Postenschacher um die EU-Führung

ds. Wenn es noch eines Beweises dafür bedurft hätte, dass die EU ein undemokratisches Gebilde ist, so hat sie diesen spätestens jetzt mit dem Postengeschacher um die Führung der EU geliefert. Wieder einmal wurden die Spitzenposten in der EU hinter verschlossenen Türen ausgejasst. Mit dem Vorschlag,  die Deutsche Ursula von der Leyen als neue Kommissionspräsidentin, den Italiener David-Maria Sassoli als Parlamentspräsidenten, den Spanier Josep Borrel als Aussenbeauftragten und die Französin Christine Lagarde als neue Chefin der EZB einzusetzen, seien «nur alte und vorwiegend grosse EU-Länder zum Zug» gekommen, schreibt die «Neue Zürcher Zeitung» am 4. Juli auf der Titelseite. Eine Machtdemonstration der Regierungschefs.

Macrons Poker

Wie es scheint, konnte Macron seine Interessen auf der ganzen Linie durchsetzen: «Macrons Poker ist aufgegangen», titelt die «Neue Zürcher Zeitung» auf Seite 3. Der französische Präsident feiere den Kompromiss für die Postenvergabe in Brüssel als Erfolg. Er sprach von einem «extrem positiven Ergebnis». Mit der Neubesetzung der Spitzenposten seien einige von Macrons Idealvorstellungen in Erfüllung gegangen.
Er lobte Ursula von der Leyen überschwenglich für ihre «Kompetenzen, ihren Mut, ihre Zielstrebigkeit und den Einsatz für die deutsch-französische Freundschaft». Er sieht in der deutschen Verteidigungsministerin eine «Unterstützung seiner Ideen, nicht zuletzt im Hinblick auf eine vertiefte gesamt­europäische Verteidigungszusammenarbeit und die deutsch-französischen Rüstungsprojekte».
Mit der Nominierung von Christine La­garde sei dem französischen Präsidenten ein weiterer Coup gelungen. Ihr Name sei zwar nicht in der ersten Reihe für den Posten an der Spitze der EZB gestanden, doch sei sie in Paris schon länger als Joker für einen Europäischen Spitzenposten in Betracht gezogen worden.

Ein Sieg der Investmentbanker?

Macron, der als Investmentbanker und Partner von Rothschild in die Politik kam, wurde zunächst François Hollandes Berater für Wirtschafts- und Finanzpolitik, bevor er 2014 im Kabinett von Manuel Valls unter Staatspräsident Hollande Wirtschaftsminister wurde. Als er mit wirtschaftsliberalen Positionen 2017 mit der von ihm gegründeten Partei En Marche als Präsidentschaftskandidat antrat, konnte er in kurzer Zeit Spenden in zweistelliger Millionenhöhe sammeln.
Macron plädiert für gemeinsame Institutionen in der Euro-Zone. Er fordert die Einrichtung eines gemeinsamen Budgets in der Höhe von mehreren 100 Milliarden Euro, das vom EU-Parlament legitimiert und von einem Minister für Wirtschaft und Finanzen verwaltet werden soll, womit die EU zu einer Transferunion und die Schulden Frankreichs vergemeinschaftet würden. Des weiteren fordert er gemeinsam mit Merkel eine schlagkräftige europäische Armee.

Direkte Demokratie ist nicht erwünscht

Die Einführung direkter Demokratie in Form von Volksinitiativen und daraus resultierenden Volksabstimmungen – eine der Kernforderungen der Gelbwesten – lehnt Macron hingegen ab. Dazu schrieb die freie französische Journalistin Diana Johnstone am 29. Januar in Zeit-Fragen: «Die Macht liegt in den Händen einer Technokratie, die ‹den Märkten› dient, also dem Finanzkapital. Diese Technokratie strebt danach, im Interesse eines bestimmten Kapitalismus, die menschliche Gesellschaft – unsere eigene Gesellschaft und jene auf der ganzen Welt – neu zu gestalten. Sie setzt Wirtschaftssanktionen, exorbitante Propaganda und Militärgewalt (Nato) in einem ‹Globalisierungsprojekt› ein, das das Leben von Menschen ohne ihre Einwilligung bestimmen soll.
Macron ist die totale Verkörperung dieses Systems. Er wurde von dieser berühmten Elite dafür auserwählt, diese von ‹den Märkten› diktierten und von der EU durchgesetzten Massnahmen durchzuziehen.»
Darüber muss man wohl erst einmal nachdenken. Nicht wahr?    •

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