reihe.
10, 30, 50, 100 sind parat.
Ihr denkt euch nicht, wie wohl’s dem Volke tat.»
Der Kaiser zweifelt weiter:
«Und meinen Leuten gilt’s für gutes Gold?
Dem Heer, dem Hofe genügt’s zu vollem Sold?
So sehr mich’s wundert, muss ich’s gelten lassen.»
Der Marschall berichtet:
«Mit Blitzes Wink zerstreute sich’s im Lauf,
Die Wechslerbänke stehen sperrig auf:
Man honoriert daselbst ein jedes Blatt
durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt.
Nun geht’s von da zum Fleischer, Bäcker, Schenken;
die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken …»
Faust sinniert über den Zusammenhang zwischen den herausgegebenen Papieren ohne einen eigentlich realen Wert:
«Das Übermass der Schätze, das, erstarrt,
in deinen Landen tief im Boden harrt,
liegt ungenutzt. Der weiteste Gedanke
ist solchen Reichtums kümmerlichste Schranke.»
Als der Kaiser weiter zweifelt, dass wertloses Papier als Realgeld angenommen würde, zerstreut Mephisto die Zweifel an dem ungedeckten Papiergeld:
«Ein solch Papier, an Gold und Silber statt,
ist so bequem, man weiss doch, was man hat;
Man braucht nicht erst zu markten noch zu tauschen,
kann sich nach Lust in Lieb’ und Wein berauschen.
Will man Metall, ein Wechsler ist bereit,
und fehlt es da, so gräbt man eine Zeit.
Pokal und Kette wird verauktioniert,
und das Papier, sogleich amortisiert,
beschämt den Zweifler, der uns frech verhöhnt.
Man will nichts andres, ist daran gewöhnt.
So bleibt von nun in allen Kaiserlanden
an Kleinod, Gold, Papier genug vorhanden».
Der Kaiser fragt dann seine Höflinge, wie sie den durch die Papiere geschaffenen neuen Wohlstand nutzen wollten. Die meisten wollten damit Essen, Feiern und grösseren Luxus bezahlen, also ihren Konsum erhöhen.
Mephisto fragt nur den Narren, welcher alleine skeptisch beiseite stand.
Der Narr fragte:
«Da seht nur her, ist das wohl Geldes wert?»
Mephisto:
«Du hast dafür, was Schlund und Bauch begehrt».
Narr:
«Und kaufen kann ich Äcker, Haus und Vieh?»
Mephisto:
«Versteht sich! Biete nur, das fehlt dir nie!»
Narr:
«Heut Abend wieg ich mich im Grundbesitz.»
Mephisto:
«Wer zweifelt noch an unsres Narren Witz!»
Schon Goethe hat das Volk über die hemmungslose Geldschwemme aus Papier jubeln lassen. Die Bevölkerung glaubte, dass die Papierscheine einen Realwert hätten. Nur der Narr durchschaute bei Goethe, dass dieses Papier nur einen Scheinwert hat, nicht gedeckt, nicht wirklich werthaltig sei und deshalb schleunigst in Sachwerte umgetauscht werden müsse, um dem zwangsläufigen Crash zu entgehen.
Auch derzeit werfen die FED und die EZB wieder unlimitiert Geld in den Markt – zwar nicht nur als Papiergeld, sondern als virtuelles Geld. Und wieder glaubt die Bevölkerung, dadurch reicher zu werden und sich mehr leisten zu können als bisher.
Immer in der Geschichte hat hemmungslose Geldvermehrung wie ein Drogenrausch nur kurzfristige Freude beschert und ist dann im Entzugs-Crash in sich zusammengefallen.
Bei Goethe war der Geldvermehrer und Volksverführer Mephisto – heute sind dies Draghi und seine Höflinge, welche die Geldschleusen hemmungslos öffnen.
Wie weise hat Goethe die Zukunft vorausgesehen – auch wenn er mit seinem Scheingeld und der damit verbundenen Scheinblüte noch papieren, noch nicht virtuell dachte! •
eh. Nach ihrer Satzung darf die Europäische Zentralbank (EZB) keine Staatsfinanzierung betreiben. Mit dem OMT-Programm1 der EZB hatte diese aber den unlimitierten Kauf von Staatsanleihen in Krisenfällen beschlossen. «Zur Bewältigung der Euro-Krise», wie es offiziell heisst, wurden Kaufprogramme für Staatsanleihen im Volumen von inzwischen mehr als 2 Billionen Euro aufgelegt. Ziel war, die Zinsen zu drücken und Liquidität für Banken und Staaten zu schaffen. Damit hat sich die EZB-Bilanz auf mehr als 4,6 Billionen Euro aufgebläht und Risiken geschaffen, deren Kosten von den Steuerzahlern getragen werden müssen.
Gegen das OMT-Programm war vor dem deutschen Bundesverfassungsgericht geklagt worden. Das Gericht teilte die Bedenken der Kläger und hat um ein Votum des Europäischen Gerichtshofs gebeten. Dessen Gutachter hat nun diese – satzungsmässig verbotene – Praxis für durchaus in Ordnung befunden.
Der Streit, ob durch die Beschlüsse der Notenbank und ihre ultra-lockere Geldpolitik die Rechte der europäischen Steuerzahler verletzt werden, wird also nun gegen das Votum des Bundesverfassungsgerichts vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden – im Zweifel wieder contra legem. Das Argument des EuGH-Generalanwalts: Die Staatsfinanzierung liege solange im Mandat der EZB, wie das währungspolitische Ziel, die Deflationsgefahr abzuwenden, verfolgt werde.
Allerdings hat es seit Beginn der Staatsfinanzierung der EZB im März 2015 keine Rezession und Deflationsgefahr gegeben, sondern immer nur überschäumenden Boom – den offenbar der EuGH-Generalanwalt übersehen hat.
Zum Jahresende soll die Staatsfinanzierung auslaufen. Jetzt erst bringt der Abschwung Crash-Gefahr.
Wenn der EuGH gegen die Warnung des Bundesverfassungsgerichts in den nächsten Monaten die rechtswidrige Staatsfinanzierung durch die EZB rechtfertigen wird, wird es bei dieser kein Halten mehr geben. Wie am Beispiel des durch mangelnde Rückzahlung auf über 1 Billion Euro angewachsenen Targo-Saldos wird die EZB von der Währungshüterin zur Schuldenhüterin, wird sie die Geldmenge und die Schulden in Europa noch hemmungsloser vermehren, bis niemand die schon heute angewachsenen Schulden mehr zurückzahlen kann und es zum gemeinsamen Finanzcrash kommt.
Statt Währungsverantwortung zeigt die EZB Verantwortungslosigkeit. Der Skandal aber liegt darin, dass sie ihr satzungs- und gesetzesloses Verhalten durch die einzige Kontrollinstanz, der sie unterliegt – dem EuGH – auch noch sanktioniert bekommt. Verantwortungslosigkeit ohne Kontrolle und Masslosigkeit zerstörten unser Währungssystem zum Schaden der Bürger.
1 OMT = Outright Monetary Transactions: Endgültige Finanztransaktionen, das heisst Käufe und Verkäufe von Wertpapieren am Markt
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