Seit einiger Zeit liest man aus verschiedenen Gegenden der westlichen Welt Berichte und Vorstösse zur Legalisierung von Cannabis und weiteren Drogen – und reibt sich die Augen: Nicht mehr die «Drogen-Mafia», sondern die Staaten, die Tabak-, die Alkohol- und die Cannabiskonzerne sollen nun also das grosse Geld verdienen. Durch den legalen Konsum soll der Schwarzmarkt zum Verschwinden gebracht und der Schutz der Jugend garantiert werden. Kein Wort über die gravierenden Auswirkungen auf die psychosoziale und körperliche Entwicklung vor allem bei jungen Menschen. Kein Wort über Auswirkungen des sich ausweitenden Drogenkonsums auf gesellschaftliche Bereiche wie Familien, Sozialversicherungen, Strassenverkehr und Berufsleben. – Nachdem zahlreiche US-Staaten THC-haltiges Cannabis für medizinische Zwecke und auch als Genussmittel freigegeben haben, hat sich in letzter Zeit der kanadische Premierminister Justin Trudeau vehement für die Liberalisierung und für einen staatlich kontrollierten Markt eingesetzt – auch als Wahlkampfversprechen. Es wurde am 17. Oktober 2018 wahr. Die Regale in den Läden waren an diesem Tag nach wenigen Stunden leergeräumt, und in zwei Wochen wurden für mehr als 40 Millionen Dollar Cannabisprodukte verkauft. Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet, wird der ehemalige deutsche Bundesaussenminister und Vizekanzler Joschka Fischer Mitglied im international zusammengesetzten Beirat der kanadischen Cannabisgesellschaft Tilray. Das Unternehmen entwickelt zusammen mit der belgisch-brasilianischen Brauerei InBev alkoholfreie Getränke, die den Wirkstoff THC enthalten.
Mike Gorenstein, CEO der kanadischen Cronos Group, hat sich bei CNN Business zu Wort gemeldet. Seine Firma vertreibt auf allen fünf Kontinenten Cannabisprodukte:
«Dies ist ein entscheidender Moment, der die Grundlage schafft für alle Teilnehmer in der Cannabisindustrie, sowohl in Kanada als auch auf den Märkten der Welt (gets the ball rolling globally). Herzlichen Glückwunsch an die vielen Führer und Fürsprecher, die so hart daran gearbeitet haben, um diesen Meilenstein zu erreichen.»
Seit einigen Wochen sind auch die Investoren der Wallstreet auf den fahrenden Zug aufgesprungen. Die Aktienkurse einiger kleinerer Unternehmen auch in den USA, die Cannabisprodukte produzieren, haben sich in kurzer Zeit verdoppelt und verdreifacht. Nun haben grosse Tabakfirmen Interesse angemeldet. Altria Group, das weltweit grösste amerikanische Tabakunternehmen, das unter anderem die Marlboro-Zigaretten verkauft, hat bekanntgegeben, dass es für 1,8 Milliarden Dollar 45 Prozent der Cronos Group kaufen werde. Zudem erhalte es das Recht, für eine weitere Milliarde nochmals zehn Prozent der Aktien zu kaufen und das Unternehmen ganz zu übernehmen. Der Wert der Cronos-Aktie hat sich bereits im Sommer verdoppelt. Nun ist sie an einem Tag um weitere zwanzig Prozent gestiegen. Andere Grosskonzerne haben ähnliche Ziele. Coca-Cola will eine Getränkelinie auf den Markt bringen, die Cannabis enthält («Neue Zürcher Zeitung» vom 29.9.2018). Auch grosse, global ausgerichtete Brauereien und Spirituosenkonzerne haben bereits Milliarden investiert, um alkoholfreie, cannabishaltige Getränke herauszugeben. Heineken zum Beispiel hat in Kalifornien bereits ein Sprudelwasser in dieser Art lanciert. Auch neu kreierte Cannabis enthaltende Süssigkeiten (Lolipop und Gummibärchen usw.) sind auf den Markt. Die Analytiker der Wallstreet schätzen, dass die Cannabisindustrie in den USA 2018 bereits 11 Milliarden Umsatz gemacht hat. Bis 2030 könnte dieser auf 75 Milliarden ansteigen. Heute habe erst ein Prozent der Weltbevölkerung Zugang zu legalem Marihuana. Das Marktpotential sei deshalb riesig.
Es scheint, dass ein eigentlicher «Goldrun» begonnen hat – wie einst in Kalifornien, als Gold gefunden wurde und die Stimmung aufkam, dass man innert Tagen zum Millionär wird. – Anzeichen sind da, dass sich der Marihuanakonsum unter den neuen Rahmenbedingungen vervielfachen wird. Auch im neuen Jahr setzt sich der «Goldrun» fort. Wer sich in Börsenkommentare der Wallstreet einklickt, wird schnell fündig. Am 9. Januar zum Beispiel sind die Aktienkurse allgemein wegen verschiedener Unsicherheiten (Handelsstreit mit China, Haushaltsstreit im Kongress, Finanzsorgen usw.) massiv um 3,2 Prozent eingebrochen – nicht so die Cannabisaktien. Die Aktien der Cannabis-Gesellschaft MariMed, die ihren Sitz in Boston hat, sind an diesem Tag um 9 Prozent gestiegen, nachdem ihr Kurs 2018 bereits um 371 Prozent angewachsen ist. Das Unternehmen versteht sich als «multi-state cannabis organisation that develops, owns and manages cannabis facilities and branded product lines».
Die Absicht kanadischer oder auch amerikanischer Behörden, den Markt staatlich zu reglementieren und die Jugend zu schützen, soll hier nicht in Frage gestellt werden. Nur: Werden sie Erfolg haben, wenn noch weit mehr konsumiert wird? Wie reagieren Kinder, die miterleben, wie ihre Eltern oder gar ihre Lehrerin oder ihr Lehrer Cannabis als etwas Normales konsumieren, das angeblich einfach zum Leben gehört? Wer schützt sie dann vor der Versuchung, neben Cannabis auch einmal Kokain oder Heroin zu versuchen, von denen ebenfalls behauptet wird, sie seien gar nicht so gefährlich und man könne jederzeit wieder damit aufhören? Wenn das Konsumieren von Cannabisprodukten als etwas Normales und Gewöhnliches gilt und allgemein akzeptiert wird, ist der Schritt zu weiteren Rauschdrogen unweigerlich kleiner und verlockender. Wer hilft dann den Eltern wirklich, die noch stärker mit Suchtproblemen ihrer Kinder konfrontiert sein werden? Wer steht ihnen bei, wenn sich Probleme in der Schule und in der Lehre einstellen? Fragen über Fragen.
Wie heisst es doch in der auch in der Schweiz sehr präsenten Propaganda für die Drogenliberalisierung: Mit der Legalisierung (auch schönfärberisch «Regulierung» genannt) werde man der «Drogen-Mafia» das Geschäft abgraben. Auch Justin Trudeau hat mit diesem Argument für die Liberalisierung gekämpft. Er hat die Gesetzesänderung auf Twitter mit dem Satz angekündigt: «Es war zu einfach für unsere Kinder, Marihuana zu bekommen – und für Kriminelle, die Profite davon einzusacken». – Ich denke, die kriminellen Organisationen gehören zu den ersten, die realisiert haben, dass sie mit einer massiven Ausweitung des Rauschgiftkonsums noch viel bessere Geschäfte werden machen können. Und sie werden in diesem neuen, toleranteren Umfeld mit Sicherheit noch weitere und noch stärkere Substanzen verkaufen können. Auch die in unserer westlichen Welt gut vernetzten Drogenlegalisierungsbewegungen machen mit Sicherheit nicht bei den Cannabisprodukten halt. Schon heute finden sich in der Schweiz und in den umliegenden Ländern «Drogenfachleute», die für die Liberalisierung/Legalisierung/Regulierung aller Rauschgifte plädieren.
Der US-Präsident hat vor einigen Wochen – im September 2018 – während der ordentlichen Generalversammlung der Uno in New York versucht, Gegensteuer zu geben. Er hat weltweit aufgerufen, nicht zu resignieren, aktiv zu werden und etwas zur Lösung bzw. zur Entschärfung des Drogenproblems beizutragen. Er nannte vier Bereiche für Aktionen: (1) Mehr Prävention und Achtsamkeit im Bereich der Erziehung und Schulen sollen die Nachfrage senken, (2) Anstrengungen im Gesundheitsbereich sollen vorsorgen und Leben retten, (3) und (4) bessere Zusammenarbeit im Polizei- und Gerichtswesen soll dazu beitragen, dass die Produktion, der Anbau, die Herstellung und der Handel reduziert werden und damit das Angebot sinkt (United States Mission in The United Nations, 24.9.2018).
Der Uno-Generalsekretär Antonio Guterres bedankte sich: «Sie, Herr Präsident, richten das Scheinwerferlicht auf dieses globale Problem. Das war nie nötiger als gerade jetzt.» 135 Länder haben den Aktionsplan unterschrieben. Vor allem asiatische Länder wie China, Singapur und andere verfolgen zum Teil nach wie vor eine konsequente Null-Toleranz-Politik. Auch in Japan ist eine Drogenliberalisierung kein Thema. Es fällt auf, dass vor allem asiatische Länder in der Weltwirtschaft mehr und mehr den Ton angeben. Die Schweiz hat nicht unterschrieben. Die meisten Medien haben dies kaum zur Kenntnis genommen. Alt Bundesrätin Ruth Dreifuss ist Präsidentin einer privaten internationalen Drogen-Kommission zur Legalisierung aller Drogen (Global Commission on Drug Policy). Sie war in New York anwesend und hat gegen den Vorschlag von Präsident Trump Stellung genommen. Sie setzt sich seit Beginn ihrer Zeit als Bundesrätin für die Liberalisierung von Rauschgiften und für einen staatlich regulierten Markt ein (SRF, Rendez-vous am Mittag vom 27.11.2018).
In diesen Tagen ist die Marihuana-Legalisierungswelle aus den USA und Kanada für jedermann ersichtlich in die Schweiz übergeschwappt: Die «Neue Zürcher Zeitung» hat am 11. Januar auf der ersten Seite von einem Positionspapier des Apothekerverbandes der Stadt Zürich berichtet. Die Autoren finden, dass die Prohibition ein Ende haben und Cannabis legalisiert und der Markt reglementiert werden müsse – zuerst für den medizinischen Gebrauch und später auch als Genussmittel. Wer künftig Cannabis kaufen will, soll dies in einer Apotheke tun. Der Verband will damit den florierenden Schwarzmarkt bekämpfen und die Kosten für die «Repression» sparen. «Die Drogenpolitik müsse entstaubt werden», schreibt ein Kommentator der Zeitung dazu. Erste Stellungnahmen aus den Parteien liegen bereits vor. Damit ist wohl der Startschuss für eine neue Propagandakampagne auch in der Schweiz erfolgt, die wohl zwangsläufig zu einer weiteren Volksabstimmung führen wird.
2008 hat das Volk über die Initiative zur Cannabis-Liberalisierung abgestimmt. 63 Prozent der Stimmenden und alle Kantone haben sie abgelehnt. Etwas verwundert heute: Es ist in den letzten Jahren mit grossen Anstrengungen gelungen, den Zigarettenkonsum etwas zu reduzieren (abschreckende Bilder auf den Packungen, hohe Preise, Rauchverbote usw.). Den Tabakkonzernen hat es nicht gefallen. Und nun geschieht oder soll beim Cannabis genau das Gegenteil geschehen. Wahrscheinlich werden einst noch weit grössere Anstrengungen notwendig sein, um Gegensteuer zu geben und den steigenden Konsum von Marihuana wieder einzudämmen und seine Folgen zu bekämpfen. – Wir erleben heute im Drogenbereich gesellschaftliche Abläufe und Ereignisse in globalen Ausmasse, die beunruhigen müssen! •
«Cannabis – Informationen zu Wirkung und Auswirkungen auf Körper und Psyche» ist eine informative 12seitige Broschüre für Jugendliche, Eltern, Lehrpersonen und weitere Interessierte.
Herausgeber: Verein Jugend ohne Drogen, Zürich, <link http: www.jod.ch>www.jod.ch; Vereinigung Eltern gegen Drogen, Bern, <link http: www.jod.ch>www.elterngegendrogen.ch; Dachverband Drogenabstinenz Schweiz, Bern, <link http: www.jod.ch>www.drogenpolitik.ch
Bestellungen: <link>info@jod.ch / <link>elterngegendrogen@bluewin.ch
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