Deutsch-amerikanische «Erklärung von Washington»

km. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat kurz vor dem Ende ihrer Amtszeit am 15. Juli 2021 die USA besucht, erhielt dort die Ehrendoktorwürde der Johns-Hopkins-Universität und wurde auch vom US-Präsidenten Joe Biden empfangen. Es ist nicht bekannt, was beide konkret beratschlagt haben, der Öffentlichkeit präsentierten sie eine «Erklärung von Washington».1 Der Text hat einen Umfang von rund vier Seiten, wird nur an einer Stelle konkret – ein deutsch-amerikanisches Zukunftsforum («US-German Futures Forum») wurde ins Leben gerufen – und ist ansonsten mit den bekannten Formeln abgefasst, die das eigene Tun unter die Überschrift «Wir sind die Guten» fassen lässt. Besonders betont wird der Führungsanspruch beider Regierungen: «Wir erkennen unsere Verantwortung an, bei der Entwicklung globaler Lösungen für gemeinsame Herausforderungen eine Führungsrolle zu übernehmen.» Wenn gleich der nächste Satz lautet: «Das Leben unserer Bürgerinnen und Bürger unterliegt Störungen durch eine Reihe internationaler Kräfte, was eine gemeinsame Reaktion erfordert.» Dann wird klar, dass es nicht um ein Miteinander der Weltgemeinschaft insgesamt geht, sondern um die «gemeinsame» Bekämpfung der «Bösen». Die werden zwar nicht konkret benannt, sind aber unschwer zu erraten. Man lese dazu auch noch einmal die ausführliche Analyse des russischen Aussenministers, die Zeit-Fragen in ihrer Nr. 16 vom 13. Juli dokumentiert hat.
  Wenige Tage nach dem Besuch der Kanzlerin in den USA wurde eine «Einigung» der deutschen und der US-Regierung in Sachen Nord Stream 2 öffentlich verkündet. Die Pipeline «darf» nun fertig gebaut werden, wenn Deutschland zugleich der Ukraine kräftig unter die Arme greift. Damit ist auch dieser kleine «Störfaktor» für die neue Achse Washington-Berlin beseitigt.
  Dass Angela Merkel vor ihren Gesprächen in Washington und vor der Unterzeichnung der «Washingtoner Erklärung» die Bürgerinnen und Bürger ihres Landes um ihre Meinung gefragt hat, ist nicht bekannt. Bekannt ist allerdings, dass die Mehrheit der Deutschen vom Kampf der «Guten» gegen die «Bösen» heute nichts mehr hält.  •



1 https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/erklaerung-von-washington-1942704

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