In Zeit-Fragen Nr. 15/16 vom 3. Juli 2018 berichtete ich von meinem Vorstoss anlässlich der Generalversammlung (GV) meiner Raiffeisen-Bank. Am 9. März 2019 fand nun die diesjährige GV statt. Inzwischen hatte die «Zentrale» der Raiffeisenbanken in St. Gallen die gesamte Führung ausgewechselt und mit satten finanziellen Abfindungen ausgestattet, obwohl diese im Zusammenhang mit dem Vinzenz-Debakel kläglich versagt hatte. Kein gutes Omen.
Anlässlich einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung im November 2018 wurden grundlegende Reformen (die sogenannte «Reform 21») beschlossen, die man bei den alljährlichen GV der 246 Genossenschaftsbanken erklären wollte, so die Ankündigung. Die Genossenschafter durften also gespannt sein.
Anlässlich der GV der Raiffeisenbank Rohrdorferberg-Fislisbach brachte ich wie letztes Jahr mein Anliegen samt Fragen unter dem Traktandum «Diverses» ein. Nach einem kurzen Rückblick zu den zwei Gesprächen, die ich mit Raiffeisenvertretern führen durfte, stellte ich meine beiden Fragen nochmals:
1. Was bedeutet heute das Genossenschaftsprinzip für Raiffeisen?
2. Was kann ich als Genossenschafter, als Miteigentümer der Bank, machen, falls ich mit der Strategie der Bank nicht einverstanden bin? Wie muss ich vorgehen?
Leider bekam ich im Rahmen der beiden Gespräche nur ansatzweise Antworten der Bank. Ich hatte immer wieder den Eindruck, dass die Vertreter der Bank (CEO und Präsident des Verwaltungsrates, VR) und ich eine andere Sprache sprechen. Ich betonte an der GV, dass ich mein Votum nicht als Misstrauensvotum gegen unsere Bank und die neue Führungsriege in St. Gallen verstanden wissen will. In St. Gallen sollen sie jetzt zuerst einmal «aufräumen».
Trotzdem stellt sich für mich die Frage, wie weiter? Was kann ich tun, wenn in Zukunft wieder die falschen Personen in St. Gallen oder bei meiner Raiffeisenbank sitzen und die Bankengruppe respektive meine Bank eine falsche Strategie verfolgt? Bis dato habe ich als Genossenschafter (und notabene Miteigentümer der Bank) keine Möglichkeit, einen Antrag zu stellen, der dann sicher traktandiert wird. Das Antragsrecht (wie das jeder Chüngeli-Verein und ebenso Genossenschaften, darunter auch Sparkassen, kennen) fehlt in den Statuten meiner Raiffeisenbank. Ich kann lediglich die Bank bitten, an der nächsten GV etwas zu traktandieren. Das Recht, die Traktandenliste aufzustellen, liegt alleine beim Verwaltungsrat. Die Selbst- und Mitbestimmung ist für mich aber ein zentrales genossenschaftliches Grundrecht, ein wichtiger genossenschaftlicher Wert.
Ich habe nun den VR beauftragt, diesen Punkt an der nächsten GV zu thematisieren. Der Präsident des VR antwortete mir anlässlich der GV, die Raiffeisenbank sei eingebunden in das Verbandsrecht. Raiffeisen Schweiz gebe Musterstatuten vor, die jede Raiffeisenbank übernehmen müsse. Ich antwortete darauf, dass das aber dann «Zwangsstatuten» seien und unsere Raiffeisenbank somit nicht mehr autonom und unabhängig sei (wie es immer wieder in Werbebroschüren heisst). Das Recht, die Musterstatuten zu ändern, liegt bei der Delegiertenversammlung, dem obersten Organ von Raiffeisen Schweiz. Bis zur letzten GV meiner Raiffeisenbank wusste ich nicht einmal, wer unsere Bank in der Delegiertenversammlung vertritt.
Zudem monierte ich, dass der Präsident des VR in seinem Jahresbericht, der unter dem Motto «Die Genossenschaft lebt» stand, nur sehr vage erzählte, was die Raiffeisengruppe nun für Reformen («Reform 21») einleiten wolle; die Informationen dazu waren sehr spärlich.
Ich erwarte nun von meiner Raiffeisenbank im Zuge des nächsten Jahres laufend eine transparente Berichterstattung bezüglich des Reformprozesses und anlässlich der nächsten GV ein Traktandum zugunsten eines Antragsrechtes der Genossenschafter. Nur so ist es möglich, dem Genossenschaftsprinzip wieder Leben einzuhauchen. •
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